Rafal Gikiewicz steht vor seiner dritten Saison als FCA-Torhüter und hat in seiner Karriere bereits viel erlebt, ist aber nach wie vor heiß auf eine weitere Spielzeit in der Bundesliga.

Im Gespräch mit dem Augsburg Journal während des Trainingslagers im österreichischen Scheffau sprach er unter anderem über seinen Traum von der Nationalmannschaft, wie lange er noch als Profi spielen möchte und auch wie er die Situation seines Landsmanns Robert Lewandowski sieht.

Über die Bedeutung von Testspielen:
Ich bin fast 35 und habe viel erlebt, man kann im Trainingslager alle Spiele gewinnen und wenn die Saison anfängt, verliert man plötzlich fünf, sechs Spiele in Folge. Ich hatte ein Trainingslager mit Christian Streich, da haben wir in der Vorbereitung alle Spiele gewonnen und dann kam die Liga und wir hatten einige Niederlagen in Folge.
Das Ergebnis ist momentan nicht das wichtigste, klar will jeder das Spiel gewinnen und ein gutes Gefühl bekommen, aber manchmal ist der Gegner einfach eiskalt, macht aus wenigen Möglichkeiten ein Tor und man verliert.

Über die neue Saison:
Jetzt wollen wir einen attraktiveren Fußball spielen und den Zuschauern ein besseres Gefühl geben, denn wenn das passiert, kann man auch mal ein Spiel verlieren und die Fans kommen trotzdem gerne zur WWK-Arena und versuchen die Mannschaft zu pushen. Enrico (Maaßen) hat die gleiche Meinung und diese uns so weitergegeben.
Ich finde, man kann wirklich auf die Saison gespannt sein, weil es praktisch keine kleinen Vereine mehr gibt. Bremen und Schalke sind zurück, da muss man ab dem ersten Spieltag wach und heiß sein und die Punkte holen.

Über die neuen Anforderungen unter Maaßen:
Ich bin froh, dass ich mit 34 nicht 100 Bälle pro Spiel schlagen muss (lacht). Ich möchte auch immer noch neue Sachen lernen und an meine Grenzen gehen, solange es geht.

Über die aktuelle Rangordnung der Torhüter im FCA-Kader:
Es ist noch keine klare Situation, in den Testspielen darf jeder mal ran. Ich muss trainieren, gehe es an, wie jedes Jahr: Ich will einfach besser zu sein als der Gikiewicz von gestern oder der letzten Woche. Ich will mehr machen als die jungen Kollegen und gesund bleiben. Ich weiß, was ich kann und was ich noch besser machen muss. Wichtig ist auf jeden Fall bis zum Ende der Vorbereitung fit zu bleiben. Ich habe keine Angst vor Konkurrenz.

Über die Auffassung, er sei mit 34 schon langsam am Ende seiner Laufbahn:
Es ist kein Argument für mich zu sagen „du bist 34.“ Ich habe kein Problem mit meinem Körper, ich spiele jedes Spiel. Man müsste mir schon das Bein abschneiden, vielleicht spiele ich dann ja nicht. Das Wichtigste ist, dass der Trainer und die Verantwortlichen wissen, was man kann, dass man verfügbar ist und die Mannschaft unterstützt, das ist das Wichtigste für mich.
Wenn ich jemals das Gefühl haben sollte der Aufgabe nicht mehr gewachsen zu sein, bin ich der Erste, der sagt „alles klar, ich muss weggehen.“ Aber dieses Gefühl habe ich nicht und das zeige ich auch.

Über seine geringe Verletzungsanfälligkeit:
Ich habe einen Koffer mit polnischen Tabletten. Nein, gutes Essen, schlafen, Regenration. Ich kenne meinen Körper, vor dem Trainingslager habe ich zum Beispiel versucht, nach 19 Uhr nichts mehr zu essen. Man muss mal ein paar Fehler machen, dann weiß man ganz genau, was funktioniert und was nicht. Das ist genauso, was das Essen vor dem Spiel angeht. Manche Spieler essen gar nichts, manche nur Kartoffeln, manche brauchen zwei Teller Nudeln. Ich zum Beispiel brauche nur ein paar Kartoffeln mit Olivenöl.

Darüber, wie lange er noch auf Topniveau spielen kann:
Ich habe noch Vertrag in Augsburg und die beste Option für mich ist ganz klar hierzubleiben. Weil wir als Familie hier auch sehr zufrieden sind, die Kinder haben sich an die Schule hier gewöhnt, das ist top. Aber im Fußball weiß man nie ganz genau, was morgen passiert. Das ist aktuell auch das erste Mal, dass ich ins dritte Jahr bei einem Verein gehe. Wenn Enrico nicht gekommen wäre, wäre meine Zeit hier vielleicht schon zu Ende. Es war wichtig, dass frischer Wind wieder reingekommen ist, man auch im Training immer wieder neue Sachen macht, man nie genau weiß, was am nächsten Tag dran ist.

Gikiewicz: Wir haben viel mehr Potenzial, als wir die letzten Jahre gezeigt haben

Ob er sicher gegangen wäre, wenn Markus Weinzierl geblieben wäre:
Nein, dann wäre ich vielleicht auch geblieben, da ich noch ein Jahr Vertrag habe, aber dann hätte ich womöglich etwas weniger Spaß gehabt. Denn in den letzten beiden Jahren haben wir zwar unser Ziel erreicht, aber das war kein attraktiver Fußball. Klar hatte ich Spaß, weil ich viele Bälle halten musste, aber der gesamte Spielansatz sowie die Taktik waren nicht ganz ideal. Denn ich finde, wir haben viel viel mehr Qualität und Potenzial, als wir die letzten beiden Jahre gezeigt haben. Aber das ist nur mein Gefühl und keine Kritik an Heiko Herrlich oder Markus Weinzierl.

Über seinen Vertrag, der in einem Jahr ausläuft:
Darüber mache ich mir keine Gedanken. Wenn ich gute Leistungen zeige, bekomme ich im nächsten Jahr Angebote und suche mir eins aus. Ich will einfach das dritte Jahr in Folge mit Augsburg in der Liga bleiben und unsere Ziele erreichen. Am besten eher nach Oben schauen und nicht nach unten und nicht bis zum Schluss noch Angst haben zu müssen.
Bei Union habe ich auch die ganze Saison gespielt, ohne zu wissen, was danach kommt. Ende April kam das neue Vertragsangebot, das war nicht optimal für mich und dann habe ich gesagt, ich bleibe nicht mehr. Man muss einfach eine gute Leistung zeigen und es dem Verein schwerzumachen einen gehen zu lassen.

Über seine persönlichen Ziele in der kommenden Saison:
Ich hoffe auf mehr zu null Spiele als noch in der letzten Saison. In der ersten Saison waren es acht, dann habe ich mir elf als Ziel gesetzt und neun geschafft und jetzt sollen es am besten mehr als zehn werden. Denn wir wissen ganz genau, wenn man neun oder zehnmal ohne Gegentor spielt, bleibt man zu 80 Prozent in der Liga.

Über sein Ziel, in der Nationalmannschaft zu spielen:
Eine Minute gegen San Marino oder Weißrussland würde mir schon reichen. Czeslaw Michniewicz, der Nationaltrainer, hat klar gesagt, ich bekomme nur eine Nominierung, falls Wojciech Szczesny oder Lukas Skorupski entweder nicht gut spielen oder verletzt sind. Weil er möchte zwei erfahrene Torhüter und zwei junge im Team. Deshalb warte ich weiter auf meine Chance, ich will einfach ein Länderspiel machen. Ich will für meine Kinder einfach den Traum schaffen und beweisen, dass man mit harter Arbeit auch als No-Name Torhüter alles schaffen kann.

Über den polnischen Kollegen Robert Lewandowski und dessen Situation beim FC Bayern:
Ich kann ihn verstehen. Er hat hier alles erreicht und will jetzt nochmal was Neues probieren. Manchmal ist es am besten, wenn man sich dann in die Augen guckt und auseinandergeht.

Ob ihn ein Wechsel ins Ausland noch mal reizen würde:
Ich habe noch große Lust hierzubleiben, in der WWK-Arena zu spielen vor vielen Zuschauern, weil das in den letzten Jahren mit der Pandemie viel zu selten möglich war. Jetzt kommt auch noch Bremen und Schalke wieder dazu. Außerdem Stars, wie Sébastien Haller und Sadio Mané. Das ist auch etwas Besonderes. Ich hoffe, es kommen noch mehr gute Spieler dazu, weil Erling Haaland ist weg und er hat kein Tor gegen Gikiewicz geschossen. Ich weiß nicht, ob er Angst hat und deshalb den Verein wechselt, weil er nur gegen Stefan Ortega und mich nicht getroffen (lacht). Gegen Ortega kann er jetzt im Training aber immerhin welche schießen.

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