Neue Orientierungsstreifen für Sehbehinderte verhindern Außenbewirtung im Murdocks beim Roten Tor

Mit Pflanzenkübeln auf beiden Straßenseiten rivalisieren James Murdock und die Stadt um Platz am Roten Tor .


Für Schlagzeilen sorgten zuletzt die Vorgänge um die traditionsreiche Gastronomie an der Augsburger Kahnfahrt, deren Betrieb aufgrund behördlichen Einschreitens in Gefahr ist.

Jetzt gibt es den nächsten Streitfall zwischen Gastronomie und Stadtverwaltung. James Murdock betreibt seit 17 Jahren ein Lokal am Roten Tor, das seinen Namen trägt: Murdocks.  Und hätte er nicht derart treue Stammgäste, er hätte wohl inzwischen aufgeben müssen, so der Wirt. Drei Jahre Baustelle vor der Tür (die dritte in 17 Jahren), dann kam Corona. Doch statt Kulanz erleben zu dürfen, fühlt sich der Ire eher behindert.

Fast wie ein mittelalterlicher Burggraben verläuft ein sogenannter „Orientierungsstreifen“ für Blinde und Sehgeschädigte, der in das neu verlegte Pflaster des Platzes um das Murdock`s herum gefräst wurde. Konsequenz: Tische und Stühle unter freiem Himmel direkt am Haus seien für seine Gäste nicht mehr möglich.

Murdock hält dies für eine „Fehlplanung“ und sieht sich von Fachleuten bestätigt. Die Begehung mit einer Vertreterin des Behindertenbeirats, des Blindenbundes und einem Architekten hatte ergeben, dass die existierende Hilfe für behinderte Menschen verschiedene Probleme hervorrufe. Begriffe wie „irreführend“, „unbrauchbar“, „gefährlich“ fielen.

Können die Erkenntnisse Gastwirt James Murdock und seinem Murdocks helfen? Zunächst nicht. Der Orientierungsstreifen sei nun einmal so gefräst worden, dass er keine Tische mehr entlang seiner Hausmauern aufstellen kann. Ja, er habe noch seinen Biergarten auf der anderen Straßenseite, der komme aber erst bei richtig sommerlichen Temperaturen ins Spiel, während Tische direkt an der (wärmenden) Hausmauer eine viel längere Saison hätten.

Das nächste Problem für James Murdock: Eine Fahrradabstellanlage auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Klar, ein Fahrradständer sei wichtig, auch für seine Gäste, aber gegenüber von seinem Lokal verenge er den Raum für Autos, Radler und Fußgänger zusätzlich.

Das Resultat: Immer wieder stehen um die Hausecke biegende Fußgänger unvermutet vor einem herannahenden Auto oder Fahrrad.  Murdocks Idee zum Schutz der Fußgänger auf „seiner“ Seite: Der Wirt stellte im Süden des Gasthauses einen hölzernen Pflanzkübel auf, der den Verkehr auf Abstand halten soll. Auf dieselbe Idee ist man gegenüber seitens der Stadt auch gekommen. Weil die Fahrradständer schon zweimal von Autos angefahren worden seien, so Murdock, habe die Stadt jetzt nur wenige Meter gegenüber von seinen Pflanzen auch einen Kübel aufgestellt. Aus Eisen, mausgrau, schwer. Man muss nicht bis drei zählen können, um zu erahnen, welcher der beiden Kübel das Duell um die Hoheit über den Platz am Roten Tor dank städtischer Fürsorge gewinnen wird.

Die Stadtrats-Fraktion der Bürgerlichen Mitte, bestehend aus den Freien Wählern, Pro Augsburg und der FDP, setzt sich inzwischen für den Gastronomen und sein Murdocks ein.  Bereits mehrfach, so schreiben Geschäftsführerin Petra Kleber und Stadtrat Peter Hummel, habe man im Gremium Anfragen gestellt – „bislang ohne jede Reaktion seitens der Verwaltung“.

Etwa deswegen, weil die Zuständigen in der Stadtverwaltung in ähnlicher Mission an anderer Stelle unterwegs sind? Zuletzt wurden den Betreibern des Lokals „Il Gabbiano“ am Moritzplatz zwei Tische samt dazugehöriger Stühle gestrichen, die direkt am Haus standen – hier müssten Blinde und Sehbehinderte laufen können, die sich an der Häuserwand orientieren. Auch an anderer Stelle in der City mussten Tische direkt an einem Lokal beseitigt werden, weil sie den Platz einengten. Ob es das schon gewesen ist?

Übrigens: Als der Augsburg Journal REPORTER mit dem Wirt vor dem Murdock´s sprach, parkte dort, wo er im Vorjahr an seinem Lokal noch Gäste bewirtete, gerade ein Auto ein …    

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