Es scheint, als hätten wir es begriffen, endlich. Hatte doch die Augsburger Polizei den vergangenen Mittwoch zum „Tag der Schockanrufer“ ausgerufen, nachdem bei den Beamten zahlreiche Telefonate gemeldet worden waren, mit denen gutgläubige Menschen um ihr Hab und Gut gebracht werden sollten. „Nur“ eine 59-jährige Geschädigte überwies einen niedrigen vierstelligen Betrag an die Betrüger. In allen anderen Fällen lief das Märchen vom Verwandten, der bei einem Autounfall einen Menschen getötet haben soll und für den jetzt eine horrende Kaution zu zahlen sei, ins Leere. Das, nachdem es schon Menschen gab, die sechsstellige Summen an windige Abholer übergeben hatten oder sich das Leben genommen haben, nachdem sie um ihre gesamten Ersparnisse gebracht worden sind.
Sicherheitstipps von Augsburgs Polizeisprecher
Polizeisprecher Markus Trieb stellt klar, dass man sich nicht als Depp fühlen muss, wenn man auf die Betrugsmasche, vielfach aus Callcentern aus dem Ausland, hereinfällt: „Telefonbetrüger sind Profis. Sie haben eine geschickte Gesprächsführung und wissen, wie man Druck auf Menschen ausübt. Ziel der Täter ist oft, den Opfern gar keine Zeit zum Nachdenken zu geben und sie stetig zu beschäftigen. Dabei wird ein riesiges Lügengerüst konstruiert, wobei die Opfer immer das Gefühl haben, sofort handeln zu müssen.“
Hierbei träfen die Täter einen wunden Punkt: die Hilfsbereitschaft! Viele Angerufene seien eher mit der Frage beschäftigt, wie man schnell dem angeblichem Enkel oder der Tochter helfen könne, anstatt zu überlegen, ob es sich beim Anrufer tatsächlich um einen Verwandten handelt. „Darum wenden wir uns mit den Kampagnen der Polizei gerade auch an die Enkel und Kinder von potenziellen Opfern. Sie sollen mit den älteren Menschen sprechen und zunächst erklären, dass es derartige Telefonbetrüger gibt. Immer noch wissen viele ältere Menschen darüber nicht Bescheid“, so der Polizeisprecher. Danach sollte man die grundsätzlichen Verhaltensregeln besprechen. Am wichtigsten sei dabei: niemals Geld an Unbekannte übergeben.
Schockanrufe: Es braucht einen Plan B
Die jüngere Generation sollte einen Plan B an die Hand geben, so sollten ältere Personen über einer ihr bekannten Telefonnummer ihre Verwandten anrufen und andere Verwandte oder Vertrauenspersonen mit einbeziehen. Bei dubiosen Anrufen sollte man generell sofort auflegen, rät Trieb. Klartext spricht er, wenn es um die Frage geht, ob man als Lockvogel das Spiel der Anrufer mitspielen und so der Polizei bei der Aufklärung helfen solle, falls sich diese Gelegenheit anbiete. Lieber nicht, so sein Rat, denn der Polizei gehe es in erster Linie darum, dass niemand zu Schaden kommt. „Deswegen gilt grundsätzlich, bei derartigen Anrufen sofort aufzulegen und anschließend die Polizei zu informieren.“
Oft seien es regelrechte Anrufwellen in bestimmten Stadtteilen oder Straßen – so wie es jetzt am „Tag der Schockanrufe“ vor allem in Pfersee, Hochfeld, Haunstetten geklingelt hat. „Wenn die Polizei Bescheid weiß, können wir über die uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten die potenziellen Opfer und deren Angehörigen warnen.“
Und dann könnte es sogar passieren, dass man seine Wertsachen und seine Barschaft behält oder zurückbekommt: „Ja, es fanden bereits Festnahmen statt, bei denen der oder die Täter noch erlangtes Bargeld dabei hatten. Auch gab es Fälle, bei denen Opfer bereits Bargeld abgehoben haben und man praktisch in letzter Sekunde eine Übergabe verhindern konnte. Zum Beispiel durch Bankmitarbeiter, die von der Polizei auch regelmäßig geschult werden.“ Und natürlich habe in vielen Fällen ein Anruf bei Verwandten oder der Polizei gerade noch eine Übergabe verhindert, weil dadurch der Schwindel aufflog.
Die Polizei hat laut Trieb eine eigene Ermittlungsgruppe der Kripo eingerichtet, die sich vor allem mit der Thematik „falscher Polizeibeamter“ beschäftige. Es sei bereits wiederholt gelungen, Fälle zu ermitteln und auch Täter festzunehmen. Dabei handelte es sich hauptsächlich um Geldabholer oder Mittelsmänner, die praktisch auf frischer Tat festgenommen wurden. Es wurden bayern- und bundesweit auch schon bestimmte Strukturen ermittelt, die wiederum zu Festnahmen führten. Natürlich seien die Ermittlungen sehr anspruchsvoll, weil die Callcenter im Ausland sitzen und auch die Hintermänner.
Dennoch investiere die Polizei sehr viel Herzblut, Täter und Tatbeteiligte zu ermitteln. Aber ein wesentlicher Schwerpunkt der Polizei bleibt, die Bevölkerung und insbesondere potenzielle Opfer vor den Betrügern zu warnen und sie über das richtige Verhalten bei derartigen Anrufen zu informieren. Deswegen habe das Polizeipräsidium Schwaben Nord auch eine neuartige und groß angelegte Präventionskampagne „Nicht mit meiner Oma – nicht mit meinem Opa“ entwickelt. „Das ist ein gesamtgesellschaftlicher Ansatz, denn nur so können wir es schaffen, dass alle über das Vorgehen der Täter Bescheid wissen und diese keine Chance mehr mit ihren Maschen haben.“