Wenn man Sandro Wagner mit nur einem Wort beschreiben müsste, wäre es wohl: klar. Klar in seiner Sprache, klar in seinen Vorstellungen vom Fußball – und auch klar in seiner Wirkung. Mit dem 37-jährigen Ex-Nationalspieler hat der FC Augsburg nicht nur einen jungen, ambitionierten Trainer, sondern auch eine echte Persönlichkeit verpflichtet. Einen, der polarisiert und dem Club zu neuer Strahlkraft verhilft. Überhaupt noch nicht klar ist allerdings, wie erfolgversprechend diese Konstellation sein wird.
Für Schlagzeilen sorgen konnte Sandro Wagner schon immer. Egal ob er sich 2018 noch als Spieler als „seit einiger Zeit mit Abstand bester Deutscher Stürmer bezeichnete“, oder danach in seiner Karriere als TV-Experte ironisch die gewagte These in den Raum warf, die Gehälter der Profi-Fußballer seien „zu niedrig“. Zu schade für einen lockeren Spruch oder eine abweichende Meinung, wie dass Niklas Süle etwa „deutlich besser als Matthijs de Ligt” sei, war er sich nie. Mit dieser Haltung kassierte Wagner in der Vergangenheit nicht überall Applaus, sondern eckte hin und wieder an. Hier und da schoss er zudem übers Ziel hinaus, so bezeichnete er während der WM 2022 in Qatar die traditionellen weißen Gewänder als “Bademäntel”. Ein Spruch, für den er sich aber umgehend entschuldigte und der auch beweist, dass Wagner nicht um jeden Preis Aufmerksamkeit generieren möchte. Eine Haltung, die sowohl seine Weggefährten als auch die Öffentlichkeit honoriert. Schließlich wird der 37-Jährige weitestgehend positiv gesehen und für seine offene Art und sein Charisma geschätzt.
Wagner wird von ehemaligen Spielern für seine Struktur gelobt
Zu seinen bedeutendsten Fürsprechern zählt neben Manfred Schwabl, dem Präsidenten der SpVgg Unterhaching, auch der aktuelle Bundestrainer Julian Nagelsmann, der mit Wagner gemeinsam gerne noch die WM 2026 betreut hätte. Der Ex-Bayern-Trainer schätzt an seinem Co-Trainer nicht nur seine „frechen Sprüche in alle Richtungen“, sondern vor allem seinen Umgang mit der Mannschaft. Er „führt von vorn“ und „reißt die Mannschaft mit“, zudem pflegt er eine empathische Herangehensweise. In einem Spiegel-Interview erklärte Wagner: „Ein guter Trainer muss zuerst ein guter Mensch sein, der es schafft, eine Gruppe zu einen“, so sein Credo. Darauf wird es auch in der Sommervorbereitung beim FCA ankommen.
Neben seiner menschlichen Seite wird Wagner auch ein hohes Maß an fachlicher und taktischer Kompetenz zugesprochen. Er gilt als detailverliebter Arbeiter, der jede Trainingseinheit intensiv vorbereitet. Spieler aus seiner Zeit in Unterhaching berichten von regelmäßigen Videoanalysen, klaren Ansagen und einer engen taktischen Betreuung. „Er war sehr strukturiert, hatte einen Plan für jedes Spiel und hat uns immer wissen lassen, woran wir sind“, so ein ehemaliger Hachinger Spieler.
Wie die neue Taktik beim FCA aussehen könnte, lässt sich bisher nur erahnen. In seiner Zeit als Cheftrainer in Unterhaching setzte er auf hohes Pressing, Ballbesitz, Intensität – gepaart mit einem System mit einer Dreierkette in der Abwehr, einem Sechser und zwei Stürmern. Eine Herangehensweise, für die auch der Augsburger Kader gut ausgerichtet scheint. Dafür spricht die feste Verpflichtung von Cedric Zesiger, der zunächst im Winter vom VfL Wolfsburg auf Leihbasis in die Fuggerstadt wechselte.
Sandro Wagner: Die Philosophie des FCA passt sehr gut zu meiner Idee vom Fußball
Ein zentrales Element seiner Arbeit ist die Entwicklung junger Spieler. In Unterhaching standen regelmäßig mehrere Akteure unter 23 Jahren in der Startelf. Diese Nachwuchsorientierung dürfte auch beim FCA eine Rolle spielen. Geschäftsführer Michael Ströll betonte in der Pressemitteilung zu Wagners Verpflichtung: „Sandro lebt und atmet Fußball. Er passt mit seiner Leidenschaft, seiner Philosophie und seinem Ehrgeiz hervorragend zu unserem Weg.“
Ob Wagner seine Vorstellungen auf Bundesliga-Niveau umsetzen kann, wird sich zeigen. Die strukturellen Voraussetzungen, insbesondere im Hinblick auf Talente und Trainingsinfrastruktur, sind gegeben. Die Erwartungshaltung ist klar formuliert: aktiverer Fußball, bessere Spielerentwicklung, mehr Identität.
Wagner selbst sieht im FCA die passende Aufgabe: „Ich habe sofort gespürt, dass hier etwas entstehen soll. Der Verein hat eine klare Philosophie – und die passt sehr gut zu meiner Idee vom Fußball.“ Die kommenden Monate werden zeigen, wie schnell aus gemeinsamen Ideen ein gemeinsamer Weg werden kann.
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