Das Jahr 2025 bringt für den gebürtigen Augsburger Fabian Mehring (36) wahnsinnig viel Neues: Seit eineinhalb Jahren ist der Freie-Wähler-Politiker bayerischer Digitalminister. Seit 4. Juni besetzt er auch privat eine neue Spitzenposition: Er ist Papa! Eine Doppelrolle, die nicht immer reibungslos vonstatten geht. Doch als „moderner Politiker“, wie er sich selbst bezeichnet, will Mehring „zwischen Ministerrat und Milchfläschchen“ Zeichen setzen. So muss die digitale Transformation auch mal knapp drei Wochen realem Babygeschrei weichen – diese Zeit nahm sich Mehring nämlich als „Mini-Elternzeit“. Für einen Spitzenpolitiker mutet das fast schon revolutionär an. Zum AUGSBURG JOURNAL kam er auf unsere Bitte zwar mit Kinderwagen und einschlägigem Know-how – aber ohne Kind. Ein Gespräch über das „Warum“ – und wie er über politische Pausen, familiäre Prinzipien und öffentliche Grenzen denkt.

Augsburg Journal: Wieviel bunter ist das Leben des Ministers Mehring als frischgebackener Papa seit dem 4. Juni diesen Jahres?

Fabian Mehring: Total. Eltern zu werden verändert das eigene Leben schon fundamental. Das sagt dir während der Schwangerschaft zwar jeder gebetsmühlenartig. So richtig versteht man das aber erst, wenn dir die Hebamme im Kreißsaal zum ersten Mal dein Baby auf den Arm legt. Dieser Moment verändert quasi alles und verschiebt die Gewichtungen im Leben total. Als Papa hat man nicht nur kürzere Nächte und tiefere Augenringe – man denkt auch über viele Dinge anders als zuvor. Ein Blick in den eigenen Kinderwagen ist jedenfalls die beste Motivation, dafür zu arbeiten, dass auch die nächsten Generationen in unserer Heimat ein gutes Leben haben!

AJ: Sie halten Ihre kleine Tochter komplett unter Verschluss – nicht einmal den Namen soll die Öffentlichkeit erfahren. Warum eigentlich? Ministerpräsident Söder ist laufend mit seiner Tochter in den Medien – was ihr bei der Model-Karriere vermutlich nicht schadet … ?

Mehring: Wenn unsere Kleine mal erwachsen ist und das von sich aus will, wie die Tochter von Markus Söder, gehe ich gerne mit ihr vor jede Kamera. Sie soll aber selbst entscheiden können, ob sie in der Öffentlichkeit stehen möchte oder nicht. Meine Frau und ich möchten, dass unser Kind ganz normal aufwächst und nicht überall ,die Tochter vom Minister‘ ist. Wir wollen einfach nicht, dass das Gesicht unserer Tochter schon in jeder Zeitung ist, bevor sie selbst überhaupt lesen kann. Oder, dass jeder Fremde auf dem Spielplatz sie beim Namen rufen kann.

Gläsern als Politiker – Nicht als Familie

AJ: Sie schützen Ihre Tochter ganz bewusst vor der Öffentlichkeit – gleichzeitig vertreten Sie ein Ministerium, das digitale Teilhabe und Transparenz vorantreibt. Wo ziehen Sie als Politiker die Grenze zwischen öffentlich und privat?

Mehring: Das liegt für mich auf der Hand: Ich selbst habe mich aktiv dafür entschieden, in die Politik zu gehen. Spätestens, als ich den Ruf in den Ministerrat angenommen habe, habe ich bewusst in Kauf genommen, eine Person des öffentlichen Lebens zu sein. Das gilt aber nicht für meine Familie – und schon gar nicht für meine Tochter. Kurzum: Ich akzeptiere, dass für mich als Minister andere Regeln gelten und mein Leben ziemlich gläsern ist. Die Grenze zum Privaten beginnt für mich aber bei unserem Zuhause und bei meiner Familie. Über solche Fragen nachzudenken ist übrigens im digitalen Raum noch viel wichtiger, als im analogen Leben. Denn: Was einmal im Netz ist, kriegt man nicht mehr aus der Welt!

AJ: Glauben Sie, dass wir als Gesellschaft zu locker mit den Daten und Bildern unserer Kinder umgehen? Und würden Sie am liebsten jedem Eltern-Instagram-Account eine Datenschutz-Warnung verpassen?

Mehring: Tatsächlich: Wenn ich sehe, was manche Boomer so posten, amüsiert mich, dass ausgerechnet diese Generation den Digital Natives von heute die sozialen Medien verbieten will. Einfache Faustregel: Eltern sollten keine Bilder von ihren Kindern posten, die sie in fünfzehn oder zwanzig Jahren nicht auf dem Schreibtisch des Personalchefs sehen wollen, bei dem ihr Kind das erste Bewerbungsgespräch hat. Anders als wir Menschen vergisst das Internet nämlich nicht.

AJ: Was hat Sie mehr ins Schwitzen gebracht: die Geburt Ihrer Tochter oder ein Plenarsaal mit digitalem Großprojekt auf der Agenda?

Mehring: Auf jeden Fall der Kreißsaal. (lacht)

AJ: Sie hatten nach der Geburt knapp drei Wochen Elternzeit – für einen Minister ist das ja fast schon Rebellion. Haben Sie sich vorher einen Notfall-Laptop unters Bett legen lassen oder war’s tatsächlich „Flugmodus pur“?

Mehring: (lacht) Ganz ohne Mails und Telefonate ging es freilich nicht. Die Welt dreht sich ja weiter und im Ministerium arbeiten trotzdem jeden Tag zweihundert Leute, deren Flaschenhals man ist. Aber: Von Zuhause aus kann man ja auch mit der Kleinen auf dem Schoß tippen und telefonieren. Ich habe zum Glück ein tolles Team in München, das diese kleine Auszeit perfekt für mich organisiert und mir den Rücken freigehalten hat – und notfalls auch mal Babygeschrei im Hintergrund verkraftet hat.

„Eine Wissenschaft für sich ist das Auf- und Zuklappen des Kinderwagens“, stellt Fabian Mehring beim Besuch im Martinipark lachend fest. Nach den ersten Wochen als Papa hat‘s der Digitalminister aber schon gut im Griff. Bestzeit: unter 30 Sekunden!

AJ: Wie darf man sich diese Familienzeit vorstellen – haben Ihre Frau Franziska und Sie alles gemeinsam gemacht oder ist einer von Ihnen öfters nachts aufgestanden – zum Wickeln und Co.?

Mehring: Naja. Da setzt einem die Natur ja Grenzen. Beim Stillen können wir Männer wenig helfen. Alles andere haben wir uns aber ganz gut aufgeteilt. Das war auch gut so, denn jetzt weiß ich, was meine Frau alles alleine schultert, seit ich zurück im Job und wieder die ganze Woche auf Achse bin.

AJ: Die babytechnischen Fähigkeiten scheinen aber, wie wir hier live testen konnten, allesamt vorhanden. Gibt’s Vorlieben – was machen Sie am liebsten, was überlassen Sie lieber Ihrer Frau?

Mehring: Am liebsten besuche ich mit der Kleinen unseren Uropa. Der ist inzwischen 94 und die beiden zusammen zu sehen ist großartig. Am schwierigsten bleibt es, nachts rauszumüssen, wenn man weiß, dass ein typischer 18-Stunden-Tag mit zehn Terminen folgt, in den man dann als müder Zombie startet. Aber das kennen vermutlich alle jungen Eltern.

AJ: “Digitalminister & Daddy“ – das klingt ein bisschen nach: Alexa, mach‘ das Fläschchen warm! Gibt es bei Ihnen zu Hause smarte Babyüberwachung oder hört die Technik beim Babyphon auf?

Mehring: Bislang sind wir über das Standard-Babyphone noch nicht hinausgekommen. Aber ich bin für smarte Tipps offen… !(lacht)

Machos in der Politik auf dem Vormarsch

AJ: Sie sprechen von sich selbst als „Vertreter einer neuen Politikergeneration“ – junger Vater, sichtbar fürsorglich, klar in der Haltung. Steckt da auch ein bisschen zeitgeistige Selbstinszenierung drin – oder ist diese ‘neue Männlichkeit’ ein tatsächlicher ehrlicher Gesinnungswandel?

Mehring: Ehrlich gesagt befürchte ich, dass diese Haltung ja fast schon wieder out ist. Gerade haben ja eher die vermeintlich harten Jungs mit antiquiertem Frauenbild wieder Konjunktur – von Musk über Trump bis Putin. Da fühle ich mich fast schon wieder von der alten Schule. (lacht) Im Ernst: Meine Frau hat die gleiche Ausbildung wie ich und wir sind beide gleichermaßen für unser Kind verantwortlich. Da braucht es für mich keine Gesinnung – das ist halt einfach die Realität.

AJ: Man spricht ja nicht umsonst vom politischen Komparativ „Freund, Feind, Parteifreund“ – wie war denn die Resonanz auf Ihre modern gelebte Vaterrolle – vor allem bei den älteren Kollegen in Landtag und Kabinett?

Mehring: Jenseits von ein paar augenzwinkernden Sprüchen ehrlich gesagt erfreulich gut. Markus Söder hat mir sogar einen Strampler geschenkt – allerdings vom FC Nürnberg. Glücklicherweise konnte ich ihm da bereits ein Bild unserer Tochter im FC Augsburg-Strampler schicken und ihm schreiben, dass er zu spät dran ist…(lacht)

Von seinem „Chef“ Ministerpräsident Markus Söder bekam Mehring fürs Töchterchen einen Strampler vom 1. FC Nürnberg, der vom gebürtigen Augsburger Papa freilich lange nicht so sehr gefeiert wird wie das Pendant von „seinem“ FC Augsburg.

AJ: Wir haben unsere Fragen auch mit Hilfe von KI generiert – stört Sie das beziehungsweise nutzen Sie KI auch ab und zu mal für Antworten?

Mehring: Selbstverständlich. Zwar eher nicht für Antworten in Interviews, aber zum Beispiel um vom Auto aus schnell ein paar Fakten für die nächste Rede zu recherchieren. ChatGPT ist längst das neue Google und als Digitalminister darf man das.

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