Der FC Augsburg hat im Sommer im kompletten Verein eine beachtliche Neuausrichtung vorgenommen. Nicht nur Sandro Wagner im Traineramt, auch auf der Sportdirektorenebene geht man mit Benjamin Weber neue Wege. Dazu kommen die Rückkehrer Manuel Baum (Leiter Entwicklung & Innovation), Julian Baumgartlinger (Koordinator Lizenzspielerabteilung) und Jan Moravek (Scouting), sowie Marc Lettau vom VfL Bochum als Kaderplaner. Die größte Prägung, nämlich ein neues spielerisches Gesicht auf dem Platz, soll Wagner der Mannschaft verpassen. Dazu wurde dem Coach sogar ein „Übergangsjahr“ eingeräumt, wie er vor Saisonstart erklärte.
Doch wie soll dieses Übergangsjahr spielerisch aussehen? Fest steht: Wagner wird nicht die kompletten taktischen Fundamente umwerfen, sondern anpassen, um den FCA variabler aufzustellen. In den vergangenen Jahren funktionierte hauptsächlich eine Spielidee. Hinten dicht gestaffelt stehen und vorne durch schnelle Vorstöße, Umschaltaktionen oder zweite Bälle Gefahr generieren. Ähnliche Prinzipien dürfte man gegen die spielerisch starken Teams der Liga, wie Bayern, Stuttgart oder Leverkusen, erneut zu Gesicht bekommen. Geht es aber gegen Gegner auf Augenhöhe oder gar ein bisschen darunter, wie etwa den FC St. Pauli oder Aufsteiger 1. FC Köln, können die Fans eine deutlich aktivere Spielweise erwarten. Das bedeutet mehr Ballbesitz, ein kontrollierter Spielaufbau von hinten heraus. Offensiv sah man in der Vorbereitung und im Pokal öfter Chipbälle in die letzte Linie über die Verteidiger hinweg. Mit Elias Saad, Samuel Essende oder auch den Außenverteidigern Marius Wolf und Dimitrios Giannoulis verfügt man über genügend Spieler, die schnell hinter die letzte Linie stoßen können.
FCA-Kader bewegt sich mehr an der Burnley-Aufsteigermannschaft
Dazu kommt den Kreativspielern Mert Kömür und Alexis Claude-Maurice eine besondere Bedeutung zu. Mit ihren Fähigkeiten zum Dribbling auf engstem Raum wird ihnen auch gegen tiefstehende Gegner viel zugetraut, sie sind die Schlüssel, um auch einen kompakten Block auseinanderzuspielen. So dürfte das Augsburger Spiel über die nächsten Monate hinweg immer vielschichtiger und detailreicher werden. Wagner fährt im Training ein hohes Pensum. Phillip Tietz rauchte nach nicht einmal zwei Wochen schon der Kopf, auch Han-Noah Massengo betonte den Fokus auf Details, den der neue FCA-Coach im Training legt. Dabei erinnere er ihn sehr an seinen Ex-Coach Vincent Kompany, unter dem er bei Burnley eine Zeit lang trainierte. Es sind große Worte, die Wagner nun mit Leben füllen muss. Zu beachten ist dabei aber auch: Kompany spielte in der zweiten englischen Liga mit Burnley eine Rekordsaison, fuhr über 100 Punkte ein und zog souverän in die Premier League ein. Dort schaffte er es aber nicht, seinen Ansatz anzupassen, auch das Spielermaterial passte nicht zu 100 Prozent. So stieg der Aufsteiger direkt wieder ab in die Championship. Nun dominiert er beim FC Bayern mit einem deutlich besseren Kader wieder die Bundesliga. Das Niveau des FCA-Kaders bewegt sich jedoch mehr an der Burnley-Aufsteigermannschaft als an dem des FC Bayern. Zu hohes Risiko könnte in der Bundesliga also bestraft werden.
Dennoch ist festzuhalten: Der FCA-Kader ist gut genug für einen soliden Platz im Mittelfeld, auf dem man trotz Umstellungen und einer sportlichen Entwicklungsphase auch landen dürfte.
AJ-Prognose: Erreicht der FCA noch einmal denselben Platz wie in der vergangenen Saison, dafür mit deutlichen spielerischen Fortschritten und etwas mehr eigenem Spektakel, dürften die meisten im Verein zufrieden sein. Clickt es schneller, ist auch ein Platz in der oberen Tabellenhälfte realistisch.
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