Kaum fünf Minuten braucht man, um alle vier Geschäfte aufzusuchen – und in gut einem halben Jahr könnten sie alle vier verschwunden sein: Sportkind am Rathausplatz, Augustin Exclusive in der Maxpassage sowie Kaufrausch und Augenoptik Stief in der Philippine-Welser-Straße. Die Gründe für die anstehenden Schließungen sind verschieden, alle Ladeninhaberinnen hätten sich zudem ein besseres Umfeld von der Stadt Augsburg vorstellen können.
Am wenigsten endgültig, so hofft Sabine Stief, ist die Angelegenheit bei ihrem Laden Sabine Stief Augenoptik. Die Optiker-Meisterin hat eine schriftliche Kündigung samt Mieterhöhung auf den Tisch bekommen, dennoch will sie es weiter mit ihren Vermietern versuchen. „Ich bin demnächst 59 Jahre alt, und viele Eigentümer möchten Zehn-Jahres-Mietverträge abschließen“, so die Augsburgerin. Zwar hätten sich die Umstände in der Umgebung ihres Ladens etwa durch die Schließung von Karstadt oder des Modehauses Eckerle nicht verbessert, dennoch ist sie von ihrem Standort überzeugt. Ihr Geschäft sei in den 20 Jahren seit dem Umzug aus der Maxstraße hierher bei vielen Augsburgern bekannt, ein Neuanfang an anderer Stelle bedeute für sie jedenfalls eine Unbekannte. Bezüglich der konjunkturellen Situation und den Auswirkungen auf die Kundschaft sagt Sabine Stief das, was auch ihre Kolleginnen feststellen: Der Augsburger City fehlten die Kunden. Jene, die die Schaufenster entlang bummelten und anschließend zum Einkaufen wiederkehren, oder jene, die kurz entschlossen etwas einkaufen. Viele Menschen aus dem Umland fühlten sich mit ihrem Auto nicht willkommen, blieben zuhause, shoppten im Internet oder fahren nach Ulm oder München.
Die Kündigung für ihr Geschäft hat Optiker-Meisterin Sabine Stief auf dem Tisch liegen, sie würde aber gerne über das nächste Jahr hinaus dort in der Philippine-Welser Straße bleiben.
Die Basis wird schwächer
Vor einer anderen Situation steht Ysabel Gförer, deren Geschäftsbasis inzwischen zu schwach geworden sei. Gförer betreibt seit sechs Jahren das Kaffeegeschäft Augustin Exclusive, benannt nach dem Gründer, bei dem sie ihre Ausbildung absolviert und anschließend gearbeitet hatte. Während des Gesprächs kommen immer wieder Kunden herein, Stammkunden unverkennbar, die wissen, was sie wollen. Zwei Pfund von diesem Kaffee, ein Päckchen von jenem, Geldkarte auf die Kasse und fertig. Zum Glück für Gförer sind diese ihre Stammkunden offensichtlich weniger preissensibel, akzeptieren auch Preise jenseits der 20 Euro für ein Kilo Kaffee. Diese Kosten, erhebliche Preissteigerungen, die jeder Kaffeetrinker in den vergangenen beiden Jahren zu spüren bekommen habe, seien freilich auch an ihrem Geschäft nicht vorübergegangen. Aber langjährige Stammkunden würden älter, blieben aus, jüngere kämen kaum nach. Was ebenfalls ausbleibe, sei Laufkundschaft. Gfröhrs Konsequenz: Ende Januar 2026 schließe sie ihre Ladentür endgültig. Danach genehmige sie sich eine Zeit zur Neuorientierung, „und dann geht beruflich gewiss eine andere Türe für mich auf“, so die 40-Jährige.
Die ersten Kaffee-Behälter sind leer, Ende Januar schließt Ysabel Gfrörer ihr Geschäft Augustin Exclusive.
Am knappen Geld ihrer Kundinnen liegt es nicht, darf sich Petra Kahn nach wie vor freuen. Ihr Modegeschäft „Kaufrausch“ erfreue sich eines treuen Kundinnenstammes und biete bis heute eine solide Geschäftsbasis für Kahn. Ihr Grund dafür, den Laden Mitte kommenden Jahres zu schließen: Dann habe sie ebenso wie ihr Ehemann und Mitarbeiter das siebte Lebensjahrzehnt erreicht, sei es an der Zeit, sich zur Ruhe zu setzen. Über eine Firmennachfolge habe sie nie nachgedacht, so Kahn. „Kaufrausch, das bin viel zu sehr ich selbst“, erklärt sie die Philosophie des Modegeschäfts, für das sie alle Stücke selbst auswähle und in dem sie größten Wert auf eingehende Beratung lege. Gefragt nach der Unterstützung ihres Geschäfts durch die städtische Wirtschaftsförderung, bringt sich Sohn Julien ins Gespräch ein. Und kritisiert ein gewisses Unverständnis seitens der Stadt für die Bedürfnisse ihrer Händlerinnen und Händler. Beispiel städtische Aktionen: Sommernächte, La Strada, Light-Nights – schön und gut. Aber nicht so gut für Teile des Handels, der seine Shopping-Night, die zuletzt an die Light-Night gekoppelt war, gerne „pur“ hätte. Ergänzung von Optikerin Sabine Stief: Und der Handel würde sich freuen, wenn die Stadt für eine Einkaufsnacht die Preise auf den öffentlichen Auto-Parkplätzen halbieren würde. Kaum jemand, so Julien Kahn, wolle sich gerne mit Einkaufstaschen bepackt ins Gedränge stürzen. Auf der anderen Seite sei es für Händler wenig hilfreich, zu später Stunde freude-trunkene Besucher zu empfangen, „die mal schauen, ob es hier oder da etwas geschenkt gibt“.
Weil die Geschäftsinhaber auf die 70 Jahre Lebensalter zugehen, wird das Modegeschäft Kaufrausch Mitte 2026 zugemacht.
Einer gewissen Prominenz erfreuen sich die Geschäftsfrauen Nadine Lux und Gabi Windisch mit ihrem Sportkind-Geschäft an der Ecke Rathausplatz/Philippine-Welser-Straße. Grund war die Auseinandersetzung um zwei große Bildschirme in den Schaufenstern, die vergleichbar einem Fernseher wechselnde Modelle aus der Sportkind-Kollektion zeigten und zeigen. Dieser Streit sei aber nicht ausschlaggebend für die Schließung des Geschäfts Mitte des nächsten Jahres gewesen. „Die Kundenfrequenz in der Augsburger Innenstadt ist in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen. Leider wird die Innenstadt immer unattraktiver, weil es immer weniger Auswahl und echte Einkaufserlebnisse gibt. Viele Menschen fragen sich inzwischen, warum sie überhaupt noch in die Stadt gehen sollen, wenn das Angebot immer kleiner wird“, bedauern Lux und Windisch, die mit der Eröffnung ihres Geschäfts die Innenstadt bewusst unterstützen wollten.
Nadine Lux (li.) und Gabi Windisch betreiben die Marke „Sportkind“ mit bunter Kleidung im Internet, nach vier Jahren schließen sie ihren Laden in der Augsburger Innenstadt wieder.
Neuregelung des Ladenschlussgesetzes bietet bessere Möglichkeiten in der Augsburg City
Bis zur Schließung des Ladens laufe der Betrieb ganz normal weiter. Das komplette Sortiment bleibe weiterhin erhältlich, erst im Frühjahr werde es wohl einen Ausverkauf einiger Stücke aus dem Geschäft geben. „Die meisten Artikel aus dem Store werden allerdings einfach in den Onlinehandel umgelagert, sodass unsere Kundinnen und Kunden sie weiterhin wie gewohnt über unseren Webshop bestellen können.“ Hauptgeschäft für Sportkind bleibe weiterhin der Online-Handel, der rund 95 Prozent des Umsatzes ausmache. Von Seiten der Stadt als Vermieterin des Geschäfts habe es bislang weder eine Nachfrage noch ein Gesprächsangebot gegeben, „warum wir kündigen oder ob es Möglichkeiten gäbe, uns zu halten. Das zeigt leider ein gewisses Desinteresse an Lösungen. Wäre die Stadt aktiv auf uns zugekommen, hätten wir vielleicht noch einmal überlegt.“
Nach Worten von Bezirksgeschäftsführer Andreas Gärtner vom Handelsverband Deutschland (HBV) biete die Neuregelung des Ladenschlussgesetzes nun bessere Möglichkeiten, flexibel und ohne „Anlassbezug“ auch mehrere Shopping-Nächte abzuhalten. Ob mit oder ohne begleitendem Event – darüber sei man derzeit in Abstimmung mit der Politik, dem Stadtmarketing und den Vertretern der Geschäftswelt. Ergebnis: offen.
Bezüglich der Besucherfrequenz in der Augsburger City sei, so Gärtner, bei entsprechenden Messungen objektiv kein deutlicher Schwund festzustellen. Allerdings bedeute „Besucher“ nicht automatisch auch „Kunde“. Hier zeige sich, dass das Geld vielfach nicht mehr so locker sitze wie vor Jahren, dass Umstände von Jobangst bis Ukraine-Krieg die Unbefangenheit früherer Tage trübten.
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