Simon Mack, frisch gebackener Vertretungsprofessor für Musiktheorie und Gehörbildung an der Hochschule für Musik und Theater München, bringt scheinbar Unvereinbares zusammen: Klassik und Ballermann. Der 33-jährige Arrangeur und Komponist wurde durch seine barocke Version des Mallorca-Hits „Saufen“ bekannt – ein Video, das über 1,4 Millionen Mal auf YouTube aufgerufen wurde.
Dabei war Mack selbst noch nie auf der Insel. Die Inspiration kam von seiner Schwester Magdalena, die in Stuttgart auf Wohnheimpartys mit Songs wie „Geh mal Bier holen“ ironisch feierte. Mack fehlte damals noch ein Text für ein barockes Stück – also warum nicht? Zunächst nur im kleinen Kreis gezeigt, entwickelte sich die Idee online zum viralen Erfolg.
Premiere am 10. Mai in Augsburg: „Saufen“-Remake und neue Stücke
Am 10. Mai wird das Singspiel „Exportschlager“ am Staatstheater Augsburg uraufgeführt. Darin bringen die Sänger Macks Vertonungen von Ballermann-Hits als Kunstlieder auf die Bühne. Neben bekannten Mack-Remakes wie „Saufen“ enthält das Werk zehn bis zwölf neue Stücke. Augsburg sei dafür ideal, sagt der Münchner, weil das Theater hier eine Offenheit zeige, die man im Musiktheater nicht überall finde – gerade für junge Komponisten mit ungewöhnlichen Ideen.
Der Abend wird von Andreas Hillger dramaturgisch eingerahmt: Ballermannhits sollen auf dem Weg zum immateriellen Kulturerbe in den Kanon des deutschen Kunstliedes eingereiht und als „Exportschlager“ zur lebendigen deutschen Tradition erklärt werden. Mack sieht wenig Chancen, dass das Realität wird, räumt aber ein: „Es gibt so viele Dinge, die immaterielles Kulturerbe sind, bei denen man sich fragt, ob das wirklich Hochkultur ist – oder einfach Tradition.“
Sein Projekt stellt generell die Grenzen von Hoch- und Populärkultur infrage. „Jazz oder Rap galten früher auch nicht als angesehene Kunst“, sagt Mack. Dass Oper und Ballermann sich in Themen wie „Wein, Weib und Gesang“ begegnen, sieht er durchaus. Einzugreifen sei sensibel – aber „nicht jedes Opernlibretto ist große Literatur“ – etwa in der „Zauberflöte“.
Und sein Schlager-Lieblingsohrwurm? Für Mack ist das eindeutig „Jan Pillemann Otze“ – „so blöd, dass man lachen muss.“ Weniger begeistert ist er von sexistischen oder politisch fragwürdigen Texten, die er bewusst nicht vertont. Dann doch lieber „Ich hab ’ne Zwiebel auf dem Kopf“ – „Da kann jeder mitlachen.“
Klassik-Fan vom Ballermann: Ingo ohne Flamingo will zur Premiere von „Exportschlager“ kommen
Eine Aufführung am Ballermann selbst ist aktuell nicht geplant. Aber Kontakte hat Mack inzwischen einige: Ikke Hüftgold, DJ Robin und Ingo ohne Flamingo – Letzterer will sogar zur Premiere kommen. Der Schlagerstar sei ein großer Klassik-Fan und hatte sich über die virale „Saufen“-Neu-Interpretation gefreut.
Im Hochschul-Unterricht spielen die Ballermann-Arrangements keine Rolle mehr, doch Macks Studierende kennen sie. Nur sollte er kürzlich vor einem Vortrag vor jungen Musikern noch kurz etwas zum Ballermann-Thema sagen: „Das fand ich schon lustig, vor Zwölf- bis 18-Jährigen pädagogisch nicht wertvolle Texte zu thematisieren.“ Doch für Mack ist klar: „Hoch- und Niedrigkultur zu trennen hilft der klassischen Musik nicht, die auch ein Nachwuchsproblem hat.“