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Dienstag, 30. Dezember 2025

Surrealer Erfolg: Warum das Lettl-Museum bei TripAdvisor wieder ganz vorne liegt

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Wenn man die Top-Sehenswürdigkeiten in Augsburg auf TripAdvisor aufruft, führt seit einiger Zeit ein eher kleines Haus bei den Aktivitäten die Liste an: das Lettl-Museum für surreale Kunst. Mit einer Bewertung von 5,0 Sternen und inzwischen hunderten Rezensionen liegt es vor der Puppenkiste, dem Schaezlerpalais und der Fuggerei. Wie kommt es, dass dieses private, ehrenamtlich geführte Museum weltweit so viel Aufmerksamkeit erhält? Ein Grund liegt wohl im starken Familienband, das sich durch die Geschichte des Hauses zieht.

Wolfgang Lettl, der Namensgeber, war ein angesehener Maler mit vielen Facetten: humorvoll, ernst, politisch, immer experimentierfreudig. In einem Erklärvideo des Museums, das man mit dem Multimediaguide verfolgen kann, ist zu sehen, wie er gemeinsam mit einem seiner Enkel malte – nicht ernst, sondern spielerisch.

Schon die Kleinsten kommen ins Lettl-Museum

Clara Lettl, die Enkelin des Künstlers, lebt in Augsburg. Als ihr Opa starb, war sie 16. „Jetzt wäre es spannend, mit ihm zu sprechen. Aber wir sind keine Familie, die Kunst bespricht, sondern eher auf sich wirken lässt. Ich glaube, das gefällt auch den Besuchern hier, dass es nicht tausend Erklärungen für jedes Bild gibt und man keine vorgefertigte Variante für jedes Bild hat, sondern dass sich jeder selbst darin finden muss.“

Clara Lettl 2003 mit ihrem Opa Wolfgang Lettl im gemeinsamen Urlaub in Apulien. Sie ist keine Künstlerin, sondern promovierte Molekularbiologin.

Ihr zweijähriger Sohn Georg ist bereits ein kleiner Dauergast im Museum. „Er hat schon Bilder durch die Ausstellung getragen“, erzählt sie lachend. Für Lettl ist das Haus ein Stück Kindheit: Schon als kleines Mädchen war sie bei den Ausstellungen ihres Vaters und Großvaters dabei. Heute kommt sie oft mit Georg, der die Bilder wie ein riesiges Bilderbuch entdeckt. Zum Beispiel zeigt er gleich auf das Nashorn, das sich im Hintergrund des gleichnamigen Bilds versteckt. „Man kann hier schon mit den Kleinsten herkommen. Es stört niemanden, wenn es mal etwas lauter wird“, sagt Clara Lettl.

Im Juli erhielt das Haus zum zweiten Mal in Folge den Travellers’ Choice Award von TripAdvisor – und gilt damit als bestbewertetes Kunstmuseum in Europa. Mit 571 Rezensionen und der Höchstnote 5,0 steht das Lettl-Museum im internationalen Ranking vor Giganten wie der Tate Modern in London oder dem Prado in Madrid. „Unser Museum zählt damit zu den Top 10 % der Aktivitäten weltweit“, heißt es in der Pressemitteilung. Auch Google-Bewertungen bestätigen das Bild: 865 Rezensionen, ebenfalls mit 5,0 Sternen.

Clara Lettl sagt, ihrer Erfahrung nach kämen viele extra für das Museum nach Augsburg. „Ich hatte neulich Aufsicht und Gäste aus Belgien. Die haben gesagt: ‚Wir sind Belgier und uns interessiert natürlich Surrealismus.‘ Aber es gibt auch Leute, die haben überhaupt nichts mit Kunst am Hut.“ Außerdem biete das Lettl-Museum für jedes Alter etwas: „Vorhin waren vom Fünfjährigen bis zum älteren Menschen alle vertreten. Und es kommen viele Studenten.“

Familienbande als Erfolgsrezept des Lettl-Museums

Florian Lettl, Sohn des Künstlers, kuratiert das Museum. Er erklärt den Erfolg so: „An erster Stelle steht die Qualität der surrealen Bilder, die in dieser Anzahl weltweit einzigartig ist. Dazu kommen der enge Bezug zum Leben meines Vaters, die persönliche Betreuung vor Ort und der multimediale Guide, der Kunst verständlich und emotional vermittelt.“ Laut ihm kamen allein von Januar bis Juli dieses Jahres 4.980 Gäste – im Schnitt über 700 pro Monat. Zum Vergleich: Im gesamten Jahr 2022 waren es 3.532, 2023 schon 4.405 und 2024 schließlich 6.785. Rund 90 Prozent der Besucher stammten nicht aus Augsburg, und etwa 85 Prozent hätten Wolfgang Lettl zuvor nicht gekannt.

Florian Lettl, selbst Künstler.

Die internationalen Rückmeldungen auf TripAdvisor und Google lesen sich teils wie kleine Liebeserklärungen. „Ein surrealer Streifzug durch Traum und Geschichte – ein Highlight, an dem Kunst nicht nur betrachtet, sondern erlebt wird.“, schreibt eine Besucherin. Ein anderer: „Hearing and seeing Lettl himself share his thoughts brings his art vividly to life. It’s like meeting a philosopher who paints.“

„Wir haben inzwischen Gäste aus der ganzen Welt, die teilweise extra wegen des Lettl-Museums nach Augsburg reisen“, berichtet Florian Lettl. Sogar Anfragen aus Namibia erreichen ihn: Besucher, die direkt nach ihrer Landung in München ins Museum kommen wollen.
Das Lettl-Museum: ein lebendiger Ort, an dem Kunst nicht nur betrachtet, sondern diskutiert, erlebt und weitergegeben wird – von Generation zu Generation. Oder wie Clara Lettl sagt: „Für mich ist Wahnsinn, wie die Bilder immer wieder in die Zeit passen. Und dadurch finden sich die Leute auch darin wieder: Leute, die traurig sind. Leute, die etwas Fröhliches suchen.“

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