Bis Alexis Claude-Maurice seinen Vertrag beim FC Augsburg endlich unterschreiben konnte verging viel Zeit. Erst am letzten Tag des Transferfensters gab der FCA die Verpflichtung des vertragslosen Franzosen bekannt. Diese zahlte sich bislang allerdings voll aus. Bereits vier Pflichtspiel-Tore steuerte der trickreiche offensive Mittelfeldspieler bei. Im Interview mit Augsburg Journal Redakteur Johannes Kaiser erzählt Claude-Maurice, warum er sich für Augsburg entschied und was ihn an der Fuggerstadt am meisten überraschte.

Augsburg Journal: Sie kamen am letzten Tag des Transferfensters zum FC Augsburg. Wie kam die Verpflichtung zustande?
Alexis Claude-Maurice: Es war ein langer Tag. Ich habe hier sieben Stunden im Büro gewartet, bis die letzten Details geklärt waren und ich den Vertrag endlich unterschreiben konnte. Auch die Sommerpause hat sich lange gezogen, weil ich nach dem perfekten Club für mich gesucht habe.

AJ: Wird man als vertragsloser Spieler nervös, wenn man spät im Transferfenster noch keinen neuen Club gefunden hat?

Claude-Maurice: Nein, ich war überhaupt nicht nervös. Es gab mehrere Vereine, die mich verpflichten wollten und mit denen ich in Kontakt stand. Ich wollte jedoch die perfekte Wahl treffen, die ich hier gefunden habe, und habe mir deshalb bewusst Zeit gelassen. Es ist schließlich ein wichtiger Schritt in meiner Karriere.

„Die ersten Monate waren schön“

AJ: Wie haben Sie sich beim FC Augsburg eingefunden?

Claude-Maurice: Sehr gut! Die ersten Monate waren schön. Ich hatte Zeit, meine Teamkollegen, den Trainer, das Trainerteam und die Fans kennenzulernen. Bisher gefällt mir alles sehr gut, auch Deutschland als Land. Es ist anders als in Frankreich und für mich ein neues Abenteuer, eine neue Herausforderung in meiner Karriere.

AJ: Seit dem Spiel gegen Dortmund sind Sie unter Jess Thorup gesetzt. Wie lief die Kommunikation mit ihm?

Claude-Maurice: Klar, am Anfang habe ich etwas Zeit gebraucht. Ich hatte die Saisonvorbereitung praktisch alleine gemacht und bin dann spät hierhergekommen. Natürlich macht es einen Unterschied, ob man sich selbst fit hält oder mehrere Wochen mit der Mannschaft trainiert. Deshalb habe ich drei, vier Wochen gebraucht, um mich richtig gut zu fühlen. Danach wurde ich gegen Gladbach eingewechselt, und seitdem bin ich jede Woche dabei. Ich fühle mich nach wie vor super.

AJ: Bald dürfte Ruben Vargas wieder bei 100 Prozent sein. Dazu spielen auf Ihrer Position auch Yusuf Kabadyi und Mert Kömür. Wie hart ist der Konkurrenzkampf aktuell?

Claude-Maurice: Im Fußball gibt es immer Konkurrenz. Jeder will und wird irgendwann spielen – manche starten, manche kommen von der Bank. Am Ende des Tages müssen wir alle unser Bestes geben, um Spiele zu gewinnen und uns jeden Tag aufs Neue zu beweisen.

Nationalelf Frankreichs kein Traum für den FCA-Neuzugang

AJ: Sie haben in Ihrer Karriere von der U17 bis zur U21 alle französischen U-Nationalmannschaften durchlaufen. Ist der Traum von der A-Nationalmannschaft für Sie noch aktuell?

Claude-Maurice: Um ehrlich zu sein, ist das gar kein Traum von mir. Mein Ziel ist es, immer das Beste zu geben. Wohin das führt, werden wir sehen. In der Nationalmannschaft spielen die besten Spieler. Ich fokussiere mich voll und ganz auf meinen Fußball hier und darauf, die bestmögliche Version von mir selbst zu zeigen. Über den Rest mache ich mir keine Gedanken.

AJ: Ihre Karriere bei OGC Nizza ist auch aufgrund einiger Verletzungen nicht so ins Rollen gekommen, wie Sie sich das sicher vorgestellt hatten. Woran lag es?

Claude-Maurice: Das ist schwer zu erklären. Ich hatte zwar einige Verletzungen, aber auch mit den unterschiedlichen Trainern hat es nicht immer so geklappt, wie ich es mir erhofft hatte. Manche haben mir nicht das Vertrauen geschenkt. Natürlich hatte ich für die letzten fünf Jahre einen anderen Plan, aber jetzt bin ich glücklich, hier zu sein.

AJ: Vor etwa fünf Jahren sagten Sie, dass Sie unbedingt zu Borussia Mönchengladbach wechseln möchten. Ausgerechnet gegen die Fohlen haben Sie Ihr erstes Tor für den FCA geschossen. Schicksal?

Claude-Maurice: Das war ein tolles Gefühl. Ich habe mich vor dem Spiel an meine Aussage von damals erinnert. Deshalb war es etwas Besonderes, in meinem ersten Einsatz direkt gegen Gladbach zu treffen.

Claude-Maurice: In der Bundesliga hat man mehr Platz

AJ: Nun spielen Sie sehr erfolgreich in der Bundesliga. Was sind für Sie die größten Unterschiede zur Ligue 1?

Claude-Maurice: Es ist auf jeden Fall anders. In der Bundesliga hat man mehr Platz, und das Spiel geht viel schneller nach vorne. In Frankreich ist das Spiel athletischer. Hier sind die Verteidiger zwar sehr stark, aber nicht so schnell und athletisch wie in Frankreich.

AJ: In einem Interview bei Ihrem Ex-Verein sagten Sie einmal, dass Sie sich in der Mitte des Spielfelds am wohlsten fühlen, obwohl dort die wenigsten Räume zu finden sind. Lieben Sie den Druck?

Claude-Maurice: In der Mitte hat man erst mal viel Platz um sich herum, um Dinge zu kreieren. Natürlich sind dort in der Regel auch mehr Gegenspieler als auf dem Flügel. Aber genau das macht mir Spaß. In diesen Drucksituationen fühle ich mich wohl. In gewisser Weise ist es sogar einfacher: Wenn ich drei Gegenspieler vor mir habe, müssen sie entscheiden, wer aus der Kette rausrückt und mich attackiert. Ich will es ihnen immer so schwer wie möglich machen, mir den Ball abzunehmen. Es ist wie ein kleines Spiel im Spiel – und das mag ich sehr.

AJ: Vor Weihnachten stehen noch einige wichtige Spiele an, wie gegen Leverkusen, aber auch die dritte Runde im DFB-Pokal. Worauf freuen Sie sich am meisten?

Claude-Maurice: Immer auf das nächste Spiel. Jetzt liegt mein Fokus auf Bochum, danach auf Karlsruhe im Pokal. Im Fußball sind alle Spiele wichtig, da kann man keine großen Unterschiede machen.

AJ: Welche Hobbys haben Sie abseits des Platzes?

Claude-Maurice: Ich bin jemand, der nicht viel rausgeht. Ich bin gerne zu Hause – mit meiner Frau, meiner Familie und meinen Freunden. Ich schaue gerne Serien, vor allem Anime, und lese Bücher. Außerdem verfolge ich gerne andere Sportarten wie Basketball. In der NBA habe ich zwar keinen Lieblingsclub, aber ich bin ein Fan von Ja Morant und Anthony Edwards.

AJ: Wie gefällt Ihnen Augsburg bisher?

Claude-Maurice: Um ehrlich zu sein, war ich überrascht, als ich die Stadt zum ersten Mal erkundet habe. Ich dachte, Augsburg wäre eine sehr kleine Stadt, aber das ist überhaupt nicht der Fall. Die Altstadt gefällt mir zum Beispiel sehr gut.

AJ: Wenn Sie sich in vier Worten beschreiben müssten, welche wären das?

Claude-Maurice: Familiär und ambitioniert – mehr fällt mir gerade nicht ein.

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