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Ernährung aus der Tonne

Containern Menschen entwenden illegal Nahrungsmittel

Es ist ein Konflikt zwischen Gesetzgebung und Moral: Das sogenannte Containern. Containern bedeutet, dass Menschen Lebensmittel, welche vorher von Lebensmittelhändlern weggeworfen wurden, aus Mülltonnen entwenden. Laut §242 im Grundgesetz handelt es sich dabei um Diebstahl. Meist sind die Waren noch genießbar und wurden aufgrund von Schalenfehlern, Druckstellen oder einem überschrittenen Verfallsdatum aussortiert. Ganz aktuell gab es einen Vorfall in Augsburg, bei welchem Mitglieder des Klimacamps „gestohlene“ Lebensmittel an Passanten verschenkten.
Aktivisten wie die 20-jährige Charlie stehen zu ihren Taten. „Es ist für kaum jemanden ersichtlich, warum diese sichtbar noch genießbaren Lebensmittel weggeworfen werden sollten, und dass ich sogar eine Kriminelle sein soll, nur weil ich dieses offensichtlich entsorgte Essen entwende“, so die junge Frau, die regelmäßig, auch in Augsburg containern geht, bei einem telefonischen Interview mit unserer Redaktion. „Man kann hervorragend von den aussortierten Waren leben. Teilweise finde ich Markenlebensmittel, welche ich mir sonst nicht kaufen würde.“ Auf Nachfrage betont Ingo Blechschmidt, dass das „Mülltauchen“ in der Fuggerstadt, so wie in vielen anderen Regionen, weit verbreitet sei. „Der Großteil der Szene in Augsburg war bereits oder geht regelmäßig containern“, so der Klimaaktivist.
Die Pressestelle der Polizei in der Fuggerstadt kann dies so jedoch nicht bestätigen. „Containern ist in unserem Zuständigkeitsbereich kein polizeiliches relevantes Thema. Über die Jahre hinweg gab es wohl vereinzelt Fälle im unteren einstelligen Bereich.“ Ob die „Täter“ besonders vorsichtig vorgehen oder schlicht zu wenig Interesse daran besteht, das Containern konsequent von Seiten der „Opfer“ zu verfolgen, ließ sich im Zuge der Recherche nicht eindeutig klären.
Grundsätzlich führen Befürworter an, dass wenig gegen das Containern sprechen würde. Die Geschäfte könnten mit den Waren keinen Gewinn mehr erzielen und entsorgten diese lediglich. Aus juristischer Sicht hingegen stehen die Müllcontainer auf dem Grundstück der Lebensmittelhändler und sind zudem oftmals eingezäunt oder gar verschlossen. Damit wird rechtlich signalisiert, dass es sich noch um das Eigentum der Geschäfte handelt und nicht etwa um herrenlose Gegenstände. Daher entnehmen „Containerer“ laut Gesetzgebung das Eigentum eines Anderen – die Lebensmittel sind also gestohlen.
Nachdem lokale Einzelhändler sich zum Containern nicht äußern wollten, hat sich die SoPress an ihre überregionale Zentralen gerichtet. Laut Mitteilung der REWE Group werden bereits 98 Prozent der Waren entweder im Markt verkauft, oder, sollten sie aus verschiedenen Gründen nicht mehr im Handel angeboten werden können, an die Tafel gegeben, wo sie dann an Bedürftige verteilt würden. Waren, welche tatsächlich im Müll landen, sind beispielsweise Lebensmittel, die verschimmelt sind oder Kontakt zu verschimmelter Ware hatten. Gerade Schimmel werde oft unterschätzt: „Bei Obst mit einem hohen Flüssigkeitsanteil bilden sich unter bestimmten Bedingungen bedenkliche Schimmelsporen auch schon, obwohl man das von außen nicht wahrnehmen kann“. Außerdem könnten sich in den Behältern Lebensmittelabfälle befinden, die aus Warenrücknahmen stammen. Diese und andere „Hintergründe“ könne der Mülltaucher nicht erkennen.
Der Großteil der Lebensmittelverschwendung in Deutschland liegt doch immer noch in den Privathaushalten. Hier sei die Wegwerfquote bedeutend höher. Demnach gelte der Appell jedem einzelnen.

von Annabell Hörner

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