Er war der absolute Wunschtransfer von Trainer Sandro Wagner, bei seinem Einstand erzielte er direkt ein Tor. Seit wenigen Wochen erst ist Fabian Rieder ein Spieler des FC Augsburg, dennoch hat er sich bereits gut integriert. Warum das so ist, wann sich Wagner bereits in Verbindung mit ihm setzte und was seine Ziele für die Saison sind. Darüber spricht der Schweizer Nationalspieler im Interview mit dem Augsburg Journal.

Augsburg Journal: Wichtigste Frage vorneweg: Schwaben oder Bayerisch-Schwaben – was gefällt Ihnen besser?

Rieder: (Lacht) Bayerisch-Schwaben natürlich jetzt.

AJ: Das war die diplomatisch richtige Antwort. Wie viel konnten Sie in Ihrer kurzen Zeit überhaupt schon von der Stadt sehen?

Rieder: Ich habe noch nicht allzu viel gesehen, war aber schon ein paarmal in der Stadt und in Cafés. Meine Freundin und ich haben da schon ein paar Orte ausprobiert. Augsburg ist zwar nicht riesig, aber es hat durch die Altstadt und die vielen kleinen Cafés einen familiären Charme, der uns sehr an Bern erinnert. Uns gefällt es wirklich gut.

Von Sandro Wagner auch menschlich sofort überzeugt

AJ: Ihr Wechsel zum FCA: Wann gab es den ersten Kontakt und wie lief die Überzeugungsarbeit?

Rieder: Der erste Kontakt war Anfang Juli. Sandro Wagner rief mich an, wir haben bestimmt 20 bis 25 Minuten telefoniert. Er stellte mir das Projekt vor, sprach über seine Spielidee, die Ambitionen des Klubs und die Trainingsbedingungen. Das hat mich sofort angesprochen. Ein oder zwei Wochen später trafen wir uns mit der sportlichen Leitung und meinen Beratern. Alle waren überzeugt, und Sandro und ich blieben dann ständig in Kontakt. Er ging mit jedem Gespräch mehr ins Detail. Das hat mich überzeugt, weil alles, was er sagte, Hand und Fuß hatte – nicht nur sportlich, sondern auch menschlich.

AJ: Warum hat der Transfer trotz des frühen Kontakts so lange gedauert? Sie haben ja noch drei Spiele für Rennes absolviert.

Rieder: Transfers sind komplex, es müssen viele Faktoren zusammenpassen. Warum es letztlich so lange gedauert hat, kann ich auch nicht genau sagen. Wichtig ist für mich nur, dass es am Ende geklappt hat.

AJ: Sie haben gleich in Ihrem ersten Spiel für den FCA ein Tor geschossen. Darf das so weitergehen?

Rieder: Sehr gern (lacht). Aber klar ist auch, dass noch nicht alles perfekt war. Wir haben das Spiel verloren, und am Ende zählen die Punkte mehr als mein Tor. Trotzdem sieht man unseren Plan, und ich bin überzeugt, dass wir in diesem Prozess auf einem guten Weg sind.

AJ: Sie standen auf St. Pauli direkt in der Startelf. Wie haben Sie Ihre neuen Mannschaftskameraden aufgenommen, wie läuft die Integration?

Rieder: Unglaublich gut. Die Jungs hier sind sehr locker, das Verhältnis war vom ersten Tag an positiv. Ich integriere mich leicht, mache gern mal einen Spaß und habe keine großen Ansprüche neben dem Platz. Auf dem Platz verlange ich von mir und den Mitspielern immer das Maximum. Dazu habe ich mit Cédric Zesiger einen sehr guten Freund im Team, der mir die Integration erleichtert hat. Insgesamt sind es hier einfach lauter Topleute.

Fabien Rieder: „Ich bin stark im Pressing und sehr laufstark.“

AJ: Sandro Wagner beschreibt Sie als Bindeglied zwischen Defensive und Offensive. Wie sehen Sie Ihre Position und Ihre Stärken?

Rieder: Bindeglied trifft es ganz gut. Defensiv bin ich stark im Pressing und sehr laufstark. Mit Ball kommen meine Qualitäten noch besser zur Geltung: gute Standards, der letzte Pass, der Abschluss. Zwischen den Linien kann ich mich gut bewegen, Räume sehen und durch Läufe auch für Mitspieler öffnen. Dazu möchte ich als Persönlichkeit vorangehen und meine Leistung auf dem Platz entsprechend unterstreichen.

AJ: Mit dem VfB Stuttgart haben Sie den Pokal geholt, die Bundesliga-Saison war aber insgesamt durchwachsen. Was nehmen Sie aus dieser Zeit für den FCA mit?

Rieder: Sehr viel. Die Zusammenarbeit mit dem Trainerteam und die Qualität des Kaders waren beeindruckend. Es war zwar nicht die beste Saison, aber wir haben den Pokal gewonnen und Champions League gespielt. Das bringt viele neue Eindrücke für jeden Spieler. Ich konnte von einem Topteam und einem Toptrainerteam lernen und als Spieler ist es wichtig, sich immer an den Stärken anderer hochzuziehen und zu profitieren.

AJ: In der Champions-League-Vorrunde haben Sie alle acht Spiele gemacht und auch in der Liga viel gespielt, in der Rückrunde dann aber deutlich weniger. Wissen Sie, woran das lag?

Rieder: Das ist manchmal schwer zu erklären. Es gab viel Konkurrenz und eine Dreifachbelastung. Ich hatte am Ende weniger Spiele, auch wenn ich nicht immer verstanden habe, warum. Aber das gehört zum Fußball. Es war trotzdem ein cooles Jahr und ich habe viele positive Dinge mitgenommen.

Fabian Rieder (FC Augsburg #32) koepft das 0:1 , FC St. Pauli – FC Augsburg , Fussball, Bundesliga, DFL, 14.09.2025 DFB regulations prohibit any use of photographs as image sequences and/or quasi-video

AJ: Sie haben bereits in Frankreich, der Schweiz und Deutschland gespielt, worin unterscheidet sich die Bundesliga von der Ligue 1 in Frankreich?

Rieder: Die Bundesliga ist taktisch ausgereifter und sehr intensiv. In Frankreich gibt es in jeder Mannschaft zwei, drei Spieler, die ein Spiel allein entscheiden können, was die Spiele wild, aber attraktiv macht. Es ist eine starke Liga mit viel Qualität, die vielleicht unterschätzt wird. Für meinen Spielstil passt die Bundesliga besser, auch wegen der Sprache und der Mentalität. In Deutschland fühle ich mich einfach wohler und kann mich besser zeigen.

AJ: Wie erleben Sie Sandro Wagner im täglichen Training?

Rieder: Ich bin noch nicht lange hier, aber mein Eindruck ist sehr positiv. Sandro redet nicht nur mit mir viel, sondern mit allen Spielern. Er will ein gutes Verhältnis, aber es geht immer um Fußball, Punkte und Erfolg. Gleichzeitig will er den Menschen hinter dem Spieler sehen. Er kennt die Spielerperspektive und findet den richtigen Mix zwischen Spaß und Ernst. Das bekommen wir aktuell gut auf den Platz.

AJ: Welche Spieler haben Sie geprägt? Hatten Sie Vorbilder?

Rieder: Ich war immer Fan von Toni Kroos, Kevin de Bruyne und Thiago Alcântara – sehr ballsichere, kreative Spieler. Natürlich gehört auch Lionel Messi dazu, aber positionsspezifisch passen die drei Erstgenannten am besten zu mir.

„Wir waren wie eine Clique von Freunden, die auf höchstem Niveau kicken.“

AJ: Mit den Young Boys haben Sie fast alles gewonnen. Welche Erfolge bleiben Ihnen besonders in Erinnerung und welchen Titel halten Sie mit dem FCA für realistisch?

Rieder: Besonders in Erinnerung bleiben mir der Double-Gewinn aus Meisterschaft und Pokal sowie die Champions-League-Qualifikation gegen Maccabi Haifa, bevor ich nach Frankreich wechselte. Wir waren wie eine Clique von Freunden, die auf höchstem Niveau kicken – das hat enormen Spaß gemacht. Mit dem FCA ist der Pokal die realistischste Chance auf einen Titel. Die Liga ist schwer, aber im Pokal kann alles passieren. Wir haben die Qualität, jeden Gegner zu schlagen, und jedes Spiel beginnt bei Null.

AJ: Sie sind seit einigen Jahren Schweizer Nationalspieler. Wie sehr haben Sie schon die WM im Hinterkopf, die nächstes Jahr ansteht?

Rieder: Natürlich denkt man daran, aber für mich steht der FC Augsburg an erster Stelle. Wenn es im Klub läuft, kommt alles andere von allein. Wir haben mit der Schweiz bereits zwei gute Spiele in der Qualifikation bestritten, aber es stehen noch vier weitere an. Wenn ich hier gute Leistungen zeige, werde ich auch im Nationalteam performen und hoffentlich gemeinsam als Land Erfolg haben.

AJ: Sie haben beim FCA für fünf Jahre unterschrieben. Was sind Ihre Ziele für diese Zeit?

Rieder: Ich möchte das Maximum erreichen, aber ich denke nicht zu weit in die Zukunft. Mein Ziel ist es, jeden Tag hierherzukommen und mein Bestes zu geben. Dann wird sich zeigen, wozu wir fähig sind und was wir gemeinsam erreichen können.

Interview: Johannes Kaiser

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