Was ist hier vor 100, 200 oder vielleicht 400 Jahren passiert und wie finde ich es heraus? Das sind Fragen, die sich viele Menschen stellen. Sonja Ammer, begeisterte Sondengängerin, Mutter von zwei Kindern, mit einer Leidenschaft für Autos und Geschichte, findet immer wieder Hinweise, die Antworten auf diese immerwährenden Fragen geben können.

Bei der Sondengängerei handelt es sich um nichts anderes als die Suche nach historischen Artefakten im Boden, ein Hobby, das in den vergangenen Jahren immer beliebter geworden ist. Bereits seit fünf Jahren sucht Sonja Ammer, nachdem sie in den Jahren zuvor in ihrer Freizeit viel als Model aktiv war, regelmäßig in ihrer Freizeit nach Schätzen. Mit Schätzen sind hierbei keine wilden Abenteuer à la Indiana Jones gemeint, sondern das Aufspüren kleiner Gegenstände in der Natur in bis zu 40 Zentimetern Tiefe. Dies gelingt meist mithilfe eines Metalldetektors und eines Spatens. Damit ausgerüstet begibt sich Sonja an Wochenenden oft über viele Stunden auf irgendwelche Äcker in der Nähe der Fuggerstadt. Warum tut sie das? „Es ist einfach mein Hobby, klar hätte ich mir auch ein anderes suchen können, aber nachdem es alles vereint, was mich interessiert, ist es ein idealer Ausgleich für mich. In erster Linie finde ich die Geschichte spannend, dazu bin ich an der frischen Luft, muss mit niemandem reden, bin für mich. Das finde ich super“, erzählt die 48-Jährige im Gespräch mit dem Augsburg Journal.

Sonja Ammer: Der Bayernatlas ist meine Bibel

Also einfach Metalldetektor und Spaten schnappen und drauflos graben? So einfach ist es dann doch nicht. Es gibt viele Regeln zu beachten, in erster Linie das Wo. Um das herauszufinden, blickt man im Freistaat am besten in den BayernAtlas. „Der BayernAtlas ist meine Bibel, dort ist genau eingezeichnet, an welche Orte man nicht hindarf.“ Allgemein ist die Recherche ein wichtiger Teilaspekt des vielseitigen Hobbys. Um dann wirklich mit dem Suchen und Graben beginnen zu können, benötigt man die Genehmigung des jeweiligen Landwirtes. Das ist in den meisten Fällen allerdings kein Problem. „Man spricht einfach den Landwirt auf seinem Traktor an, erklärt sein Hobby und fragt, ob man auf dessen Feldern suchen darf. Im ersten Moment schauen sie oft etwas komisch, aber weggeschickt wird man nur selten.“

Einmal auf dem Acker, beginnt die eigentliche Herausforderung: das Auffinden von verborgenen Münzen, Gegenständen oder ähnlichem, für das sich Sonja Ammer bereits in ihrer Kindheit begeisterte. „Als ich fünf war, hat sich mein Vater von einem Bekannten mal einen Metalldetektor ausgeliehen. Da waren wir bei uns hinterm Haus mal auf dem Acker. Das fand ich super spannend, danach habe ich es etwas aus den Augen verloren.“ Seit 2019 geht das nebenberufliche Model seiner Leidenschaft aber wieder verstärkt nach. „Es ist wie beim Überraschungsei. Spannung, Spiel und wenn was Gutes dabei herauskommt, noch eine Belohnung“, erklärt sie. Wie oft man etwas findet, hängt dabei hauptsächlich von der gewählten Location ab: „Auf manchen Äckern gräbt man zehn mal und findet fünf mal etwas Gutes. Auf manchen gräbt man 30 mal und findet nur einmal etwas Gutes, das schwankt.“ Am besten seien jedoch stadtnahe Flächen, „weil da in der Vergangenheit viel passiert ist.“

Mit der beste Fund war ein silberner Augustus Denar

Wirklich besondere Funde passieren selten, doch wenn, dann ist die Freude natürlich umso größer. Mit das Beste, was Sonja fand, war ein silberner Augustus Denar. „Ich stehe einfach auf Funde aus der Römerzeit, das war etwas extrem Besonderes für mich.“ Für diese Art außergewöhnlicher Funde besteht in Bayern eine Meldepflicht. Seit Mitte 2023 trat jedoch eine nicht nur in Sondengängerkreisen scharf kritisierte Gesetzesänderung in Bayern in Kraft. Während zuvor die hadrianische Teilung galt – alle Funde gehören zu einer Hälfte dem Finder, zur anderen dem Landbesitzer – gehen nun alle wissenschaftlich relevanten Funde an den Staat. Eine Belohnung bei Funden gibt es nur noch bei einem Wert von über 1000 Euro, bei Entdeckungen unter diesem Wert erhält man praktisch nichts. Zudem landen die Funde meistens nicht in Ausstellungen oder Museen, sondern beim Amt in verschlossenen Kisten. Die Augsburgerin wünscht sich daher ein System, das sowohl den historischen Wert der Funde würdigt als auch die Leidenschaft derer, die sie entdecken. Denn am Ende, so betont sie, geht es nicht um den materiellen Wert, sondern um die Geschichte und die Verbindung zur Vergangenheit.

Ihre Leidenschaft, die im Übrigen nichts mit illegaler Grabräuberei gemein hat, wie Kritiker oft anbringen, teilt Sonja nicht nur mit ihrem Partner und engen Freunden, sondern auch in der digitalen Welt via Facebook und Instagram (@silverella_q). Dort präsentiert sie ihre Funde und gibt Tipps zur Restaurierung. „Unters Wasser halten und bürsten, das kann jeder. Aber damit zerstört man die Patina der Objekte. Also mache ich ausschließlich Trockenreinigung“, erklärt sie. Allen Neulingen rät sie, das Hobby nicht aus monetären Gründen zu betreiben. „Das Wichtigste ist, dass man sich für das, was man findet und dessen Herkunft interessiert.“

Und das tut Sonja Ammer. Einst schritt sie unter anderem als erstes tätowiertes Model für Hunkemöller über die Laufstege, mittlerweile wandelt sie mit ihrem Hobby durch die Zeit. jk

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