Jubelgesänge, Sektdusche, Konfettiregen – gerne darf es heutzutage etwas mehr sein, wenn es etwas zu feiern gibt. Weder Jubelgesänge, noch Sektdusche, auch keinen Konfettiregen gibt es in Friedberg. Zwar hat Augsburgs östliche Nachbarstadt jetzt amtlich die 30.000-Einwohner-Marke überschritten, lag zum Stichtag 31. März bei genau 30.011 Bürgerinnen und Bürgern. Bei vielen Verantwortlichen überwiegt aber die Skepsis. Bei der kommenden Kommunalwahl am 8. März 2026 dürfen – oder müssen – die Friedberger laut bayerischer Gemeindeordnung 40 statt bisher 30 Räte in das Rathaus wählen. Zehn Räte mehr wegen zehn Einwohnern, wenn dieses Zahlenspiel erlaubt sei. Ein unverhältnismäßiger Sprung, wie Bürgermeister Roland Eichmann und Pressesprecher Frank Büschel mitteilen. Sie verweisen auf die Stadt Augsburg: Dort leben 300.000 Menschen, zehnmal so viele wie in Friedberg – und sie werden mit insgesamt 60, gerade 20 Stadträten mehr, vertreten.

Das Missverhältnis von 40 Stadträten bei 30.000 Einwohnern und 60 Stadträten bei 300.000 Einwohnern zeige das Problem: „Ein Mehr an Mandatsträgern ist kein demokratischer Fortschritt. Der Stadt Friedberg kostet das aber viel Geld“, so Büschel.

Die zusätzlichen Kosten beispielsweise für zehn Stadträte mehr und einen dann höher besoldeten Bürgermeister sind nach seinen Worten nicht das Problem. Es sei davon auszugehen, dass die Einnahmen der 30.000-Einwohnerstadt, beispielsweise aus einem steigenden Grunderwerbssteueranteil, dies mehr als aufwiegen.

Die einschneidende Erhöhung der Zahl der Ratsmitglieder kommt bei Bürgermeister Eichmann nicht gut an: „Die in unserem Stadtrat vertretenen Parteien und Gruppierungen lehnen diese Mehrung ab, auch wenn die Gemeindeordnung dies so vorsieht. Unser Appell geht an die Fraktionen des Landtags, diese Regelung dringend zu ändern.“ Der geschäftsleitende Beamte der Stadt Stefan Kreitmeyr weist darauf hin, dass der historische Sitzungssaal damit künftig für die Ratssitzungen nicht mehr ausreiche: „Wir ziehen künftig für die monatlichen Gremiumssitzungen in das Wittelsbacher Schloss um.“

Friedberg als „Große Kreisstadt“ wird positiv aufgenommen

Dem Eindruck, dass Frust aus diesen Zeilen einer Pressemitteilung sprechen könnte, widerspricht Pressesprecher Büschel: „ Es gibt keinen Frust, die prosperierende Entwicklung sehen wir durchwegs positiv.“

Die Vorteile durch den möglichen Status „Große Kreisstadt“, indem die Stadt Friedberg künftig etwa selbstständiger handeln kann, ohne das Landratsamt einbeziehen zu müssen, erkenne man in Friedberg sehr wohl: „Jede Mehrung unserer kommunalen Freiheiten begrüßen wir“, so der Stadtsprecher. Die Entwicklung bedeute nicht nur einen „Image-Gewinn“, sondern auch mehr Selbstständigkeit.

Bereits seit über 30 Jahren habe die Stadtverwaltung die wesentlichen Funktionen einer Großen Kreisstadt als untere Bauaufsichtsbehörde und im Gaststätten- und Gewerberecht freiwillig inne. Hinzu kämen noch einige Aufgaben, z.B. im Bereich des Sicherheitsrechts und als sogenannte untere Verkehrsbehörde.

Bürgermeister Eichmann, der dann den Titel „Oberbürgermeister“ tragen dürfte und dem mit seinen berufsmäßigen Stadträten eine höhere Besoldung zustünde, verweist für diesen Fall gleichzeitig auf aktuell rund eine Million Euro Mehreinnahmen für die Herzogstadt. Genauer beziffern lässt sich das Ganze gegenwärtig noch nicht. Frank Büschel: „Die Mehrausgaben für die Aufwandsentschädigungen und die erhöhte Besoldung für Bürgermeister und berufsmäßige Stadträte sowie der erhöhte Organisationsaufwand für die Ratssitzungen im Schloss sind geringer als die Mehreinnahmen.“ Entscheiden über die „Große Kreisstadt“ darf der nächste Stadtrat 2026.

Allein schon der historische Saal im Friedberger Rathaus (Foto) lohnt das Amt als Stadtrat. Künftig wird er wohl zu klein sein für 40 statt 30 Räte. Die könnten dann ins Friedberger Schloss umziehen – welch ein feudaler Tausch. Foto: Stadt Friedberg/J. Treffler

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