Tim Wohlgemuth wechselte im Sommer vom Deutschen Vizemeister Köln in die Fuggerstadt und bestreitet nun bei den Panthern sein achtes Jahr in der DEL. Das Augsburg Journal bekam einen tieferen Einblick in seine bisherige Karriere und seine Ziele mit den Augsburger Panthern.
AJ: Sie sind in Landsberg am Lech geboren – wie kam dort der Kontakt zu Eishockey zustande?
Tim Wohlgemuth: Wir haben damals tatsächlich schon in Kaufbeuren gewohnt. Meine Eltern sind nur für die Geburt in das Landsberger Krankenhaus gefahren und anschließend wieder zurück. In Kaufbeuren gibt es natürlich einen traditionsreichen Eishockeyverein und irgendwie bin ich da reingerutscht. Die Idee meiner Eltern war, dass ich einfach verschiedene Sachen ausprobieren sollte. Ich habe also angefangen mit Eislaufen und habe auch lange Fußball gespielt und dann war da Eishockey nicht mehr weit weg.
AJ: Wann haben Sie erfahren, dass es für Sie eventuell die Möglichkeit gibt, in der DEL zu spielen?
Wohlgemuth: Das war tatsächlich schon sehr, sehr früh und noch bevor ich überhaupt Profispiele gemacht habe. Ich weiß, dass Larry Mitchell damals bei einem Spiel zugesehen hatte, als ich noch DNL gespielt habe. Da entstand der erste Kontakt und alles Weitere lief dann natürlich über den Berater. Damals war auf jeden Fall schon Interesse da und als ich dann etwas später meine ersten Profispiele gemacht habe, ist es schnell konkreter geworden.
Tim Wohlgemuth: „Auf jeden Fall wollte ich wieder etwas näher in Richtung Heimat“
AJ: Mit Köln konnten Sie letztes Jahr die Vizemeisterschaft feiern. Wie haben Sie diesen Moment erlebt?
Wohlgemuth: Sehr, sehr intensiv. Die Playoffs letztes Jahr waren so unfassbar nervenaufreibend. Die ersten zwei Runden gaben mir das Gefühl, dass jedes Spiel vier Stunden dauerte und sich immer länger zieht. Jeder Puck wird umkämpft wie noch nie und bis zu dem Punkt, als wir am Ende ein bisschen eingeknickt sind, war es auf jeden Fall das intensivste Eishockey, das ich je gespielt habe.
AJ: Was waren die Hauptgründe für den Wechsel zu den Panthern?
Wohlgemuth: Auf jeden Fall wollte ich wieder etwas näher in Richtung Heimat. Bayern war daher für mich gesetzt. Zudem wusste ich, dass Augsburg eine schöne Stadt ist. Meine Eltern haben hier studiert und ein Teil meines Freundeskreises studiert hier immer noch. Daher kannte ich die Stadt schon, kenne mich relativ gut aus und hatte das Gefühl, dass es auf jeden Fall ein Schritt nach vorne sein könnte.
AJ: Hat es für Sie eine Rolle gespielt, dass Alexandre Grenier ebenfalls von Köln nach Augsburg wechselte?
Wohlgemuth: Ich glaube, er ist sehr viel später nach Augsburg gekommen als ich, weswegen es für mich keine Rolle gespielt hat. Ich habe mich natürlich gefreut, weil ich denke, dass er ein super Teilstück unserer Mannschaft ist. Man könnte ihn als das letzte Puzzlestück bezeichnen, welches dem Team noch gefehlt hat. Ich denke, dass er in den letzten Jahren so viel auf dem Eis gezeigt hat, dass man weiß, dass man hier einen der Topspieler unserer Liga geholt hat.
AJ: Wie waren die ersten Eindrücke vom Trainerstab und dem Umfeld?
Wohlgemuth: Sehr kompetent! Ich hatte sofort das Gefühl, dass wir mit Bill Peters und Thomas Dolak zwei Trainer haben, die so viel vom Eishockey verstehen, wie vermutlich nicht viele. Ich denke, dass wir sehr froh sein können, so ein gutes und kompetentes Trainerteam zu haben.
„Ich denke, dass wir halbwegs zufrieden sein können.“
AJ: Hat es einen Einfluss auf das Spiel, wenn man sich mit Mitspielern auch privat gut versteht?
Wohlgemuth: Es macht’s natürlich einfacher, wenn man harmoniert. Aber am Ende sind Sie Profi und müssen mit jedem spielen können. Ich hatte das Gefühl, dass ich mit Alexander Blank eine super Chemie hatte auf dem Eis, bin aber auch mit meiner jetzigen Reihe super zufrieden und habe auch hier das Gefühl, dass eine gute Harmonie herrscht.
AJ: Wie würden Sie Ihren Spielstil beschreiben? Wo liegen Ihre Stärken?
Wohlgemuth: Ich denke, dass ich auf dem Eis viel Speed habe und diesen auch gut umsetzen kann. Ich bin relativ kreativ und habe mittlerweile auch sehr gut verstanden, wie man sinnvolles Eishockey spielt. Das heißt, eine Idee zu haben und diese umzusetzen, ohne zu abgefahren zu werden. Daher glaube ich, dass ich mittlerweile einen ziemlich erwachsenen Spielstil habe. Ich glaube aber nicht, dass ich einen Bereich hatte, in dem ich wahnsinnig ausgefallen war. Es war eher so, dass ich schon immer in allen Bereichen halbwegs zufriedenstellend war und das meiste dann mit einem guten Spielverständnis gemacht habe. Damit bin ich eigentlich ganz gut gefahren. Wenn mich jetzt jemand im Winter auf dem See sehen würde, würde er vermutlich nicht sagen, dass hier gerade jemand mit super Stickhandling oder ein wahnsinns guter Schlittschuhläufer unterwegs ist. Aber ich denke, dass ich aus allem das Beste mache.
AJ: Wie würden Sie die bisherige Saison beschreiben?
Wohlgemuth: Ich denke, dass wir halbwegs zufrieden sein können. Wir haben die Spiele gewonnen, die wir gewinnen sollten. Wir hätten in dem ein oder anderen Spiel, wenn wir etwas konzentrierter bei der Sache gewesen wären, sicher noch Punkte holen können. Aber alles in allem denke ich, dass jeder mit dem aktuellen Stand zufrieden ist. Wenn wir uns noch etwas mehr zusammenraufen und konzentrierter spielen, wird man sicher noch einige Spiele gewinnen können. Wir müssen als Team einfach noch stärker zusammenwachsen und zueinanderfinden. Der Instinkt füreinander muss erst entwickelt werden. Man darf über bestimmte Situationen eigentlich gar nicht nachdenken, sondern es muss auf dem Eis einfach passieren. Das kommt allerdings nicht nach ein paar gemeinsamen Trainings, sondern beginnt eigentlich erst so richtig mit dem Ligabetrieb.
„Ich bin ein wahnsinns „Stadt – Land – Fluss“-Spieler“
AJ: Sie waren als Teil der gegnerischen Mannschaft schon einige Male zu Gast im Curt‑Frenzel‑Stadion. Wie haben Sie Stadion und Fans wahrgenommen?
Wohlgemuth: Ich hatte ja das Privileg, mit Ingolstadt hier zu spielen (lacht). Das war auch noch zu einer Zeit, in der Augsburg auf jeden Fall relativ erfolgreich war. Und da haben wir das ein oder andere Spiel in Augsburg auch verloren, da ist die Atmosphäre schon sehr hängen geblieben im Kopf. Auch mit Köln letztes Jahr, als wir 6:3 geführt haben und dann in Overtime noch 6:7 verloren haben – da ist die Bude abgebrannt. Auf der anderen Seite lagen wir beim zweiten Auswärtsspiel 0:3 hinten und haben dann noch 4:3 gewonnen, da war wieder enormes Feuer drin, wenn auch auf eine ganz andere Weise. Wir haben hier ein sehr emotionales Stadion und alles ist sehr authentisch. Die Leute gehen gerne hin und den Fans bedeutet der Verein sehr viel. Das ist in vielen Standorten nicht so ausgeprägt wie hier.
AJ: Beeinflusst Sie die emotionale Atmosphäre während des Spiels?
Wohlgemuth: Definitiv – sowohl positiv als auch negativ. Wenn wir super spielen und in Führung liegen, ist nur Positivität da. Es kann aber auch sein, dass nach ein paar Icings und schlechten Pässen schon die ersten Pfiffe kommen. Das beeinflusst dann natürlich auch. Ich spiele persönlich lieber in so einer Atmosphäre als in toten Stadien, wo man das Gefühl hat, die Leute haben überhaupt nicht verstanden, dass ich gerade einen Fehlpass gespielt habe.
AJ: Haben Sie schon Vorstellungen davon, was Sie nach Ihrer aktiven Zeit machen möchten?
Wohlgemuth: Ich bin mir noch nicht ganz sicher. Ich habe in Köln Bauingenieurwesen angefangen zu studieren und bin dann zu Wirtschaftsingenieurwesen gewechselt. Allerdings bin ich mir ziemlich sicher, dass ich dabei nicht bleibe (lacht).
AJ: Gibt es etwas, das die Fans überraschen würde, über Sie zu erfahren?
Wohlgemuth: Ich bin ein wahnsinns „Stadt – Land – Fluss“-Spieler. Da bin ich wirklich sehr kompetitiv und bin sehr stolz drauf. Das schreibe ich mir wirklich gerne auf meine Kappe. Selbst bei Flüssen – die habe ich nämlich alle von meiner Mama übernommen. Die wusste immer zu jedem Buchstaben einen Fluss bereits auswendig und die habe ich alle übernommen und kann sie auswendig.
Interview: Sport in Augsburg
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