Die Augsburger Fashion-Influencerin Ella lebt ihren Traum. Sie präsentiert mehr als einer Viertelmillion Followern ihre Mode, ihren Lifestyle, ihre Reisen. Kollege Martin aus Mering ist eigentlich im Fitness-Geschäft. Demnächst will er mit Unterstützung einer Firma ein Haus bauen und die Fortschritte auf Instagram posten. Ella, Martin und die anderen Augsburger Influencer liegen voll im Trend.

Mit ihren Personality-Shows in den Sozialen Medien verdienen sie Geld. Influencing ist inzwischen ein Big Business. Acht Milliarden Euro geben Werbetreibende inzwischen weltweit für die Postings der Influencer aus. Die großen Stars sind Kylie Jenner (387 Millionen Follower) oder Ariana Grande (367 Millionen Follower). Aber auch die Augsburger Internet-Stars sind im Geschäft. Warum funktioniert das Marketing über Influencer so gut? Und welche Macht haben sie wirklich? Prof. Dr. Jens Luedtke von der Universität Augsburg weiß mehr darüber.


„Influencer sind eine Begleiterscheinung der Konsumgesellschaft. Auch vor dem Hintergrund, wie man vor anderen konsumiert.“ Es ist das schöne, perfekte Leben, das die Zuschauer erstreben. Schattenseiten werden eher selten gezeigt. Schöne Kleidung, tolle Reisen und ein sportlicher, gesunder Lifestyle stehen im Mittelpunkt ihres Contents. Die 29-jährige Augsburgerin Ella – auf Instagram „@ellabekind“ – erzählt aus ihrem realen Traum: „Ich stelle mir zum Beispiel seit Jahren keinen Wecker mehr und schlafe jeden Tag aus, außer ich muss einen Flug erwischen.“ Doch auch etwas Negatives hat ihr Influencing. „Der einzige Nachteil ist, dass man bei dieser Art von Arbeit so gut wie nie abschalten kann und 24/7 gefühlt online ist. Es läuft eigentlich ganz nach dem Motto: Je mehr du machst und Zeit investierst, desto besser läuft es. Was tricky ist, weil ich immer schlecht aufhören kann und selbst auch sehr viel Instagram konsumiere, um Up to Date zu bleiben und neue Trends zu erkennen.“ Dauerhaft online und gedanklich immer beim nächsten Post also. Für sie ist das trotzdem der perfekte Job.

Ella (29) / @ellabekind: Als Fashion-, Reise- und Lifestyle-Bloggerin begeistert sie auf Instagram 259.000 Menschen.


Mit Weltstars wie George Clooney und Jennifer Anniston sind die Augsburger Influencer nicht zu vergleichen. Doch das Prinzip ist das gleiche: Man postet ein Foto mit einem tollen Fashion-Outfit oder einem anderen Produkt. Und der Hersteller bezahlt dafür. Wenn man mehr als 10.000 Follower hat, können das schon mal mehrere hundert Euro pro Post sein. Ab 100.000 Followern geben Hersteller auch vierstellige Summen aus. Das ist ein gutes Geschäft mit der Popularität.


Der Augsburger Professor Luedtke sieht einen entscheidenden Punkt, weshalb die Werbung auch mit Normalo-Influencern so gut funktioniert: „Menschen suchen sich die Gesellschaft der Ähnlichen. Wenn mir die Person von meinem Habitus her ähnlich ist, bin ich eher bereit, der Person zu folgen und mich auf eine parasoziale Beziehung einzulassen.“ Die Nähe zum Follower ist entscheidend. „Das ist der große Unterschied zu anderen Celebritys, diese wirken nicht so nahbar.“

Martin (34) @martinmichelius: Hauptsächlich Fitness-Content finden seine 190.000 Fans auf seinem Instagram-Kanal.

Anna (37) / @anniigoetze: Auf ihrem Account sehen die 47.900 Follower vor allem Bilder von ihren Reisen.

Ein perfektes Beispiel für Augsburger Influencer sind die Instagram-Stars Anna (@anniigoetze) aus Augsburg und Martin (@martinmichelius) aus Mering. Zwar leben beide das vermeintlich perfekte Leben. Mit unmöglich zu erreichenden Lebensinhalten wird aber nicht geprotzt. Anna zum Beispiel dokumentiert auf ihrem Instagram-Account ihre Reisen. Vor allem das Wandern in atemberaubenden Landschaften und das Baden in einsamen Bergseen ist bei ihr zu finden. Das sind alles erreichbare und authentische Ziele für „Normalos“. Martin geht neben den Fitness-Postings neue Wege. Im nächsten Jahr wird er mithilfe einer Firma ein Haus bauen und auf einem eigenen Instagram-Kanal jeden Schritt posten. Hausbau – das betrifft die meisten mindestens einmal im Leben.
Aber welche Zielgruppe interessiert sich für diese Internet-Stars? „Die Hauptzielgruppe von Influencern sind ältere Kinder, Jugendliche bis hin zu Anfang 30-Jährigen.“, erklärt Professor Luedtke. Die jüngere Generation also, die oftmals nicht mehr über klassische Medien erreichbar ist. „Influencer gelten bei jungen Menschen als hoch vertrauenswürdig. Über die Hälfte bis zwei Drittel der Jugendlichen geben an, dass Influencer für sie eher oder sehr vertrauenswürdig sind.“ Trotzdem ist die Zielgruppe bei jedem ein wenig anders. „Ihr Kapital liegt darin, ihre Leute gezielt anzusprechen. Film-, Musik- und Sportstars richten sich an ein Massenpublikum, Influencer an ein Nischenpublikum“, fügt der Professor hinzu.
Das zeigt sich auch bei den Augsburger Content-Creatern. Cécile (@flipper_theodora) zum Beispiel versucht für eine ganz bestimmte Zielgruppe da zu sein. „Bei mir findet man Curvy Mode-Inspirationen, ein bisschen Lifestyle und meinen authentischen Mama-Alltag“, sagt die 36-Jährige. Also nicht das klassische „perfekte“ Bild.

Cornelia Charlotte (60) @cochastyle: Neben Reisen, Fashion
und Beauty postet sie Anti-Aging-Themen für ihre 83.800 Follower.
Berna (23) / @kurtberna: Ihre 65.800 Follower haben Spaß an Pärchen-Content und Fashion-Fotos.
Mona (27) / @monaschafnitzl: Sie teilt ihr Leben voller Reisen, Tanzen und Model-Shootings mit ihren 15.600 Followern.

Auch Cornelia Charlotte (@cochastyle) möchte eine ganz eigene Gruppe von Menschen repräsentieren. Für die 60-Jährige ist es wichtig, ihre Generation zu spiegeln: „Als ich die Welt der Fashionblogger entdeckt habe, konnte ich nichts Entsprechendes für mich finden. Die jungen Bloggerinnen waren zu jung, die älteren zu altbacken. Dann bin ich einfach selbst gestartet“.
Ein Leben mit Luxus, Reisen und Schönheit ist und bleibt für viele erstrebenswert. Model-Shootings wie die von Mona (@monaschafnitzl) bleiben in den Sozialen Medien beliebt, ebenso wie Pärchen Content von der TikTokerin Berna (@kurtberna). Dass bei dem Konsum von Instagram, TikTok und Co. oftmals versteckt auch Werbeinhalte vorkommen, ist mittlerweile normal. „Innerhalb des Influencerkosmos findet eine Verschiebung von der Kommerzialisierung zu anderen gesellschaftlichen Themen statt, wie Politik oder Ratgeber für den Alltag“, analysiert Luedtke.
Die Augsburger Influencer nutzen ihre Reichweite vor allem, um schöne Fotos zu verbreiten. Monas Urlaubsbilder sind einfach schön. Bernas Hochzeitsbilder im weißen Kleid wärmen das Herz. Martin und Anna motivieren zum Sport und einem aktiven Lebensstil. Und Menschen wie Cécile und Cornelia Charlotte sind für ihre Follower eine Inspiration. Solange das Interesse bei den Zuschauern und die Motivation bei den Influencern da sind, können die Augsburger ihren Traum leben. Wie Ella so schön sagt: „Instagram werde ich aber denke ich nie aufgeben, da es mir viel zu sehr Spaß macht!“

Cécile (36) / @flipper_theodora: Insgesamt 35.200 Menschen verfolgen ihren Mama-Alltag und ihre Curvy-Model-Inspirationen.

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