Die Augsburger Musikerinnen Aleyna, 23, und Kokonelle, 30, starten gerade musikalisch durch. Und stehen dabei für Haltung, Sichtbarkeit und Ehrlichkeit. Im Gespräch mit dem Augsburg Journal wird schnell klar: Hier treffen Tiefgang und Empowerment aufeinander – mit viel Herzblut und einer klaren Vision.
Aleyna Ludwig fällt auf – durch ihre Texte, ihre Stimme und die emotionale Tiefe in ihrer Musik. „Ich hatte noch nie das Gefühl, dass ich mich durch meine Songs auf eine negative Art verletzlich mache“, sagt sie. Im Gegenteil: „Es fühlt sich für mich eher sehr stark an, wenn ich einfach sage, wie ich mich gefühlt habe.“ Ihre Lieder entstehen oft aus intensiven Gefühlen: „Manchmal ist es einfach Wut oder Trauer – diese überschäumenden Emotionen verarbeite ich lieber in einem Song, als sie runterzudrücken.“
Auf Social Media erreicht Aleyna viele Menschen – auch mit Poesietexten
Auf Social Media erreicht Aleyna viele Menschen – nicht nur mit ihrer Musik, sondern auch mit Poesietexten. Die Rückmeldungen dort seien oft sehr emotional, viele Menschen schätzten die Ehrlichkeit und Direktheit ihrer Texte. Als Vorbild nennt sie die deutsche Singer-Songwriterin Lea.
Aleyna nimmt an der BY.on-Spitzenförderung teil – ein Netzwerkprogramm für Nachwuchstalente in Bayern. „Da gibt es tolle Coachings und der Austausch mit anderen Künstlerinnen und Künstlern ist super wertvoll“, erzählt sie. Erste gemeinsame Projekte seien bereits in Arbeit. Die Sängerin steht regelmäßig auf Veranstaltungen der V-Partei auf der Bühne. Warum? „Ich finde eigentlich alles, was die machen, sehr gut“, sagt sie. Obwohl sie kein Mitglied ist, ist sie überzeugt von der politischen Arbeit und dem Werteverständnis der Partei.
Auch prominente Stimmen haben Aleynas Talent erkannt: „Das war schon cool“, sagt sie über den Moment, als Mark Forster sie im TV lobte. „Ich hab mich echt gefreut, dass das hängen geblieben ist.“
Anders stark ist Kokonelles künstlerische Stimme – ihre Musik verbindet Hip-Hop, RnB, Afro und Soul. Aufgewachsen im Kongo, war sie früh von Musik umgeben. „Meine ersten Vorbilder waren Makoma, eine kongolesische Gospelgruppe – ich fand sie als Kind schon mega cool.“ Später kamen Künstlerinnen wie Beyoncé und Missy Elliott dazu. Besonders beeindruckt habe sie Nicki Minaj, nicht nur wegen ihres Business-Mindsets: „Da habe ich gemerkt: ‚Okay, Hip-Hop can be different, can be female too.‘“
Kokonelle will mit allem, was sie tut, Emotionen, Erfahrungen, Ungerechtigkeiten sichtbar machen
Kharis Ikoko, wie sie bürgerlich heißt, ist in ihrer Musik politisch und persönlich zugleich: „Ich finde, egal was du als Artist machst – es sollte etwas sichtbar machen. Emotionen, Erfahrungen, Ungerechtigkeiten.“ Kokonelle ist auch Bildungsreferentin und engagiert sich in der politischen Bildungsarbeit. Ihr Ziel: „Dekonstruktion von Machtstrukturen, Empowerment und Safe Spaces für BIPOC.“ Dabei hilft ihr die Musik: „Wenn ich singe, werde ich mehr gehört, als wenn ich einfach nur spreche.“ Kunst sei ein Mittel, um wichtige Themen zugänglich zu machen – auch für Menschen, die sich sonst nicht damit auseinandersetzen würden. Sie schreibt und spricht auf Lingala, Französisch, Englisch und Deutsch. In welcher Sprache sie träumt? „Keine Ahnung“, lacht sie. „Vielleicht Deutsch, vielleicht einfach in Gefühlen.“
Obwohl Aleyna und Kokonelle musikalisch aus unterschiedlichen Richtungen kommen, harmonieren sie auf der Bühne. Wie bei der „brechtbühne un/plugged“ mit den Augsburger Philharmonikern, zusammengebracht hat sie dafür Girisha Fernando. Kokonelle: „Das Coolste war, dass es trotzdem funktioniert hat, dass wir so unterschiedliche Musik machen und viele gesagt haben, irgendwie hat sich das ergänzt auf unterschiedlichen Art und Weisen.“
Kokonelle begann ihre Bühnenkarriere in der Schulband der Konradin-Realschule in Friedberg
Beide Künstlerinnen standen schon früh auf der Bühne. Aleyna erinnert sich an die Vorspielabende ihrer Klavierlehrerin. Kokonelles Bühnenstart war in der Schulband an der Konradin-Realschule in Friedberg: „Meine Lehrerin hat mir damals gesagt, ich solle erst mit besseren Noten wiederkommen“, lacht sie. „Ein Jahr später war ich dann dabei – und wir waren auf einem auch technischen Niveau, das mir für heute viel gebracht hat.“
Und peinliche Auftritte? Kokonelle erinnert sich an einen Moment, in dem sie komplett den Text vergaß und muss lachen: „Ich hab einfach gezählt und mit blabla überbrückt – die Leute haben es nicht gemerkt.“ Aleyna sieht das gelassen: „Wenn man ehrlich ist und vielleicht sogar sagt, dass man den Text vergessen hat, finden die Leute das meistens sympathisch.“
Kokonelle wohnt inzwischen in München, Aleyna ist zwischen Augsburg und Berlin, wo ihr Label sitzt, unterwegs. Trotzdem bedeutet ihnen die Stadt viel: „Es gibt hier einfach viele tolle Menschen“, sagt Kokonelle. Vom Grandhotel Cosmopolis, ihrem Lieblingsort in der Stadt, habe sie viel Support bekommen. Aleyna: „In Berlin sind gefühlt Millionen, die das Gleiche machen wie ich. Und ich mag es sehr gerne, von Berlin nach Hause zu fahren.“ Und obwohl beide in der Musikszene unterwegs sind, ist der Rückhalt aus Familie und Freundeskreis wichtig: Wenn größere Auftritte anstehen, kommen sie mit.
Und können die beiden von der Musik leben? „Es wird immer mehr“, sagt Kokonelle vorsichtig. „Aber im Moment ist die Bildungsarbeit noch ein wichtiger Teil meines Einkommens.“ Beide erleben noch: Sie stecken viel rein und bekommen oft, zum Beispiel auf kleineren Festivals, dann nicht einmal die Kosten gedeckt. Trotzdem: Die Stars von morgen machen weiter – für sich selbst, für ihr Publikum, für die Botschaft.
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