Maximilian Schlichter war Gitarrist und Sänger einer der bekanntesten Teenie-Bands Deutschlands: den Killerpilzen. Heute, mit 36 Jahren, ist er immer noch musikalisch aktiv und als Popularmusikbeauftragter beim Bezirk Schwaben Mentor und Netzwerker – zwischen Festivals, Nachwuchsbands und Fördergeldern.

Schlichter ist seit 2020 der erste Popmusikbeauftragte in Schwaben. „Das hatte total den Reiz, eine Stelle neu zu entwickeln, Strukturen aufzubauen, neue Netzwerke zu knüpfen“, sagt er. Heute coacht er Musiker in allen Phasen ihrer Karriere: von der ersten Songidee bis zur Release-Strategie. Dabei geht es nicht nur um Musik, auch um Fragen wie: Wie bleibe ich mental gesund im Dauerfeuer von Social Media? Wie viel Persönliches muss ich preisgeben? „Früher gab die Home-Stories in der Bravo. Da konnte man aber auch sagen: ‚Das mache ich nicht.‘ Und das hat schon in vielen Teilen sehr Einzug gehalten in die privaten Wohnzimmer.“

„Ich erzähle von meinen Erfahrungen – aber es gibt nicht diesen einen Masterplan“, sagt er. Jede Künstlerbiografie sei individuell. Schlichter ist ein Austausch auf Augenhöhe wichtig, und er freut sich immer über neue Begegnungen. Manche Bands und Solomusiker begleitet er enger, andere kommen nur punktuell auf ihn zu. Bei ihm sind erst mal alle willkommen. „Ich will niemanden vorsortieren. Manche bringen viel Talent mit, andere viel Fleiß – beides kann zum Ziel führen.“ Der Weg dorthin kann ein langer sein: „So eine Karriere ist meistens nicht von null auf 100, sondern eher ein Marathon als ein Sprint und darauf muss man sich einstellen.“

50 Festival-Slots beim Modular-Festival organisiert

Die individuelle Beratung ist ein Teil seiner Arbeit. Vor allem baut Schlichter Strukturen auf: Er vernetzt lokale Festivals („Zusammen sind wir auch ein South Side“), organisiert Netzwerktreffen, bringt Förderprogramme auf den Weg und setzt sich für mehr kulturelle Teilhabe ein. „Gerade Popkultur und Festivals sind ein wahnsinniger Kitt für unsere Gesellschaft und es spiegelt auch unsere Gesellschaft wider in all ihrer Diversität. Gerade für junge Menschen sind das oft Highlight-Momente.“ Für Festivals bedeutet das: mehr Inklusion, niedrigere Hürden, diverse Perspektiven – auch in den Teams. Ein weiteres Beispiel: Gemeinsam mit dem Bezirk hat Schlichter in diesem Jahr 50 Festival-Slots für Nachwuchskünstler organisiert – darunter das Modular-Festival in Augsburg, für das er zusammen mit Maria Trump, der Popkulturbeauftragten der Stadt, 12 Acts aus der Region kuratiert hat.

Online rief er die Plattform „ZEIX DIR!“ ins Leben. Er produziert dafür etwa Masterclasses mit Künstlern wie Jennifer Rostock. Und dort können sich Künstler, Veranstalter und Studios präsentieren und finden – inzwischen sind über 250 Einträge dabei.

Dass er der Richtige für diesen Job ist, zeigt seine Biografie: Mit den Killerpilzen tourte er 17 Jahre lang durch viele Länder, hatte einen Major-Plattenvertrag. Als der große Hype vorbei war, bauten sie ein eigenes Label auf, setzen auf Crowdfunding. Er weiß, wie wichtig es ist, Kontakte zu pflegen. Und Schlichter absolvierte eine dreijährige Ausbildung an der Berufsfachschule für Musik in Krumbach.

Max Schlichter: „Haben eine tolle Szene – auch auf dem Land.“

Noch vor seiner Zeit als Popmusikbeauftragter wurde Schlichter ausgezeichnet, mit dem Musikförderpreis des Bezirks. „Ich habe mich sehr gefreut, dass ich der erste Künstler war, der im Bereich der Popmusik gefördert wurde, und es im Nachgang auch wieder Preisträger im Bereich der Popkultur gab.“ Ausgezeichnet wurde er für das Projekt Two Passengers, das er mit dem Gitarristen der Fantastischen Vier, Markus Birkle, gründete. „Kitsch ohne Kitsch“, nennt der Musiker, Komponist und Produzent den Stil. Vier Jahre waren sie dafür im Studio in Stuttgart, er hat die Texte mit der Augsburger Regisseurin Leonie Pichler geschrieben – ein echtes Liebhaberprojekt. Die neue Single „Ice Cream“ ist vor Kurzem erschienen. „Der ist wahnsinnig eingängig und schön, aber natürlich spiegelt der Song auch eine wahnsinnige Konsumkritik“, sagt Schlichter. Er geht trotzdem oft mit seinen Kindern Eis essen. Seine Lieblingssorte? „Pistazie. Oder Spaghetti-Eis, wenn es richtig gemacht ist.“ Schlichter lebt mit seiner Familie in Dillingen an der Donau. Dass man Popkultur nicht nur in Berlin oder Hamburg finden muss, ist ihm wichtig. „Wir haben hier eine tolle Popkultur-Szene – auch im ländlichen Raum siedeln sich immer mehr Sachen an“. Und ergänzt: „Popkultur oder Kultur an sich ist ein Standortfaktor.“

Und ein Comeback der Killerpilze? „Aktuell nicht geplant“, sagt Schlichter. Kontakt zu den anderen Killerpilzen hat er noch, auf dem Donauside Festival spielten sie zuletzt regelmäßig. Der Fokus liegt auf neuen Projekten. Die Leidenschaft ist geblieben. „Popkultur kann Begegnung schaffen, Gemeinschaft stiften – und ist in meinen Augen auch demokratiebildend“, ist der Musiker überzeugt.

Max Schlichter beim Augsburg Journal-Interview. Stilecht mit einer Tasse mit dem Wappen des Bezirks Schwaben.

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