Jeder, der in Augsburg schon einmal etwas mit Kanu-Sport zu tun hatte, der ist Marianne Stenglein wissentlich oder unwissentlich schon einmal begegnet. Die 74-jährige Augsburgerin verkörpert Augsburger Kanu-Tradition wie wenige andere. Bei den Olympischen Spielen in Paris erfüllte sie sich einen großen Traum – als Volunteer, also als freiwillige Helferin, durfte sie das Großereignis hautnah erleben.
„Ich war bis jetzt bei Olympia nur Zuschauerin, jetzt wollte ich es mal von der anderen Seite sehen“, erzählt Marianne Stenglein im Gespräch mit dem Augsburg Journal begeistert. Dass sie im Alter von 74 Jahren bei der Auswahl der 45.000 Freiwilligen noch berücksichtigt wurde, freute sie natürlich, war aber auch eine Zitterpartie. Fast eineinhalb Jahre dauerte es, bis die Zusage kam. Dank ihrer Mitgliedschaft bei der Deutsch-Französischen Gesellschaft und die Bekanntschaft mit der Präsidentin Lydie Boutquin klappte es sogar mit einer kostenfreien Unterkunft. Diese lag in Puteaux. „Es war eine tolle Sache. Mit der Schnellbahn war ich in 43 Minuten in Torsi“, berichtet Stenglein, die meist nachmittags Dienst hatte. Ihre Aufgaben als Mitglied des Transport-Teams waren vielseitig: „Ich habe die Busse im Olympischen Dorf koordiniert und dafür gesorgt, dass nur Berechtigte mitfahren.“ Besonders freute sie sich darüber, die Slalom-Kanuten regelmäßig zu treffen.
Doch nicht nur die Sportler, auch hochrangige Politiker kreuzten Stengleins Weg. So auch der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz. Mit diesem hatte sie sogar kurz die Gelegenheit zu reden und ein Foto aufnehmen zu lassen. „Ich habe ihm gesagt, darf ich ein Bild von Ihnen machen, da hat er entgegnet: Nein, nein, wenn dann nur zu zweit.“
Als Olympia Volunteer freute sich Marianne Stenglein die Wettkämpfe zu sehen
Dass sie neben ihren Aufgaben auch die Gelegenheit hatte, die Wettkämpfe zu sehen, war für Stenglein ein großes Highlight. Besonders beeindruckt war sie von den Kajak-Cross-Läufen, bei denen Noah Hegge die Bronzemedaille gewann. „Beim Kajak-Cross durfte ich zum Zuschauen sogar auf die Tribüne“, erinnert sie sich.
Mit ihrer Arbeit und der allgemeinen Atmosphäre in Paris war Stenglein rundum zufrieden. „Es war spannend und toll. Schade war, dass Sideris Tasiadis im Canadier Einer Vierter wurde. Der vierte Platz kommt mir immer etwas zu wenig zur Geltung.“ Dennoch zeigte sie sich zufrieden mit der Augsburger Medaillen-Ausbeute mit einer Silber- und einer Bronzemedaille. Bitter lief es hingegen für Ricarda Funk. Die Goldmedaillen-Gewinnerin von Tokyo hatte sich für Paris hohe Ziele gesteckt, aber eine Medaille verpasst. „Bei der Ricarda war es volles Pech. Kanuslalom ist ein Vabanque-Spiel, und leider hat es nicht geklappt.“
Ebenfalls wohl nicht klappen wird es für Marianne Stenglein mit einer Teilnahme als Volunteer bei den nächsten Olympischen Sommerspielen in Los Angeles – nicht aber, weil sie abgelehnt werden würde, sondern auf ihren eigenen Wunsch hin. Paris soll eben eine einmalige Erfahrung bleiben. jk
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