Der wilde Westen – lag doch so viele Jahre direkt vor unserer Haustüre! Fred Rai, der singende Cowboy, hat mit seiner 1980 in Dasing gegründeten „Western-City“ die Kindheit und Jugend vieler Augsburger und Augsburgerinnen, aber auch etlicher auswärtiger Gäste, nachhaltig geprägt. Und noch immer reitet der charmante Haudegen durch die Erinnerungen so vieler, inzwischen „mittelalterlichen“, Fans. Wie er mit seinem Pferd „Spitzbub“ – von dem es tatsächlich nur drei Generationen gab – nicht nur in seinen Dasinger Saloon forsch hineingaloppierte, sondern auch bei Bällen und Shows im „Drei Mohren“ (das damals noch so heißen durfte) oder in die Kongresshalle (die damals auch noch so hieß) singend hineinstürmte. Spitzbub stets mit Gummischuhen an den Hufen, Rai lässig die Zügel in der einen, das Mikro in der anderen Hand – von Kopf bis Fuß im Cowboy-Look.
2005 gründete er dann sogar die „Süddeutschen Karl-May-Festspiele“, die er mit seinem Team über viele Jahre in der Dasinger Arena aufführte – als Organisator und Hauptdarsteller, inmitten seines stetig erweiterten Freizeitparks mit Indianer-Tipis, Hufeisen-Wurfringen, einer „Memorial Hall“ oder auch dem berüchtigten „Jail“ – wo man sein persönliches „Most Wanted“-Poster direkt mitnehmen durfte.
Ab 2015 ging’s mit dem romantischen Western-Feeling bergab. Tragisch eingeläutet vom überraschenden Tod des Gründers, Machers und Innovators Fred Rai. Der als Manfred Raible in Baden-Württemberg geborene Cowboy-Star starb mit 73 Jahren den Tod, der ihm vorbestimmt schien – er fiel vom Pferd, vermutlich aufgrund eines Schlaganfalls. Und damit verglühte auch der Fixstern dieser wunderbar-romantischen Wildwest-Illusion.
Das eingeschworene Team wollte das Vermächtnis ihres Idols zwar am Leben halten, doch ein familiärer Erbstreit sowie mehrere Brände und zuletzt die Pandemie machten dem Versuch gleich mehrere Striche durch die Rechnung.
Western-City Dasing: Rai-Reiten überdauerte die Krise
Nur eine – dem tierlieben Fred Rai sehr am Herzen gelegene – Sache überlebte den Niedergang. Volker Waschk (43), ein langjähriger Mitstreiter von Fred Rai auf dessen Western-City, hatte den Reitbetrieb mit dem vom Pionier erfundenen gewaltfreien „Rai-Reiten“ über die Krise des Verfalls gerettet. Elf Pferde beheimatet der Rai-Reitstall heute, den er inzwischen mit seiner 22-jährigen Lebensgefährtin Lena Faßbender – selbst in diesem Reitstil ausgebildete Reitlehrerin und Pferde-Physiotherapeutin – betreibt. Neun weitere Tiere sind als Pensionspferde eingestellt.
Lena, die Fred Rai naturgemäß nur als Kind erlebt hat – und „immer ein bisschen Angst“ vor ihm hatte – lebt gemeinsam mit Volker nun dessen Traum weiter. Im deutschsprachigen Raum gibt es rund 25 „Rai-Reitbetriebe“. Rund 200 aktive Reitschüler pro Woche unterrichten die beiden, die privat in Aichach wohnen. Zu den begeisterten Fans gehört auch die 9-jährige Victoria, die mit ihrer Mama Martina Wacker dreimal pro Woche aus Friedberg zu ihrem Beteiligungspony „Hidalgo“ kommt. „Das Schöne ist hier, es geht nicht nur ums Reiten, sondern ganz stark auch um die Beziehung zum Pferd. Vici macht zum Beispiel auch Bodenarbeit mit Hidalgo, hat beim Putzen viel Spaß mit ihm. Das gefällt uns richtig gut“, schwärmt die Mama.
Auch wer mit Pferden wenig anfangen kann, kann in Dasing schon heute tierischen Spaß haben. Volker und Lena haben eine kleine Herde Alpakas angeschafft, mit denen sie inzwischen zusätzlich ein florierendes „Alpaka-Wander-Business“ betreiben. Eine gute Alternative zum Reitbetrieb, die bislang ebenfalls Interessierte – auch ohne Western-City – nach Dasing lockt.
Gemeinderat mehr als wohlwollend
Doch bald soll alles noch viel besser werden. Die ehemalige Western-City erwacht nämlich zu neuem Leben! Dort, wo momentan so ziemlich alles abgerissen ist und Baustellen-Atmosphäre herrscht, soll bald ein ganz neuer Freizeitpark entstehen. Der „Game-Changer“ für die Auferstehung der Western-City ist der oberbayerische Investor Thomas Hofreiter, der aus dem Gelände ein ganz neues Paradies fürs Freizeit-Vergnügen schaffen will: „Hofis Erlebnispark“. Der Landwirt aus Hollenbach gehört zum Familienbetrieb Hofreiter, der mittlerweile in dritter Generation mit „Beeren-Cafés“ rund um München erfolgreich ist – teilweise auch dort schon mit angrenzendem Abenteuerspielplatz oder Maislabyrinth. Thomas Hofreiter: „Unser Plan ist, einen Ort zum Entspannen und Wohlfühlen zu schaffen, für die ganze Familie.“
Die Pläne für das Vorhaben, das vielleicht sogar schon bis Ende 2025 realisiert werden soll, waren erst kürzlich Gegenstand der Dasinger Gemeinderatssitzung – und wurden von den Mitgliedern „mehr als wohlwollend“ aufgenommen, so Volker Waschk, der ebenfalls anwesend war – und sich vom Revival eines angrenzenden Freizeitparks, in den Pferde und Alpakas gefühlt integriert würden, freilich Vorteile verspricht
Über eine Sache haben sich Volker Waschk und der 34-jährige Hofreiter, der die Western-City deshalb auch nur „als kleiner Bub“ in Erinnerung hat, aber auch schon verständigt: die Option einer gemeinsamen Western-Show in der Tradition der Süddeutschen Karl-May-Festspiele. Nicht nur Fred Rai würde das, in seinen ewigen Jagdgründen, sehr gefallen.
Anja Marks-Schilffarth
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