Geht’s noch?! Was sind denn das für Aussagen?!“, „Einfach nur UNFASSBAR“ und „wirklich fassungslos“. Die Reaktionen der Spitzensportler auf die Aussagen des Kanu-Bundestrainers fielen heftig aus. Was war geschehen?

Wassermangel auf der Olympiastrecke des Augsburger Eiskanals ist spätestens seit der Kanu-Weltmeisterschaft 2022 ein wiederkehrendes Thema. Damals hing die Austragung dieser prestigeträchtigen Veranstaltung eine Zeit lang in der Schwebe. Noch etwas knapper war es vor zehn Tagen, als der erste Teil der nationalen Qualifikation im Kanuslalom anstand. Zwar konnten für die Wettbewerbstage die nötigen Wassermengen durch den Kanal geleitet werden, Training im Vorfeld war für die Athletinnen und Athleten jedoch nicht möglich. Eine suboptimale Situation, die den Kanu-Bundestrainer Klaus Pohlen in einem Interview mit BR24 zu folgender Aussage verleitete:
„Leipzig ist für uns deutlich attraktiver, Stichwort ‚Eliteschule des Sports‘, das kriegen wir nicht hin in Bayern. Jetzt kommt noch die Wasserproblematik hinzu. Eigentlich kann man den Standort (Augsburg) zumachen.“

Sollte man den Eisknal dichtmachen? Sideris Tasiadis, Elena Lilik und Felix-Loch reagieren

Vor allem der letzte Satz sorgte für Empörung bei Augsburgs Erfolgskanuten Sideris Tasiadis und Elena Lilik. Aber auch der dreifache Olympiasieger im Rennrodeln, Felix Loch, schaltete sich in die Debatte mit ein.

Tasiadis verweist unter dem BR-Beitrag auf Instagram auf die ausgezeichneten Trainingsbedingungen am Augsburger Standort: „Wir haben die besten Trainingsmöglichkeiten vor Ort. So ein wichtiger Stützpunkt darf nicht einfach WEG RADIERT werden!!!“ Für Lilik wäre eine Abkehr vom Eiskanal auch unter ökologischen Gesichtspunkten fatal: „Während Leipzig mit Pumpen punktet, die enorme Kosten verursachen und nicht ganzjährig betrieben werden können, bietet Augsburg kurze Wege zwischen Schulen, Kanal und Kraftraum – ein unschlagbarer Vorteil, vor allem in den Wintermonaten.“ Rodel-Ikone Loch attackiert Bundestrainer Pohlen sogar direkt: „Als Bundestrainer sollte man sich hinstellen, sich für die Sportart und die Athleten einsetzen und nicht einfach abschenken! Dann müssen halt Lösungen her!“
Wie dramatisch es tatsächlich um die Wasserzufuhr im Augsburger Eiskanal bestellt ist, darüber gehen die Meinungen auseinander. Für Bundestrainer Pohlen ist die Situation besorgniserregend: „Ich kenne das nicht von früher, dass wir hier kein Wasser hatten, das war immer selbstverständlich, durch die Schneeschmelze und so weiter. Man muss sich jetzt Gedanken machen.“

Kanulegende Karl Heinz Englet: Der Augsburger Eiskanal ist „aktueller denn je“

Einen anderen Standpunkt vertritt die Augsburger Kanu-Legende Karl-Heinz Englet: „Es ist überhaupt nicht schlimm, wenn im Eiskanal mal ein paar Tage kein Wasser ist. In all den Jahren hatten wir immer mal wieder Wasserprobleme, für die Wettkämpfe haben wir es aber immer geregelt bekommen.“ Das Training könne zur Not auf der stets gefluteten Jugendstrecke stattfinden. Insgesamt hält Englet die Strecke am Eiskanal für „aktueller denn je“. Im Vergleich zu anderen Ländern sei Augsburg mit seinen natürlichen Wasserquellen weit besser aufgestellt.
Beim Thema Nachwuchsförderung allerdings stimmt Englet dem Bundestrainer zu: „Wo Klaus Pohlen Recht hat, ist, dass es in Markkleeberg eine Eliteschule gibt und wir in Bayern auf der Stelle treten.“ Eine Verbesserung könne sich seiner Ansicht nach nur mit einer erfolgreichen Olympiabewerbung für 2040 ergeben, auch wenn sich unter anderem Augsburgs Oberbürgermeisterin Eva Weber bereits engagiert dafür einsetze.

Der Deutsche Kanu-Verband stellte hingegen klar: Eine Aufgabe des Eiskanals stehe nicht zur Debatte. „Unser Rückhalt für den Standort Augsburg ist unverrückbar“, betonte DKV-Sportdirektor Jens Kahl. „Im Leistungszentrum wurde viel verändert und auch viel investiert.“ Dennoch sei angesichts des Klimawandels die Sorge nachvollziehbar. „Wir müssen ins Wassermanagement eingreifen, um die sichere Betreibung des Eiskanals zu garantieren“, so Kahl. Auch die Stadt Augsburg bezog Stellung: Oberbürgermeisterin Weber betonte, dass die Stadt fest an der Seite der Athletinnen und Athleten stehe – der Eiskanal bleibe ein verlässlicher Partner für deren Karriereaufbau, auch wenn die aktuelle Lech-Situation angespannt sei.

Hans-Peter Pleitner: „Standort Augsburg langfristig sichern“

Beim Verein Kanu Schwaben Augsburg, der regelmäßig große Wettkämpfe wie Qualifikationen und Weltcups organisiert, stößt Pohlens Kritik nicht nur auf Ablehnung. „Klaus Pohlen hat die Situation schon auf den Punkt gebracht“, sagt Hans-Peter Pleitner, Präsident des Vereins und Vorsitzender des Augsburger Sportbeirats. „Wenn wir uns in dieser Sache jetzt nicht anstrengen, haben wir auch ein großes Problem mit der Olympiabewerbung. Es ist in unserem Interesse, den Standort Augsburg langfristig zu sichern.“ Seine Forderung: Alle relevanten Akteure endlich an einen Tisch bringen.

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