Start Augsburg Journal Reporter Ulrichs-Turmuhr in neuem Glanz: Zifferblätter und Zeiger frisch saniert

Ulrichs-Turmuhr in neuem Glanz: Zifferblätter und Zeiger frisch saniert

Gordian Meinrad Pechmann (li.) und Architekt Anton Kriesch präsentieren eines der Zifferblätter von St. Ulrich und Afra. Kurz bevor das Gerüst weicht, kommen die Zeiger auf die weithin sichtbaren Kirchturmuhren des Augsburger Wahrzeichens. Schwindelfrei sollte man allerdings sein, bei dieser Aufgabe, wie auch AJ-REPORTERIN Julia Greif selbst erlebte.

70 Meter über der Stadt – nur wenige Augsburger wie Hochhausbewohner oder Schornsteinfeger wissen, wie es dort zugeht. Großer Hitze ebenso wie klirrender Kälte, Wind, Regen und Hagel ausgesetzt sind in dieser Höhe die vier Turmuhrblätter und die Zeiger an der Kirche St. Ulrich und Afra. Im Zuge der laufenden Sanierungsarbeiten der Kirche haben auch die Uhren einen frischen Anstrich bekommen. Jetzt sind die Zeiger und Zifferblätter wieder an ihren angestammten Platz zurückgekehrt.

Erstmals seit längerer Zeit, so berichtet Architekt Anton Kriesch, sind die Zifferblätter und die Zeiger wieder abgenommen worden, um ausgebessert zu werden. Das hatte sich angeboten, nachdem die Kirche bis zur Turmspitze hinauf eingerüstet und mit einem Aufzug ausgestattet worden war. Bereits vor Monaten waren die Zifferblätter und Zeiger demontiert und in eine Fachwerkstatt nach Roggenburg (zwischen Krumbach und Ulm) gebracht worden.

Die Firma Pechmann stellte die Ulrichs-Turmuhr zu Beginn des 19. Jahrhunderts her

Nach Worten von Architekt Kriesch habe es immer wieder Ansätze gegeben, die historische Uhrenanlage stillzulegen und gegen eine moderne auszutauschen. Bis heute hätten sich aber die Anhänger der alten Technik durchsetzen können. Das eigentliche Uhrwerk, so Kriesch, befinde sich in einer Stube in der Basis des Kirchturms. Von dort aus habe die Uhr beispielsweise in früheren Jahren nachgestellt werden können, ohne hinauf zu den Zifferblättern steigen zu müssen. Nachjustiert werden müsse heute nicht mehr von Hand, die Uhr empfange ein Signal der Physikalisch technischen Bundesanstalt aus Braunschweig – so wie jede Funkuhr. Damit gehe sie „immer richtig“ und ändere sich beispielsweise auch bei der Umstellung von Sommer- auf Winterzeit automatisch.

Die heute noch laufende Turmuhr wurde zu Beginn des 19. Jahrhunderts in der Werkstatt der Firma Pechmann hergestellt und wird seitdem und noch heute von dieser Firma instand gehalten. In der Werkstatt wurden von Gordian Meinrad Pechmann und dessen Team diesmal insbesondere die 3,40 Meter im Durchmesser messenden Zifferblätter und Zeiger ausgebessert. Dazu wurden die Zeiger, die Zifferblätter und die Stahlschienen dahinter abgeschraubt und per Bauaufzug zu Boden gelassen. Die Zifferblätter, sie bestehen aus zwei gleichgroßen „Halbmonden“ aus Kupferblechen, seien bis auf das blanke Metall abgeschliffen und abgebeizt worden, so Uhrmacher Pechmann.

Hauchdünnes Blattgold auf den Ringen der St. Ulrich-Uhr und den Ziffern der einzelnen Stunden

Roststellen, die sich seit der letzten Revision vor mehreren Jahrzehnten gebildet hatten, seien ausgebessert worden. Anschließend sei der neue, aus mehreren Schichten bestehende Farbauftrag erfolgt. Bei der Farbgebung habe man sich an der vorangegangenen Gestaltung orientiert. Letzter Schritt: Die Ringe auf der Uhr und die Ziffern der einzelnen Stunden seien mit hauchdünnem Blattgold belegt worden. In ähnlicher Weise seien auch die Zeiger, je zwei für alle vier Himmelsrichtungen, nachgebessert worden. Jetzt wurde alles wieder nach Augsburg zurückgeschafft und exakt an seinem ursprünglichen Platz angebracht.

Die Übertragung der Zeit vom Uhrwerk unten im Turm zu den Zeigern 60 Meter weiter oben funktioniere laut Pechmann wie in alter Zeit mechanisch mit einer sogenannten Transmission aus Seilen und einem Gestänge. Im Turm hinter den Zifferblättern befinde sich ein Getriebe, welches das Zeitsignal auf die jeweiligen Zeiger aufteilt, wobei das Signal für die Stundenzeiger beispielsweise um den Faktor 12 reduziert werde. Als Antrieb der Uhr dienen vier Gewichte, die einmal täglich, inzwischen automatisch, aufgezogen werden. Und spätestens dann, wenn das Gerüst der Generalsanierung wieder abgebaut worden ist, brauchen die Augsbürger im näheren Umkreis nicht mehr ihre Handys bemühen, sondern können wieder auf die Turmuhr schauen.

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