Wie viele Menschen kann man gleichzeitig lieben? Die Augsburgerin Helena G. lebt POLYAMOR und spricht offen darüber

Wir alle kennen das klassische Familienbild. Mutter, Vater und Kinder. Alle wohnen gemeinsam glücklich im Eigenheim mit Vorgarten. Dass das eher in den seltensten Fällen tatsächlich so wie im Bilderbuch ist, wissen wir aber auch. „Es gibt doch viele Möglichkeiten, eine Beziehung zu führen“, sagt Helena G. Die 24-Jährige lebt polyamor. Was genau Polyamorie überhaupt ist und wie sie zu diesem ungewöhnlichen Lebensstil gekommen ist, erklärt die junge Augsburgerin beim Gespräch mit dem Augsburg Journal.
Aber erst mal von Anfang an. Was genau bedeutet Polyamorie überhaupt? „Polyamorie ist eine Beziehungsform, bei welcher ich mehrere romantische Beziehungen gleichzeitig führe“, sagt Helena. Den Weg in diese eher ungewöhnliche Beziehungsform fand sie ganz von selbst. So war sie in einer monogamen Beziehung, die ein „eher unschönes Ende“ fand. Nach dieser Beziehung hat sich die junge Frau erst einmal Zeit genommen. Zeit zum Nachdenken, aber auch Zeit, um sich zu informieren.

Helena G. sprach mit dem Augsburg Journal über ihre polyamoren Beziehungen, wollte aber anonym bleiben.


„Ich habe schon immer gemerkt, dass ich nicht eifersüchtig war, wenn sich mein Partner mit anderen getroffen hat“, erinnert sie sich. „Das war für meine Freunde nicht verständlich.“ Auch habe sie während der Beziehungen realisiert, dass sie trotzdem auch andere Menschen interessant fand. „Das ist ja in den meisten Beziehungen ein Unding“, so berichtet Helena.
Über diese Überlegungen fing sie dann an, ein bisschen kritisch zu denken und nach anderen Möglichkeiten zu suchen, eine Beziehung zu führen. „Dann habe ich für mich beschlossen: Meine nächste Beziehung wird nicht monogam“, erinnert sich die junge Frau. Und das, obwohl es für diese Form wenige bekannte Beispiele gibt. „Monogamie wird uns von klein auf beigebracht. Ob in der eigenen Familie, im Fernsehen oder auch einfach beim Spaziergang in der Augsburger Annastraße“, erklärt Helena.


„Für Polyamorie gibt es dagegen eher wenige Rollenbilder und noch weniger Austauschmöglichkeiten.“ Als Beispiel nennt sie eine Situation mit einer ihrer Partnerinnen. Mit dieser war sie auf einer Party. Händchenhaltend, wie ein Pärchen eben so ist. Als später dann der andere Partner der Freundin kam, um sie abzuholen und sie mit einem Kuss begrüßte, sorgte das für allgemeine Verwirrung unter den Partygästen. Gewöhnlich ist so eine Situation in der Gesellschaft eben nicht. Natürlich müsse man da auch örtlich differenzieren. „In Berlin gibt es sicherlich mehr Menschen, die eine nicht monogame Beziehung führen als in Augsburg“, sagt Helena mit einem Schmunzeln. „Dann kommen meistens Sätze wie ‚Das könnte ich ja nicht‘.“

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