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Augsburg
Freitag, 19. April 2024

Rückblick und Ausblick

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Tourismusdirektor

Götz Beck

Nachdem 2019 in Augsburg und Region noch ein erneuter Rekordwert bei den Übernachtungen zu verzeichnen war, brach der Tourismus  2020 massiv ein. Wir müssen davon ausgehen, dass es Rückgänge von 50 bis 60 Prozent bei den Übernachtungen geben wird.

Strategisch werden wir uns auf das Thema „Urlaub daheim“ konzentrieren, da sich zuerst der Inlandstourismus erholen wird. Themen wie Rad- und Wanderurlaub erfahren eine große Beachtung. Im Geschäftsreiseverkehr gehen wir davon aus, dass er 2023 nur noch 75 Prozent des Niveaus von 2019 erreichen wird. Um diesen Rückgang zu kompensieren werden wir unsere Aktivitäten im Bereich „Augsburg und Region als Kongressdestination“ weiter verstärken, da zu erwarten ist, dass bei allen Vorzügen von Zoom etc. das Bedürfnis nach persönlichen Kontakten und Netzwerkbildung eher noch zunimmt.

In diesem Marktsegment sind wir mit unserer Messe- und Kongressinfrastruktur sehr gut aufgestellt und wir werden Themen wie „Wasser Welterbe Augsburg“, Uniklinik etc. für die Kongressakquisition noch stärker nutzen.

Wichtig wird es für die Zukunft sein, ein System aus Fakten und Transparenz zu entwickeln, damit nicht bei Zunahme der Inzidenzzahlen gleich ein kompletter Lockdown im Tourismus erfolgen muss.

Wichtig ist es aber auch, dass wir gerade jetzt zusammen die schwierige Zeit meistern und uns schon heute in vielen Bereichen „neu erfinden“, damit der Tourismus wieder zum Impulsgeber in den Bereichen Wirtschaft, Attraktivität, Image und Bekanntheit für Augsburg und Region wird.

 

Arbeitsagentur-Chefin

Elsa Koller-Knedlik

Schon in der Mitte des vorherigen Jahres registrierten wir erste Eintrübungen der Konjunktur, die sich zu Beginn 2020 fortsetzten. Doch dann kam im März etwas noch nie Dagewesenes – die Corona-Pandemie traf unser aller Leben und hatte auch große Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Wir mussten innerhalb kürzester Zeit viele Kolleginnen und Kollegen zum Thema Kurzarbeitergeld schulen, denn die Auszahlung dieser Gelder ist für die Unternehmen überlebenswichtig. Nur dem Instrument Kurzarbeitergeld ist es zu verdanken, dass große Entlassungswellen bisher ausgeblieben sind.

Aus unserer Sicht wird diese Leistung auch im neuen Jahr 2021 stark in Anspruch genommen werden. Wir appellieren daher eindringlich an die Unternehmen, diese Zeit für die Weiterbildung der Belegschaft zu nutzen. Außerdem: Wir beteiligen uns finanziell an der Weiterbildung und jeder profitiert davon – die Unternehmen und die Beschäftigten.

Für das Jahr 2021 rechnen wir zwar mit einem robusten Arbeitsmarkt, der aber weit entfernt ist vom Vorkrisen-Niveau. Somit könnte die Zahl der Arbeitslosen weiter steigen und die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer sinken.

 

 

HWK-Hauptgeschäftsführer

Ulrich Wagner

Das Jahr 2020 war für das Handwerk ein schwieriges Jahr. Die Corona-Pandemie hat tiefe Spuren hinterlassen. Die bislang hervorragenden Konjunkturzahlen des Handwerks gingen zu Beginn der Pandemie in den Keller. Positiv war allerdings, dass die meisten Gewerke während der Lockdowns arbeiten durften. Dies bedeutete ein großes Plus für die Versorgung der Bevölkerung und die Stabilität der Arbeitsplätze.

In Branchen wie dem Friseurhandwerk oder den Cateringbereichen der Lebensmittelhandwerke konnten Kündigungen durch den Einsatz von Kurzarbeit vielfach vermieden werden.

Mit einem leichten Optimismus, aber insgesamt noch gedämpft, blicken die Handwerksbetriebe in die Zukunft. Der Großteil der Firmen erwartet, dass sich die Geschäftslage auf dem momentanen Niveau stabilisiert bzw. dass sich die Lage wieder bessert. Das kommende Jahr wird daher entscheidend davon geprägt sein, wie die Pandemie in den Griff zu bekommen ist. Denn steigen die Firmenpleiten und Arbeitslosenzahlen, dann hat auch das Handwerk mit massiv rückläufigen Aufträgen und Umsatzrückgängen zu kämpfen.

Die Politik ist daher auch weiter in der Pflicht, passgenaue Hilfen zur Verfügung zu stellen und mit dazu beizutragen, diese schwierige Zeit zu überbrücken.

 

 

IHK-Hauptgeschäftsführer

Dr. Marc Lucassen

Ein anstrengendes Jahr liegt hinter uns. Corona hat uns alle unerwartet getroffen. Aus wirtschaftlicher Sicht bescherte uns der erste Lockdown im Frühjahr historische Tiefstwerte. Der IHK-Konjunkturindex erlebte einen steilen Absturz – so schlecht hatten die Unternehmen in der Region ihre Geschäftslage und Aussichten lange nicht mehr bewertet.

Kein Wunder, schließlich mussten viele quasi über Nacht ihre Geschäftstätigkeiten einstellen, darunter Gastronomie, Veranstalter, Reisebüros und die meisten Händler. Auch im Transportgewerbe, in der Industrie und bei Dienstleistern gab es schmerzhafte Einbußen. Nach kurzer Erholungsphase über den Sommer hinweg müssen die Unternehmen mit den Folgen des Herbst-Lockdowns klarkommen.

Wir werden wohl auch 2021 viel Kraft brauchen, um die Krise zu überwinden. Was mich aber optimistisch stimmt, ist der Unternehmergeist unserer Wirtschaft. Sogar in der Krise haben unsere Betriebe fast genauso viele Auszubildende eingestellt wie im Vorjahr. Innovativ und beherzt wurden Hygienekonzepte erarbeitet und so Mitarbeiter und Kunden geschützt. Überall entdeckt man neue digitale Lösungen. Mobiles Arbeiten und Videokonferenzen haben sich – dort, wo es Sinn macht – ohnehin als Standard durchgesetzt. In Zeiten der Krise braucht es Menschen, die anpacken. Die haben wir hier in ausreichender Zahl.

 

Einzelhandelsverband

Andreas Gärtner

Handel 2020: „Ich weiß nicht wie es weitergehen soll, ich muss schließen“, „2020 ist das beste Jahr der Firmengeschichte“. Genauso konträr wie diese Aussagen verlief das Handelsjahr. Der Start war für die meisten Betriebe vielversprechend, auch im stationären Handel herrschte viel Zuversicht. Die Nachricht „Lockdown“ traf die Betriebe in unglaublicher Härte. Im Umfeld aus Existenzangst und Verzweiflung mussten sofort Maßnahmen wie Kurzarbeit, Mietverhandlungen und Kreditaufnahmen entschieden werden.

Parallel dazu wurden neue Absatzwege konzipiert und in Digitalisierung investiert. Viele Unternehmer haben im ersten Lockdown ihr gesamtes Betriebs- u. Privatvermögen eingebracht, um ihre Unternehmen und damit die Arbeitsplätze zu retten. Höchsten Respekt müssen wir den Mitarbeitern des Lebensmittelhandels zollen, die bis an die Belastungsgrenzen gingen, um die Versorgung sicherzustellen.

Nach der Wiedereröffnung und über den Sommer erholten sich die Branchen und Standorte höchst unterschiedlich. Während sich im Umland Besucherzahlen und Umsätze meist schnell wieder anpassten, blieb es in den Augsburger Geschäften teils extrem ruhig. Branchen wie Sport- oder Möbelhandel und die Baumärkte konnten Verluste teils schnell wieder einholen, der Fahrradhandel erlebte einen Boom. Innerstädtische Leitbranchen wie Textilien und Schuhe konnten sich leider nicht erholen und stehen nun mit dem „Lockdown light“ am Abgrund. Wenn nicht schnell eine Besserung eintritt oder Hilfsgelder gewährt werden, wird sich das Gesicht der Innenstädte nachhaltig verändern. Viele der Augsburger #lieblingsläden wird es dann nicht mehr geben.

Die Politik ist gefordert – viele Händler brauchen Unterstützung!

 

 

Wirtschaftsreferent

Wolfgang Hübschle

Photo by: Martin Augsburger

 

Die Corona-Krise hat uns getroffen. Das sieht man am Arbeitsplatzabbau bei verschiedenen Unternehmen. Sie lehrt uns aber auch Vieles: Wir müssen Gewohntes neu denken, innovativer, kreativer werden, uns nach Alternativen umsehen. Der Produktionsstandort Augsburg muss sich weiterentwickeln – mit neuen Materialien, neuer Produktionstechnologie, Künstlicher Intelligenz (KI) und adaptiver Produktion. Mit den Themen IT und Medizin. Also Zukunftsfeldern, die wir vor Ort ja schon entwickeln.

Auch ein attraktiver Handel ist wichtig für eine Stadt wie Augsburg mit ihrer Funktion als Zentrum der Region. Es muss dringend wieder Frequenz in die Stadt kommen, um Umsätze anzukurbeln. Das war schon vor Corona ein Thema. Passende Konzepte bleiben wegen ständig neuer Corona-Vorgaben schwierig. Doch Konzepte wie der „Augsburger Stadtsommer“ zeigten Wirkung. So lagen die Passantenfrequenzen in der Annastraße im Juli gegenüber den Zeiten des Lockdowns wieder viel höher, sogar höher als üblicherweise im Jahresdurchschnitt. Das müssen wir wiederholen, zudem Prozesse digitalisieren und eine urbane Logistik aufbauen. Das Ziel: ähnlich bequem wie im Internet, aber viel mehr Einkaufserlebnis!

Wir haben hier nach wie vor einen aufstrebenden Wirtschaftsstandort, und Augsburg bleibt eine Chancenregion mit sehr guter Entwicklung. Wichtig ist, dass wir das Beste aus der Situation machen und die Stadt wirtschaftlich auch oder gerade jetzt nach vorne bringen – egal unter welchen Umständen.

 

DGB-Kreisvorsitzende

Silke Klos-Pöllinger

Die Corona-Pandemie hat die strukturellen Probleme vieler Produktionsbetriebe, die auch mitten in der Transformation stecken, noch beschleunigt. Betriebsräte und Gewerkschaften geben ihr Bestes, damit nicht abzuwendender Personalabbau von tariflich bezahlten Arbeitsplätzen zumindest sozial verträglich gestaltet wird.

Insgesamt hilft Kurzarbeit noch, ohne große Arbeitsplatzverluste durch die Krise zu kommen. Kurzarbeit jetzt mit Weiterbildung zu verbinden, kann fit für die Tätigkeiten der Zukunft machen.

Es gibt auch wirtschaftliche Gewinner der Krise, vor allem im Versandhandel, im IT- und im Nahrungsmittelbereich. Doch die Zahl der tatsächlichen und drohenden Entlassungen steigt, je länger die Pandemie und damit die Unsicherheit dauert. Neben Gastronomie, Tourismus, stationärem Handel und Veranstaltungsbranche spüren vor allem Beschäftigte in prekären Arbeitsverhältnissen – befristet, Leiharbeit, nur Minijob –, aber auch Kulturschaffende und Solo-Selbstständige, die wirtschaftlichen Auswirkungen besonders.

Für viele sind die Einbußen kaum zu verkraften, insbesondere im Niedriglohnsektor, in dem 15 Prozent der sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigten in Augsburg tätig sind. Jetzt zeigt sich auch, was ein starker Sozialstaat mit Arbeitslosenversicherung, betrieblicher Mitbestimmung und Tarifverträgen wert ist – und uns für mehr Menschen wert sein sollte.

Unsere Wirtschaft und Gesellschaft müssen daraus lernen und zu mehr Solidarität und Gemeinwohl zurückkehren.

 

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