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Muss Augsburg seine City ohne Karstadt planen?

Karstadt in Augsburg

Von Annabell Hörner und Johannes Kaiser

Für die etwa 100 Mitarbeiter und tausenden Kunden von Karstadt in der Augsburger Innenstadt ist das richtig bitter. Zum zweiten Mal in zwei Jahren steht die Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof (GKK) vor der Insolvenz und versucht sich über ein Schutzschirmverfahren mit Steuergeld zu retten.

Die Hoffnung stirbt zwar auch für Karstadt in Augsburg zuletzt. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass der Warenhauskonzern überlebt, wird immer kleiner. Bei der Insolvenz 2020 reduzierte der österreichische Galeria-Eigentümer und Immobilien-Händler René Benko das deutsche Filialnetz von 190 auf 130 Warenhäuser in 97 deutschen Städten, die Mitarbeiterzahl sank von 21.000 auf 17.000. Der Bund griff dem Traditionsunternehmen mit 680 Millionen Euro unter die Arme. Doch die Gelder waren schnell aufgezehrt. Die Sanierung gilt als gescheitert, das Steuergeld ist futsch. Diesmal sollen mindestens 40 weitere Filialen dran glauben. Bleiben weniger als 90.

Ein Augsburger Einzelhandelsexperte sagte unserer Redaktion: „Selbst wenn Galeria jetzt noch einmal gerettet werden sollte und die Augsburger Filiale nicht betroffen wäre, dann stünde die Schließung in kurzer Zeit wieder zur Debatte. Die Stadt Augsburg muss seine City ohne Karstadt planen und ohne einen Vollsortimenter attraktiver für das Umland werden.“

Wir haben uns bei Augsburger Karstadt-Kunden umgehört. Annemarie R. 70 sagt: „Ich habe gerade etwas in der Drogerie-Abteilung gekauft und würde das auch gerne in Zukunft tun, daher fände ich es schade, wenn Karstadt zumachen würde.“

Afram Bercin, 49, aus Augsburg meint: „Ich will nicht, dass sie schließen, weil es dort alles gibt, was ich brauche. Es gibt hier schöne Sachen. Ich komme zweimal pro Jahr hierher.“

Doch zweimal im Jahr ist zu wenig für Karstadt.

Andreas Gärtner, Bezirksgeschäftsführer des Einzelhandelsverbandes (HBE) in Augsburg versprüht etwas Optimismus: „Wir sind für Augsburg noch recht zuversichtlich, was den Standort betrifft. Das liegt erstens an der guten Lage in der Stadt, zweitens an der Grundattraktivität Augsburgs, außerdem ist es im Umkreis die einzige Karstadt-Filiale. Das sieht an anderen bayerischen Standorten anders aus.“

Aber Gärtner sagt auch: „Eine Schließung wäre in erster Linie ein Drama für die Mitarbeiter, die teils schon viele Jahre dort gute Arbeit leisten. Aber auch für die Innenstadt hätte eine Schließung weitreichende negative Folgen. Denn Karstadt ist für viele Menschen aus dem Umkreis ein Grund nach Augsburg zu kommen. Das würde uns sehr wehtun.“

Ein anderes Problem wäre die Folgenutzung. „Es gibt nicht viele, die diese Flächen in so einer Lage übernehmen könnten. Eine Umgestaltung wäre zwar möglich, die Frage wäre aber, was mit den oberen Stockwerken passieren würde. Da müsste man sich ein neues Nutzungskonzept überlegen“, erklärt der Handelsexperte.

Der GKK-Konzern verwies in den Medien nur darauf, dass die einzelnen Standorte derzeit sorgfältig betrachtet und analysiert werden. Was gegen die Filiale in Augsburg spricht: GKK hat die Immobilie offenbar in einer der letzten Krisen an einen ausländischen Immobilienfonds verkauft und ist jetzt nur noch Mieter in der Bürgermeister-Fischer-Straße.

Für den Immobilienhändler Benko sind Standorte wichtiger, deren Gebäude er selbst besitzt. Am Berliner Alexanderplatz zum Beispiel baut er oben auf die Galeria-Filiale ein Büro- und Lofthaus. Die Flächen kann Benko zusätzlich vermieten. Damit rechnet sich das neue Misch-Konzept.

Der Handelsforscher Gerrit Heinemann sagte dem SPIEGEL vor wenigen Tagen, für Handels-„Dinos“ in den Innenstädten wie GKK gebe es keine Zukunft mehr. Das Geschäft hat sich ins Internet und an die Einkaufszentren in den Stadtrandlagen verlagert.

Heinemann: „Wenn ein Unternehmen dreimal hintereinander Staatshilfe beantragen muss, zeigt das, dass der Laden nicht zu retten ist. Das ganze Konzept des Warenhauses hat sich überlebt und man sollte es beerdigen.“

Für Annika S. 25, aus Augsburg wäre das kein Problem: „Ich gehe nicht mehr zu Karstadt, weil ich lieber im Internet Second-Hand-Sachen kaufe und es da häufig günstiger ist. Außerdem ist das besser fürs Klima.“ 100 Mitarbeiter der Augsburger Karstadt-Filiale werden das anders sehen.

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