Autofreie Maxstraße wird begrünt: Autos sind tabu, Bäume sind in.

Seit kurzem ist die Maximilianstraße von Herkules- bis Merkurbrunnen für Autos tabu, dafür zieren die Augsburger Prachtmeile Bäume und Sträucher, die diese im „ergebnisoffenen“ Versuch schmücken und die Bürgerinnen und Bürger in die Innenstadt locken sollen. Unser Reporter Michael Siegel begab sich auf Erkundungstour und erlebte Kurioses.

„Eine Bergkirsche, das ist eine Bergkirsche. Und das auf der anderen Straßenseite, das ist auch eine Bergkirsche. Und die da drüben, das sind auch Bergkirschen. Alle sechs“, erklärt einer der in orangen Warnwesten gewandeten Herren, die gerade die neuen Bäume in der Maximilianstraße aufstellen. Weil es dort grüner werden soll, weil der Bereich der Maximilianstraße zwischen Merkur- und Herkulesbrunnen zu einer autoarmen Fußgängerzone umgestaltet wird. „Ja, aber die Bergkirsche, die sieht ja eher aus wie ein Ahorn im Herbst, so wie Indian Summer“, wundert sich der Passant, „eher so Richtung rot, aber weniger grün.“ – „Die sehen jetzt eben so aus“, lautet die Antwort, „sie werden noch grüner, können Sie mal im Internet nachschauen.“

Bergkirschen sollten (zunächst) die Begrünung der Maximilianstraße voranbringen.


Ob man den Leuten diese Bergkirschen denn als Birken habe verkaufen wollen, witzelt der Passant, der sich als interessierter Anwohner zu erkennen gibt – und deutet auf den schneeweißen Baumstamm. „Nein, das ist ein Schutzanstrich, den haben wir aufgetragen“, erklärt der Mann mit der Warnjacke. Deswegen, weil der Baumstamm dadurch geschützt sei, etwa vor Sonneneinstrahlung oder vor Schädlingsbefall. Von wegen Birke. „Die wäre aber jetzt so richtig grün“, wendet der Anwohner ein.
„Das haben wir schon gemerkt, dass grün ganz wichtig ist“, kommt die minimal angenervte Antwort des Baum-Bringers. Mancher in Augsburg habe sich offensichtlich vorgestellt, dass in der Maximilianstraße opulente Biergarten-Kastanien gepflanzt würden, die die halbe Stadt beschatten. „Aber das geht halt nicht“, so der Baum-Experte, während er einen Rechen auf seinem Transporter gerade rückt.
„Aber betrachten Sie die Pflanzenauswahl mal als noch nicht abgeschlossen“, bringt der Mann in Orange einen überraschend klingenden Satz ein. Man habe da etwas gehört, dass auch bei den Zuständigen in der Stadt angesichts der schüchternen Bergkirschen in Sachen Begrünung noch einmal nachgedacht worden sei. Dabei sei der Blick auf die Kugelplatane gestoßen, die sei nämlich so richtig grün. Da sei etwas in Bewegung gekommen, der ein oder andere Baum werde wohl noch ausgewechselt werden.
Die Besorgnis des Anwohners ist derweil vorangeschritten: Wer denn eigentlich diese Bäume gieße? „Der Herrgott mit seinem Regen“, lautet die erste Antwort, gefolgt von einem „das wird von uns erledigt, wenn es nicht genug regnet“ seitens des Baum-Bringers. Freilich sei es kein Schaden, wenn von der Anwohnerschaft bei großer Hitze schon mal der ein oder andere Kübel Wasser in das Pflanzgefäß geschüttet werde. Der Bottich habe einen Überlauf, zu viel Wasser könne es nicht geben.

Wirklich grün wird es seitens der Stadt noch nicht. Das müssen die Gastronomen wohl selbst in die Hand nehmen, wie hier auf dem Bild zu sehen.

Ein Letztes noch bekümmert den Anwohner: Ob denn der Baum zur Stabilisierung noch mit Holzpflöcken umgeben werde oder ob er ein Sicherheitskorsett aus Metallstangen bekomme? Es seien in der Augsburger City ja schon massivere Dinge zu Schaden gekommen als diese Bergkirschlein. Wo doch demnächst in einem nach dem anderen Land jetzt der Fußballmeister ausgespielt werde und sich die Fans aus München, Istanbul, Turin, Zagreb … geradezu darin zu übertreffen trachten, ihre Clubfahne möglichst prominent anzubringen. Dem könnte die Bergkirsche eventuell nicht gewachsen sein.
Aber der Tross der Baum-Bringer ist da schon an der nächsten Baustelle gefordert. Rollrasen ist eingetroffen, noch so ein Augsburger Lieblingsthema, Rollrasen, der in diesem Fall den Wurzelbereich der Bäume schützen soll. Die Bergkirsche wird‘s freuen.

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