Augsburg, im Frühsommer 1945. Nach 17 Luftangriffen (1942–1945) mit 1500 Todesopfern und der Zerstörung von 24 Prozent der Stadtgebäude (darunter 16 Kirchen) bestimmten die amerikanischen Besatzungstruppen den Alltag. Aber noch hieß der Königsplatz Adolf-Hitler-Platz, und die Volkssiedlung hatte noch das Namensschild des NS–Grauleiters Karl Wahl. Doch auch noch Wochen und Monate nach dem Kriegsende war den Augsburgern bei der Aufarbeitung der Schrecken des „Tausendjährigen Reiches“ alles andere wichtiger als die Umbenennung dieser Namen. Dies besorgten dann später die von den Besatzern eingerichteten „Entnazifizierungs-Gerichte“.

Die Männer waren – wenn sie nicht im Krieg gefallen waren – oft verschollen in alliierten und russischen Gefangenenlagern. Die Last, neues Leben aus Ruinen anzupacken, lag buchstäblich allein in den Händen der Frauen. Unter extremen körperlichen Anstrengungen leisteten sie die Übernahme von traditionell männlichen Aufgaben im Einsatz gegen das Trümmerchaos.

Schon in den Kriegsjahren zuvor verschlimmerte sich die Lebensqualität der Frauen. Die Bedrohung durch Bombenangriffe wurde von Monat bis Monat dramatischer. Dazu kam der immer schlimmer werdende Mangel an Lebensmitteln. Dazu kam für viele junge der Einsatz in der Rüstungsindustrie – und jetzt, das Ende und der Anfang mit Schrecken.

Wo bleibt das Denkmal für die Trümmerfrauen?

Er wäre eigentlich höchste Zeit für ein Denkmal zu Ehren der vielen hundert Augsburger „Trümmerfrauen“. Mit einem heute unvorstellbaren Mut, mit Kraft und Zähigkeit leisteten sie zehn Stunden täglich Schwerstarbeit. Was nicht als „neues“ Baumaterial taugte, wurde in die Kipp-Wagons der auf einem eigenen Schienennetz durch die Stadt dampfenden Lorenbahn an den Rosenauberg transportiert.

„Meine Aufgabe war es, noch brauchbare Ziegelsteine mit einem Hammer vom Mörtel zu befreien. Die Steine mussten picobello sauber sein, sonst war die Arbeit umsonst. Ich weiß nicht mehr, wie lange ich Steine klopfte. Es war eine Sträflingsarbeit. Einmal habe ich mit einem Helfer um die Wette gehämmert. Wir schafften 300 Ziegel an einem Tag.“ So erinnert sich Antonie „Toni“ Rasch, geborene Gasser, an ihre Zeit als eine von vielen tausend Trümmerfrauen im Gespräch mit der Autorin Doris Meier (Dokumentation: „Kellerwohnung und Persilschein“ Edition Storia, Markus Pöhlmann).

Sie war 15, als sie mit ihrem Bruder und wenigen Hilfskräften den Wiederaufbau ihres zerstörten Elternhauses begann, was jede Menge Fantasie bei der Materialbeschaffung erforderte.

Materialbeschaffung mit Hindernissen

„Weil nur etwa ein Drittel der Steine verwendbar war, mussten große Mengen an Schutt in einem Bombentrichter entsorgt werden. Mit Erlaubnis vom Bürgermeister Widmeier durften wir uns Steine vom Gelände der Spinnerei und Weberei Augsburg holen. Für die Zimmereiarbeiten fanden wir in den Messerschmitt-Werken Hilfe. Den Kalk erhielten wir von der Schmiede in der Tattenbachstraße und im Landkreis sammelten wir die Dachplatten. Nach 14 Monaten hatte die Familie wieder ein Dach über dem Kopf. Es fehlte allerdings noch die Treppe. Da behalfen wir uns mit einer Leiter.“

Geniale Trümmer-Verwertung am Rosenauberg

Die geniale Idee, aus den Trümmern die Basis für ein Sportstadion mit 65 000 Zuschauerplätzen und später weltweit wahrgenommenen Sportereignissen zu schaffen, hat den weitsichtigen Stadtvätern und dem damaligen Oberbürgermeister Dr. Klaus Müller, der für Sport eigentlich überhaupt nichts am Hut hatte, noch viele Jahre postum große Anerkennung eingetragen.

In den Ruinen war Plünderung weit verbreitet. Den Tätern drohte die Todesstrafe. Fotos: SNP-Archiv.

Zehn Stunden am Tag Schwerstarbeit: Die Trümmerfrauen bewältigten bis dahin unbekannte Belastungen mit Bravour.

Auch Schwester Romualda vom Institut der Englischen Fräulein packte mit an und beseitigte den Schutt aus der zerstörten Hauskapelle Herz Jesu in der Frauentorstraße.

Lesen Sie auch: Bitte lächeln, (Hochzeits)paar: Besuch beim Augsburger Schnellzeichner und Karikaturist KASLI

KEINE AUSGABE MEHR VERPASSEN

Erfahren Sie als Erster, wenn unser neues Magazin veröffentlicht wird – exklusiv vor allen Anderen!