Jetzt erst recht“ steht auf einem T-Shirt, „Klagt nicht, kämpft“ auf einem anderen. Schaut man an Immobilienkaufmann Fritz Räpple, noch 62 Jahre alt, hinunter, erkennt man einen denkbaren Grund für solche Parolen: Räpple steht auf seinem gesunden linken Bein – und auf einer ebenso langen Prothese. Die braucht er, seit ihm im vergangenen November urplötzlich das gesamte rechte Bein amputiert werden musste.

Sein Hausarzt hatte ihn ins Uniklinikum zum Nachschauen geschickt, erinnert sich Räpple. Eine Woche zuvor war er beim Holzholen für den heimischen Kaminofen in einen Holzschiefergetreten, der ihn seitlich in die Fußsohle gestochen hatte. Und nach einer Woche war die Wunde noch nicht besser verheilt. Blut sei ihm am UK abgenommen worden so Räpple, dann wurde es dramatisch. „Entweder wir nehmen Ihnen jetzt gleich das Bein ab und Sie überleben vielleicht oder Sie sind heute Abend tot.“ So oder so ähnlich hätten es ihm die Ärzte ins Gesicht gesagt angesichts einer bakteriellen Sepsis (Blutvergiftung), die im Körper des Unternehmers unterwegs war. Als er später wieder erwachte, sei es ihm wie in einem seltsamen Film vorgekommen. Er habe im Krankenhaus gelegen, warum, ach ja, des Beins wegen. Er tastete an sich entlang: Tatsächlich, sein rechtes Bein war weg.

„Wir nehmen es ab oder Sie sterben“

Räpple rief seine Frau an, bevor er in eine Station kam, die er „50:50-Station“ nennt. So eine Überlebenschance hatten die Ärzte ihm gegeben, diese Chance hatten alle Patienten, die hier lagen. „Phantom-Schmerzen“, erklärt Räpple, unvorstellbare Schmerzen in seinem rechten Bein, das es ja nicht mehr gab. Hätte er jetzt einen Ausschalter gehabt, hätte er seinem Leben wohl ein Ende bereitet. Stattdessen ging es aufwärts, quälend langsam für Räpple. Nach zwei Monaten in der Privatklinik unter dem Krankenhausdach war der Unternehmer so weit, dass er auf Reha konnte, um das Laufen neu zu lernen. Noch einmal ging es zurück ins UK, als die Wunde aufbrach und erneut verheilen musste, dann wieder nach Ichenhausen in die Rehaklinik. Räpple spürt, dass er kein angenehmer Patient ist. Vieles geht ihm nicht schnell genug. Krank zu sein hat in Räpples Leben keinen Platz. Und sein Immobilien-Geschäft, das er in 40 Jahren aufgebaut hat, das sei sein Leben, davon wolle er nicht lassen. „Ich bin ja zum Glück am Bein und nicht am Kopf amputiert worden“, scherzt der 62-Jährige, der sich – stand heute – nicht vorstellen will, beruflich deutlich kürzer zu treten.

Und schließlich wartet da ja noch eine besondere Belohnung auf den Unternehmer: Räpples weißer Maserati. Viele Mühen habe es gekostet, eine Spezialfirma zu finden, die ihm seinen Automatik-Sportwagen TÜV-konform auf Linksfuß-Betrieb umrüstet. Jetzt ist es so weit, links neben der Bremse gibt es ein zweites Gaspedal im Fußraum des Wagens nur für ihn. Wenn alles so klappt, wie Räpple es sich vorstellt, dann müsste er dieser Tage seine lange vermissten Ausfahrten unternehmen können – zurück ins Leben.

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