Für Elias Saad war lange nicht klar, dass er mit Fußball sein Geld verdienen würde, mittlerweile ist er etablierter Stammspieler beim FC Augsburg in der Bundesliga. Im Interview mit dem Augsburg Journal spricht der 25-Jährige über seinen Weg in den Profifußball, seine Vorbilder, härtesten Gegenspieler und die Vorfreude auf die WM 2026, für die er mit Tunesien bereits qualifiziert ist.
Augsburg Journal: Herr Saad, Sie kamen über einen eher untypischen Weg in den Profifußball – von der Regionalliga über St. Pauli bis nach Augsburg. Wie würden Sie Ihre persönliche Reise beschreiben?
Saad: Ich habe nie in einem Nachwuchsleistungszentrum gespielt und musste mir meinen Weg erkämpfen. Richtig los ging es erst in der Regionalliga, wo der Fußball professioneller wurde und man auch ein wenig Geld verdiente. Dort lief es sehr gut. Dann kam das Angebot von St. Pauli, in meiner Heimatstadt Profi zu werden, was natürlich ein Traum für mich war. Nun bin ich das erste Mal von zu Hause weg und fühle mich hier in Augsburg sehr wohl.
AJ: Viele Fans des FC St. Pauli haben sich gefragt: „Warum ausgerechnet Augsburg?” Was würden Sie dem entgegnen?
Saad: Zunächst wollte ich bewusst den Schritt aus meiner Komfortzone und meinem gewohnten Umfeld machen. Augsburg bot mir mit dem Trainer Sandro Wagner und dem gesamten Rahmenwerk eine Perspektive, die zu mir passte. Es ist ein sehr familiäres Umfeld, in dem ich sowohl als Sportler als auch als Mensch einen weiteren Schritt machen kann. Deshalb habe ich mich entschieden, hierher zu kommen.
AJ: Sie haben sowohl Futsal auf hohem Niveau gespielt als auch klassischen Fußball – gibt es Elemente aus dem Futsal, die Ihnen heute im Fußball helfen?
Saad: Futsal bringt einen anderen Spielstil mit sich – man spielt viel schneller und oft mit der Sohle. Es hilft, gute Lösungen auf engem Raum zu finden und im Eins-gegen-Eins stark zu sein.
Elias Saad: „Es ist ruhig, der Süden ist schön und es gefällt mir auf jeden Fall.“
AJ: Wie war Ihre Eingewöhnung, sowohl sportlich als auch privat, in Augsburg?
Saad: Sportlich hat die Eingewöhnung etwas gedauert, da ich in der Vorbereitung noch angeschlagen war. Privat ist das Leben natürlich anders, denn Hamburg ist im Vergleich zu Augsburg eine große Stadt. Allerdings hat man auch München in der Nähe, wo man auch etwas unternehmen kann. Ich finde es insgesamt sehr gut hier. Es ist ruhig, der Süden ist schön und es gefällt mir auf jeden Fall.
AJ: Der FC Augsburg hat mit Sandro Wagner einen neuen Trainer in den Verein geholt, der Dinge bewusst anders angehen will. Wie sehen Sie die sportliche Entwicklung bis dato?
Saad: Es gibt definitiv noch Luft nach oben. Die Ergebnisse waren nicht so, wie wir sie uns vorgestellt haben. Sandro hat einen klaren Plan und gibt uns immer viel mit, sowohl vor als auch nach den Spielen, indem er aufzeigt, was wir gut und was wir nicht gut gemacht haben. Ich denke, es liegt nun an uns Spielern, diesen Plan so gut wie möglich umzusetzen, um noch mehr Spiele zu gewinnen.
AJ: In den bisherigen Spielen gelang Ihnen bislang noch kein Treffer, woran hapert es aktuell noch?
Saad: Ich weiß nicht genau, woran es liegt. Möglicherweise mache ich mir zu viele Gedanken. Manchmal versuche ich es zu kompliziert zu machen, anstatt den direkten Abschluss zu suchen. Daran muss ich arbeiten.
AJ: Gibt es ein Vorbild oder eine Spielweise, die Sie inspiriert und nach der Sie sich bewusst ausrichten?
Saad: Neymar war neben Franck Ribéry ein Spieler, zu dem ich aufgeschaut habe. Jetzt, wo ich selbst Profi in der Bundesliga bin, konzentriere ich mich vor allem auf mich selbst und darauf, was ich noch verbessern kann. Aktuell habe ich keinen direkten Spieler als Vorbild, aber ich studiere natürlich die Spielweise von Spielern auf meiner Position, um zu lernen.
AJ: Es ist ihre zweite Saison in der Bundesliga, wer war bis jetzt ihr härtester Gegenspieler?
Saad: Mein härtester Gegenspieler war wohl Konrad Laimer, aber auch Joshua Kimmich und Dayot Upamecano. Gegen diese drei war es im Spiel definitiv nicht einfach.
AJ: Gab es in den Jahren beim Amateurfußball Momente, in denen Sie daran gezweifelt haben, es doch noch bis in den Profibereich zu schaffen?
Saad: Ja. Als Jugendlicher hatte ich relativ früh für mich entschieden, dass ich kein Profi werde, da es für ein Nachwuchsleistungszentrum nicht gereicht hat. Selbst wer dort spielt, schafft es nur selten. Deswegen habe ich die meiste Zeit gar nicht damit gerechnet, Fußballprofi zu werden. Erst später, mit etwa 21 Jahren, als ich in der Regionalliga spielte, begann ich wieder ein wenig zu träumen, und dann hat es geklappt.
AJ: Augsburg ist eine Stadt mit einer engagierten Fanszene und großer Nähe zwischen Klub und Stadt. Wie erleben Sie die Unterstützung der Fans?
Saad: Es ist anders als auf St. Pauli, aber ich muss sagen, auch sehr, sehr toll. Es ist eine sehr enge Bindung. Egal, ob sie beim Training sind oder wenn wir gewinnen oder verlieren – sie sind immer da und machen Stimmung. Ich bin sehr zufrieden mit der Unterstützung der Fans.
Die Vorfreude auf die WM 2026 ist riesig
AJ: Im Sommer steht die WM an, mit Tunesien sind Sie bereits qualifiziert. Wie groß ist die Vorfreude jetzt schon, wie weit, denken Sie, kann es gehen?
Saad: Die Vorfreude ist riesig. Es ist ein Traum, für sein Land zu spielen, und dann noch bei so einem großen Turnier mitwirken zu können. Ich hoffe, dass ich gesund bleibe und dabei sein kann. Es ist schwierig zu sagen, wie weit wir kommen. Das hängt von der Gruppe ab. Aber ich denke, wir haben eine gute Mannschaft, das hat man in den Qualifikationsspielen gesehen. Der Afrika-Cup im Winter wird zeigen, wo wir stehen.
AJ: Welchen Rat würden Sie Jugendlichen geben, die davon träumen, Profi zu werden, aber nicht den klassischen Weg über ein NLZ gehen?
Saad: Man sollte immer daran glauben. Auch wenn ich selbst die meiste Zeit nicht daran geglaubt habe, sollte man an seinen Qualitäten festhalten und immer weitermachen, auch wenn es mal nicht gut läuft. Viel Arbeit gehört dazu, um es zu schaffen. Und das Wichtigste: Man sollte nie den Spaß verlieren. Wenn man Spaß hat, spielt man gut. Deshalb sollte der Fokus immer auf der Freude am Spiel liegen und nicht auf irgendetwas anderem.
AJ: Wie verbringen Sie Ihre Freizeit in Augsburg?
Saad: Ich bin eigentlich sehr viel zu Hause. Meine Verlobte wohnt noch in Hamburg. Wenn sie zu Besuch kommt, unternehme ich viel mit ihr. Aber ansonsten bin ich eher zu Hause und mache nichts Außergewöhnliches.
Lesen Sie auch: Mert Kömür und Noahkai Banks: Zwei Talente, ein Ziel

