Augsburg befindet sich im Wandel. Gerade in Sachen Stadtentwicklung stehen die Verantwortlichen vor großen Herausforderungen. Wir sprachen mit dem neuen Baureferenten der Stadt, Steffen Kercher.

Augsburg Journal: Sowohl wortwörtlich als auch im übertragenen Sinne – was sind Ihrer Meinung nach Augsburgs größte Baustellen?

Steffen Kercher: Zum eine ist die Entwicklung entlang der Linie 5 vom Hauptbahnhof zum Uniklinikum eine große „Baustelle“. Hier geht es mir auch, aber nicht nur, um die wichtige Straßenbahnlinie, die einen großen Stadtbereich erschließen soll, sondern vor allem auch um das Entwicklungspotenzial im Bereich des Städtebaus, vor allem im Bereich bezahlbare Wohnung, das dort vorhanden ist. Im Bereich der Weltwiese und Sommestraße können über 1500 bezahlbare Wohnungen und viel Qualität für alle Bewohnerinnen und Bewohner geschaffen werden.

Bei „Aufgaben“ im übertragenen Sinne ist die Transformation der Bauverwaltung in Bezug auf die Digitalisierung und die Verwendung von digitalen Mitteln eine der größten Herausforderungen. Die Kommunikation wird viel schnelllebiger. Die Prozesse sollen ebenfalls beschleunigt werden. Alles soll für die Bürgerinnen und Bürger dennoch einfacher werden. Die Digitalisierung bietet uns hier große Chancen, allerdings müssen wir aber auch schauen, wie wir diesen Prozess mit Personal und Ressourcen her bewältigen können. Hier gehen wir wichtige Schritte in der Bauordnung. Im Hochbau und im Bereich Geodaten arbeiten wir auch schon länger an diesen Prozessen, aber auch hier wird es weitere Innovation geben.

Steffen Kercher: Das Staatstheater ist die spannendste und wichtigste Baustelle der Stadt

AJ: Welche aktuellen Projekte liegen Ihnen besonders am Herzen und welche abgeschlossenen Projekte hatten in der jüngsten Vergangenheit für Sie die größte Bedeutung?

Kercher: Wenn ich an konkrete Bauvorhaben denke, so ist natürlich das Staatstheater die spannendste und auch wichtigste Baustelle der Stadt in den nächsten Jahren. Genauso wichtig ist mir aber auch die Schulbauentwicklung. Gute, zeitgemäße Schulen sind wichtig für die Entwicklung der jungen Augsburger Generation. Insofern sind die Schulprojekte, wie die Sanierung FOS/ BOS / RWS oder auch der Neubau der Johann-Strauß-Grundschule, sowohl von der Bedeutung wie auch vom Kostenvolumen eine herausragende Aufgabe, die dem Staatstheater nicht nachsteht. Von den abgeschlossenen Projekten hat natürlich die so genannte Mobilitätsdrehscheibe und der Innenstadt-Umbau eine unschätzbare Bedeutung für die Stadt und hat die Innenstadt nachhaltig verändert. Nun arbeiten wir daran, diesen großen Erfolg auch in die einzelnen Stadtteile mit vielen kleineren Projekten transportieren können. Hier bietet der Augsburger Mobilitätsplan viele spannende Ansätze, gerade für Pilotprojekte in den Stadtteilen.

AJ: Was muss getan werden, um der Wohnungsnot Herr zu werden?

Kercher: Wir brauchen klare Rahmenbedingungen von Bund und Land, einschließlich einer hinreichenden Förderkulisse für die klimaneutrale Transformation. Bauwillige müssen befähigt werden, das bestehende Baurecht auch umzusetzen. Aktuell hat Augsburg alleine in bestehenden Bebauungsplan-Projekten über 3000 Wohneinheiten, die sofort umgesetzt werden könnten oder die bereits in Bau sind.
Weiteres Baurecht für 5000 bis 6000 Wohnungen können wir in den nächsten fünf bis 15 Jahren über Projekte, die bereits angelaufen beziehungsweise am Anlaufen sind, sowie Bestandsoptimierungen schaffen. Davon werden 30 Prozent oder mehr bezahlbare Wohnungen für alle Bevölkerungsschichten sein. Insofern sind wir, was die Bereitstellung von Bauflächen angeht, für den erwarteten Zuzug von rund 15.000 Menschen gut gerüstet.

Reibungslose Digitalisierung wird noch Zeit benötigen

AJ: Wie uns von verschiedenen Seiten berichtet wird, trifft die Digitalisierung der Prozesse im städtischen Bauwesen auf Seiten von Architekten und Bauherren bisher auf wenig Gegenliebe. Wo hakt es und wie kann man die Abläufe in Zukunft reibungsloser gestalten?

Kercher: Die Digitalisierung trifft sowohl private Akteure wie auch Städte und deren Stadtverwaltung in einer Situation, in der viel noch althergebracht geleistet werden muss. Parallel hierzu müssen aber die neuen digitale Prozesse erstmalig aufgesetzt und implementiert werden. Hier fehlt akut die notwendige Zeit und das verfügbare Personal, um diese Doppelbelastung reibungslos zu leisten. Das wird sicherlich noch einige Jahre brauchen, insbesondere auch, um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wie auch die Führungskräfte zu befähigen und bei dieser Transformation mitzunehmen. Vor allem müssen die digitalen Produkte noch viel einfacher und noch viel selbstverständlicher werden, dass sie auch von allen einfach und selbsterklärend angewendet werden können.

Wie Augsburg in 30 Jahren aussehen könnte, wie wichtig Nachhaltigkeit ist und wie sich moderne und klassische Architektur verbinden lassen, verrät Kercher übrigens in der Juli-Ausgabe des AUGSBURG JOURNAL, die am Freitag, 30. Juni erscheint.

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