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Freitag, 13. Dezember 2024

Klimaangst nach schwerem Unwetter in Augsburg: Hagelopfer, tote Pferde und über 700 Hilfseinsätze

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Innerhalb von Sekunden ging es los, ich konnte mich nur in das Maisfeld werfen“, erinnert sich Edigna Menhard an das Unwetter in Augsburg vor einigen Tagen. Es sollte nur ein kurzer Spaziergang hinter ihrem Haus in Mering werden – und endete mit blauen Flecken am gesamten Körper, höllischen Schmerzen und einem Schock fürs Leben. „Ich dachte, mein letztes Stündlein hat geschlagen. Die zwetschgengroßen Hagelkörner prasselten auf mich ein mit einem solchen Druck – wie ein Steinschlag“, erinnert sich die Journalistin, als sie nur wenige Meter vom sicheren Heim entfernt im Maisfeld Schutz suchte. In Zukunft wird sie „alle möglichen Wetter-Apps genau studieren – und bei Unwetter daheim bleiben“, versichert sie.

Wenn schlimme Unwetter in Augsburg stattfinden, mit zerstörerischem Hagel, schweren Stürmen, Starkregen und Überschwemmungen, dann ist er plötzlich wieder in aller Munde – der Klimawandel.

Der „Hagelschaden“ an Edignas Bein.


Für Fachfrau Prof. Claudia Traidl-Hoffmann sind solche Ereignisse keine Überraschung, sondern erwartet, laut wissenschaftlichen Prognosen. „Der Stuhl kippt schon seit einer Weile gefährlich hin und her. Wenn er aber umgefallen ist, dann kommt man nicht mehr hoch“ – so anschaulich beschreibt die Leiterin der Umweltmedizin am Uniklinikum Augsburg die Situation unseres Weltklimas. Aktuelle Berichte internationaler Institutionen wie des IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) bestätigen die Gefahren der globalen Erwärmung – insbesondere für unsere Gesundheit.

„Ich kam an die Kreuzung Kissing-Mergenthau und sah, wie ein Pferd auf der Koppel lag – tot. Vom Hagel erschlagen lag das arme Tier dort in seinem Blut. Es war schrecklich. Ich bin immer noch geschockt.“

Stanka Kyselicova aus
Bachern/Friedberg.


Aber ist der Zusammenhang so direkt? „Je weniger wir die Erderwärmung aufhalten können, desto schlimmer und häufiger werden solche Extremwetterereignisse passieren. Tatsächlich sprechen die Experten von neun Kipp-Punkten weltweit, vom Regenwald bis zum arktischen Eis; wenn diese neun Punkte kippen – der Regenwald zerstört ist, das Eis schmilzt – dann kippt auch unser Weltklima. Dann werden Teile der Welt mit menschlichem Leben nicht mehr vereinbar sein.“


Auch die zunehmende „Klima-Angst“, vor allem bei jungen Leuten, die ihre Zukunft buchstäblich „wegschwimmen“ sehen, ist laut Traidl-Hoffmann „ganz natürlich“. Sie rät jedoch, „nicht den Kopf in den Sand zu stecken sondern vielmehr dies als Anreiz zu nehmen für umfassende Anstrengungen, den Klimawandel einzudämmen.“ „Resilienz“ heißt das Zauberwort. „Das beschreibt die Fähigkeit, sich solchen Situationen nicht nur anpassen zu können, sondern auf solche Schock-Ereignisse vorbereitet zu sein“, so Traidl-Hoffmann. Praktisch bedeutet das: Erstens möglichst „gesund“ sein, was Ernährung, Bewegung und Lebensstil angeht. Denn: „Gesunde Menschen können auch Extremwetter-Ereignisse deutlich besser ab. Problematisch wird es vor allem für Kranke und ältere Personen.“


Die sollten sich aber auch auf schwierige Situationen vorbereiten, zum Beispiel genügend Medikamente zu Hause haben, sollte man unerwartet mehrere Tage nicht aus dem Haus gehen können. Insgesamt plädiert Traidl-Hoffmann für einen Ausbau von Frühwarn-Systemen – „damit man bei Hagel und Sturm sich selbst und seine Lieben in Sicherheit bringen kann!“

Prof. Claudia Traidl-Hoffmann ist Direktorin der Umweltmedizin am Universitätsklinikum Augsburg und berät mit Meteorologen die Bundesregierung im wissenschaftlichen Beirat für Globale Umweltveränderungen.

Bericht der Feuerwehr

Am 26.08.2023 gegen 16 Uhr traf ein schweres Unwetter die Stadt Augsburg und angrenzende Landkreise. Dauereinsatz für sämtliche Feuerwehren in Stadt und Land. Die Integrierte Leitstelle Augsburg zählte 734 aufgenommene Einsätze. Allein im Stadtgebiet Augsburg gab es über 200 Unwetter- und drei Brandeinsätze. Meist Bäume auf Straßen, überflutete Fahrbahnen und Keller. Durch Starkregen und Hagel wurden im südlichen Stadtgebiet und den Landkreisen auch Dachflächenfenster zerstört und Fahrzeuge sowie Gartenhäuser massiv beschädigt. Durch Hagel wurden im Stadtgebiet Augsburg insgesamt
15 Personen verletzt.

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