Die einen sehen ihn schon im Gefängnis, andere erlebten ihn jetzt zu ihrer Verwunderung als Redner im Goldenen Saal des Augsburger Rathauses. Augsburgs Ober-Klimaaktivist Ingo Blechschmidt hielt am vergangenen Samstag die Laudatio für eines der sieben ausgezeichneten Projekte beim Augsburger Zukunftspreis. Sein Auftritt stieß nicht auf ungeteilte Begeisterung, so eine der Besucherinnen des Abends gegenüber unserer Redaktion. Es habe deutliche Missfallensbekundungen gegeben. Einige der rund 300 Gäste hätten darüber debattiert, die Veranstaltung zu verlassen – wozu es letztlich aber nicht gekommen sei. Es sei aber mit Unverständnis zur Kenntnis genommen worden, dass Blechschmidt erneut zu dieser Veranstaltung geladen worden sei, nachdem das Klimacamp bereits im Vorjahr von OB Eva Weber einen Preis erhalten hatte.


An der Person Blechschmidts scheiden sich seit längerem die Geister. Das unerschütterliche Eintreten des 34-jährigen Mathematikers für den Klimaschutz ringt selbst manchen politisch Andersdenkenden Respekt ab. Äußeres Zeichen der Ausdauer von Blechschmidt und seinen Unterstützern ist das Klimacamp, das seit mehr als zwei Jahren (mit Baustellen-Unterbrechung) direkt neben dem Rathaus steht – und dort immer wieder auch auf Widerspruch aus der Bevölkerung stößt. Selbst wenn das Verwaltungsgericht Räumungsbemühungen der Stadt eine Absage erteilt hatte.

Verurteilter Aktivist am Redner Pult

Blechschmidt machte zuletzt mehrmals Schlagzeilen bei diversen Auftritten vor dem Gericht. Im Zusammenhang mit der Besetzung des Bürofensters des früheren schwäbischen Regierungspräsidenten Erwin Lohner in der Augsburger Residenz erhielt er eine Strafe wegen Beleidigung. Verurteilt wurde er auch wegen einer Protest-Aktion, bei der dem Königsbrunner Bürgermeister Franz Feigl ein Beutel voller Erde auf seinen Schreibtisch geschüttet wurde. Beide Verurteilungen sind noch nicht rechtskräftig. Zudem steht eine weitere Verhandlung aus, bei der sich unter anderem Blechschmidt für die unerlaubte Besetzung von Bäumen im Reese-Park verantworten muss. Auf der anderen Seite wurden vor dem Münchner Amtsgericht die Strafanträge gegen Blechschmidt wegen Besetzungsaktionen in der Landeshauptstadt kürzlich fallengelassen. In Augsburg gehört Ingo Blechschmidt dem Klimabeirat an, dem Reiner Erben, Augsburger Umweltreferent, und Prof. Dr. Christine Schwaegerl von der Hochschule Augsburg vorsitzen.


Aus diesem seinem Engagement rührt, so Blechschmidt, sein Auftritt bei der Verleihung des Zukunftspreises her. Konkret habe der Klimabeirat als Jury den „Preisträger Zukunftspreis für Klimaschutz (Blue City Augsburg)“ – einen von sieben Preisträgern – ausgewählt. Er ging an den Verein „Das Habitat Augsburg e.V.“ mit dem Projekt „Fab City Augsburg – educate, repair, reuse, recycle.“ Die dort Engagierten bieten seit 2018 einen monatlichen Reparaturservice im Schwabencenter an, wo Bürgern geholfen wird, defekten Toastern, Spielsachen, Plattenspielern, Fahrrädern etc. neues Leben einzuhauchen. Trotz mehrerer toller Einreichungen, so Blechschmidt, habe auch er selbst für dieses Projekt votiert. Als es dann darum gegangen sei, aus Reihen des Klimabeirats den Laudator für die Preisverleihung zu benennen, sei es auf ihn zugelaufen, weil die meisten anderen Beteiligten an diesem Termin anderweitig beschäftigt gewesen wären. Freilich habe er die Aufgabe der Laudatio gerne übernommen, es handle sich ja zweifellos um ein lobenswertes Projekt.

Selbst Mitglied im Klimabeirat

Im Rahmen seiner etwa zehnminütigen Rede sei auch bereits die Übergabe der Urkunde enthalten gewesen. Blechschmidt stellt klar, dass er für sein Engagement als Festredner kein Honorar erhalten habe. Grundsätzlich verfolge er seinen Einsatz für den Klimaschutz ehrenamtlich, erhalte dafür keine Aufwandsentschädigungen oder Ähnliches.


Marina Geierhos vom Referat für Nachhaltigkeit, Umwelt, Klima und Gesundheit bei der Stadt Augsburg bestätigt: „Dr. Blechschmidt hat für die Jury des Zukunftspreises für Klimaschutz die Begründung für die Auswahl des Projekts „Fab City Augsburg – educate, repair, reuse, recycle“ vorgestellt. Blechschmidt sei Mitglied des Klimabeirats der Stadt Augsburg, deren Mitglieder vom Stadtrat berufen sind. Die Jury für den „Zukunftspreis für Klimaschutz“ sei vom Klimabeirat selbstständig aus seinen Mitgliedern gebildet worden. Für die sechs verschiedenen Kategorien des Zukunftspreises gab es laut Geierhos erstmals sechs verschiedene Jurys – die Zusammensetzung der Jurys sei per Stadtratsbeschluss Ende März festgelegt worden. Die Jury des Klimabeirats für den „Zukunftspreis für Klimaschutz“ wiederum habe selbstständig Dr. Blechschmidt als Laudator bestimmt.

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