Alles begann mit einem tragischen Vorfall, unmittelbar in der Nähe des Hauses von Tierärztin Cornelia Günther. „Beim Mähen wurde ein Rehkitz getötet, ein anderes schwer verletzt. Ich musste dieses dann erlösen“, erinnert sie sich. Der grauenvolle Anblick und vor allem die verzweifelten Schreie des Kitzes ließen sie nicht mehr los. Aus dieser Erfahrung heraus gründete sie den Verein „Rehkitzrettung Augsburg“, der mithilfe von Wärmebildkameras und Drohnen vor der Mahd die Wiesen nach dort verborgenen Jungtieren absucht und sie in Sicherheit bringt. Und sie sucht nach weiteren freiwilligen Lebensrettern.
Es ist eine immer wiederkehrende Problematik: Mit großen Mähwerken fahren die Landwirte auf ihre Wiesen, um diese zu mähen. Gleichzeitig mit der ersten fälligen Mahd erblicken die kleinen Rehkitze das Licht der Erde. „In den ersten Wochen ihrer Lebzeit verstecken sich Kitze im hohen Gras, die Mütter kommen meist nur einmal am Tag vorbei, um sie zu säugen“, erklärt Cornelia Günther. Dass die Jungtiere dort viel Zeit unbeaufsichtigt verbringen, sei also vollkommen normal. Zusätzlich verleitet der „Drückerinstinkt“ – ein angeborener Schutzinstinkt der Kitze – sie dazu, sich bei dem lauten Geräusch des Mähwerks lediglich tief ins Gras zu drücken und nicht weglaufen. Bei der Mahd werden die Tiere dann oftmals von den Landwirten übersehen – das endet meist tödlich für sie. Da kommen Günther und ihr Team ins Spiel: „Die Landwirte geben uns ein bis zwei Tage im Voraus Bescheid, dass sie ihre Wiese mähen wollen und bitten uns darum, mit den Drohnen die Wiesen abzusuchen“, weiß Günther.
Die Drohnen, das sind sogenannte „Multicopter“. Sie sind mit Wärmebildkameras ausgestattet. „Ein Team besteht aus mehreren Personen mit verschiedenen Aufgaben: einem Drohnenpilot, einem Spotter, der nach Wärmefrequenzen schaut und Helfern, die dann bei der Rettung der Rehe helfen“, so Günther. Während der Rettung werden die Tiere mit speziellen Handschuhen angefasst und in Boxen sowie Gras transportiert. Da sehr junge Rehkitze noch über keinen Eigengeruch verfügen, sind die Muttertiere sehr geruchssensibel. Wenn das Tier also einmal von einem Menschen angefasst wird, hat es einen Fremdgeruch an sich und wird oftmals von seiner Mutter verstoßen. „Daher nie das Kitz einfach anfassen!“, warnt Cornelia Günther. „Wenn jemand ein Kitz findet, sollte man sich den Fundort merken, am besten mithilfe von Google Maps. Wenn es nach längerer Beobachtung immer noch nicht von seiner Mutter abgeholt wurde, kann man entweder einen Förster, oder mich kontaktieren“. Die Telefonnummer lautet 0171 / 688 1766.
Auch wenn der Verein bereits stolze 160 Mitglieder vorweisen kann, mangelt es doch immer wieder an freiwilligen Helfern. „Unsere Helfer müssen sehr flexibel sein. Die Landwirte können uns meist nur kurzfristig um Hilfe bitten und nicht viele Menschen können aus beruflichen Gründen einfach mal um 4 Uhr morgens auf einer Wiese stehen und nach Rehen suchen. Deshalb suchen wir dringend nach mehr Helfern, die auch tatsächlich aktiv dabei wären“, erläutert Günther. Wer Interesse hat, kann auf der Internetseite www.rehkitzrettung.de nähere Informationen zum Verein erhalten.