Kostümierung schon am Empfang, lustige Deko in der Werkshalle, Polonaise im Büro: Viele Narren drehen in der fünften Jahreszeit so richtig auf. Aber: Geht das überhaupt? Der IHK-Rechtsexperte erklärt, worauf beim Faschingstreiben zu achten ist. Und: Gibt es denn überhaupt noch Fasching in unseren Betrieben?
„Bei der Stadt Augsburg arbeiten über 7.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in insgesamt neun Referaten und über 70 Dienststellen“, schickt Frank Pintsch als zuständiger Personalreferent voraus. „Eine pauschale Aussage zum Fasching bei der Stadt Augsburg ist daher nicht möglich.“ Es gebe mehr oder weniger faschingsaffine Bereiche. Die Kindertagesbetreuung und das Sozialreferat dürften zum Beispiel eher zu den Faschingshochburgen zählen.
„An ‚Weiberfasching‘ (Donnerstag) ist es auch bei uns im Haus Usus, den Herren die Krawatten abzuschneiden“, berichtet Stadtsparkassen-Sprecherin Nicole Gergen. Zwar würden in der Zwischenzeit die wenigsten Kollegen noch Krawatte tragen, für diesen speziellen Tag werde aber gerne der Schlips aus dem Schrank genommen, um den Spaß mitzumachen. „Darüber hinaus besucht uns die Hollaria am Rosenmontag und tanzt in der Kundenhalle der Hauptstelle für unsere Kundschaft und die Kolleginnen und Kollegen. In Mering stattet die ‚Meringer Garde‘ traditionell seit vielen Jahren unserem Beratungscenter einen Besuch ab.“ Die Bewahrung des Brauchtums sei der Stadtsparkasse Augsburg ein wichtiges Anliegen, „daher unterstützen wir die Vereine in unserem Geschäftsgebiet.“ Am Faschingsdienstag sei es üblich, „dass viele Kolleginnen und Kollegen maskiert zur Arbeit erscheinen, was unsere Kundschaft erfreut.“ Die Stadtsparkasse habe an diesem Tag bis 13 Uhr geöffnet.
„Bei den Stadtwerken kommen vereinzelt Mitarbeitende maskiert, das ist aber von Abteilung zu Abteilung sehr unterschiedlich“, so Sprecher Jürgen Fergg. „Wir haben traditionell am Rosenmontag die Hollaria in unserem Stadtwerke Saal zu Besuch, mit Prinzenpaar und Garde. Hier können sowohl Mitarbeitende, aber auch Kundinnen und Kunden zum bunten Faschingstreiben kommen. Dazu gibt es – wie soll es anders sein – für jeden auch einen Faschingskrapfen. Und natürlich unterstützen wir als swa den Gaudiwurm von Under Oiner Kapp. Hellau und Lach am Lech.“
„Die Handwerksunternehmen in Schwaben handhaben das höchst unterschiedlich“, erklärt Sascha Schneider, Sprecher der Handwerkskammer. „Bei uns in der Handwerkskammer hält sich die Faschingsbeteiligung erfahrungsgemäß in Grenzen. Die Kammer spendiert ihren Beschäftigten am Faschingsdienstag eine Runde Krapfen und schließt an diesem Tag um 12 Uhr, wie viele andere Institutionen und Unternehmen in Augsburg auch.“ Viele Narren verkleiden sich ja in der fünften Jahreszeit gerne als Feuerwehrmann oder als „POZILEI“. Wie aber sieht es bei den Betroffenen dort im Dienst aus? „Bei uns im Hause wird der Fasching sowohl in der Verwaltung als auch im Einsatzdienst nicht groß zelebriert“, so Feuerwehr-Sprecher Friedhelm Bechtel. „Wir bestellen am Faschingsdienstag lediglich Krapfen bei einer Aktion des St. Vinzenz-Hospiz Augsburg, hierbei fließt der gesamte Erlös in die Hospizarbeit des Vereins. Da bei uns in der Feuerwehr eh das ganze Jahr Mottoparty ‚Feuerwehr‘ ist, müssen wir auf außergewöhnliche Verkleidung keinen Wert legen.“
Augsburger Fasching: Unfallaufnahme ohne Maske
Ähnlich launig klingt Polizeisprecher Markus Trieb: „Wir passen natürlich ganz genau auf unsere Uniform auf und deshalb wird es kaum abgeschnittene Krawatten von Uniformträgern geben.“ Auch sonst hat die Polizei Tag und Nacht viel zu tun und keine Zeit für Polonaise und Co. im Dienst(-gebäude). Verkleidung oder Schminken werde es beim Streifenpolizisten eher nicht geben. „Denn nicht alle Bürgerinnen und Bürger sind Faschingsfans und freuen sich über einen geschminkten Beamten bei einem Verkehrsunfall. Wo wir auch gerne mal einen Spaß mitmachen, ist auf den vielen Faschingsumzügen, die wir regelmäßig in der Faschingszeit begleiten. Dort sorgen wir in erster Linie durch unsere Präsenz für Sicherheit und durch Verkehrsabsperrungen für einen reibungslosen Ablauf von Umzügen, zum Beispiel wenn Straßen gesperrt werden müssen.“
„Von einer Faschingshochburg kann man beim Universitätsklinikum Augsburg nicht sprechen“, so Pressesprecherin Ines Lehmann. „An allererster Stelle stehen im UKA, egal zu welchem Zeitpunkt und Feiertag, die Versorgung der Patientinnen und Patienten sowie die Patientensicherheit.“ Dennoch gebe es einige Faschingsaktivitäten: Zwischen dem 2. und 4. März treten insgesamt fünf Faschingsgesellschaften aus Augsburg und der Region in der Eingangshalle auf, „um unseren Patientinnen und Patienten sowie den Mitarbeitenden eine Freude mit ihren fröhlichen und temperamentvollen Shows zu bereiten. Eine große Sache – und das mit langer Tradition – sei der Krapfenverkauf am Rosenmontag. Er werde seit Jahren organisiert vom Verein Menschen brauchen Menschen, der mit dem Erlös des Krapfenverkaufs die Klinik für Palliativmedizin unterstützt. „Dabei werden jedes Jahr mehr als 4.000 Krapfen verkauft, eine Zahl, die wir in diesem Jahr zu toppen gedenken.“ Ab 12 Uhr tritt die Prinzengarde der Deubachia in der Eingangshalle auf.
„Grundsätzlich gibt es bei uns keine Vorschriften“, beschreibt Philipp Roßkopf, Sprecher der Lechwerke (LEW). „Wer möchte, kann sich an den Faschingstagen verkleiden.“ Auch finde diesmal am Lumpigen Donnerstag die mehrmals im Jahr veranstaltete After-Work-Veranstaltung „Feierabend@LEW“ statt. Die Vorstände laden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein, in lockerer Atmosphäre und einmal ganz ohne Arbeitsthemen – dafür aber gerne verkleidet – ein paar Stunden miteinander zu verbringen. „Darüber hinaus beteiligen wir uns regelmäßig an der Krapfenaktion des Lions Club Mittelschwaben. LEW kauft dem Club Krapfen zum Marktpreis ab und verschenkt sie an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der Erlös kommt sozialen Einrichtungen und Hilfsorganisationen zugute.
„Auch arbeitsrechtlich tauchen in der Faschingszeit immer wieder Fragen auf, mit denen sich Unternehmen rechtzeitig auseinandersetzen sollten“, sagt Jonathan Wehrstein aus dem Beratungszentrum Recht und Betriebswirtschaft der IHK Schwaben. Muss ein Unternehmen seinen Beschäftigten am Rosenmontag freigeben? Darf man kostümiert am Arbeitsplatz erscheinen? Und wie sieht es mit Faschingsbräuchen im Betrieb aus?
Nach Erfahrungen des Fachmanns für Arbeitsrecht seien vor allem Urlaubsregelungen immer wieder Thema, berichtet er. „Wer bis Aschermittwoch durchfeiern möchte, sollte bei der Party-Planung beachten, dass an den Faschingstagen keine arbeitsrechtlichen Ausnahmen gelten“, so Wehrstein. „Nur an gesetzlichen Feiertagen sind Arbeitgeber dazu verpflichtet, ihre Beschäftigten von der Arbeit freizustellen. Weder Weiberfastnacht, der Rosenmontag noch der Faschingsdienstag sind jedoch gesetzliche Feiertage.“
Wer feiern will, so der Rechtsexperte, müsse Überstunden abbauen oder Urlaub nehmen. Wehrstein rät, dass sich Arbeitgeber und Beschäftigte frühzeitig absprechen. „Insbesondere Unternehmen, die die Möglichkeit haben, den Betriebsablauf flexibel zu gestalten, können den Faschingsfans durch Gleitzeit- und Arbeitszeitkonten einen Kompromiss anbieten.“ Und: Arbeitgeber haben durchaus die Möglichkeit, ihren Beschäftigten als freiwillige Leistung einen halben oder einen ganzen Tag bezahlt freizugeben.
Wie närrisch darf es im Unternehmen zugehen? Kostüm am Arbeitsplatz – ist das erlaubt? „Grundsätzlich dürfen Beschäftigte am Arbeitsplatz tragen, was sie möchten“, sagt Wehrstein. „Dementsprechend darf man auch an Fasching kostümiert am Arbeitsplatz erscheinen.“ Aber Vorsicht, es gibt Ausnahmen: Bestimmte Berufe erfordern eine verbindliche Kleiderordnung, zum Beispiel Berufe mit häufigem Kundenkontakt oder Tätigkeiten, die das Tragen von Schutzkleidung erfordern.
In arbeitsrechtlicher Hinsicht ist auch bei den typischen Faschingsbräuchen Vorsicht geboten, so Wehrstein mit Blick auf das Abschneiden von Krawatten. Führungspersonen oder Kollegen die Krawatte abschneiden – dieser Spaß könne durchaus schiefgehen. „Gegebenenfalls muss hierfür Schadensersatz gezahlt werden“, sagt Wehrstein. Sein genereller Tipp: „Unternehmen sollten auf alle Fälle vor Beginn der Faschingszeit Regeln für den Betrieb festlegen und diese an ihre Beschäftigten kommunizieren.“
So wie Konditor Lothar Rother beim St.-Vinzenz-Hospiz Krapfen für den guten Zweck verkauft, gibt es eine vergleichbare Aktion am Uniklinikum. Foto: Archiv
An Weiberfasnacht dem Chef die Krawatte abzuschneiden – das sollte zuvor abgeklärt sein, damit es hinterher keine Tränen gibt.
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