Aus hunderten Männermündern erschallt ein gemeinsames Lied – aber nein, es ist kein Fangesang Fußballbegeisterter, sondern das „Großer Gott“ anlässlich der Männerwallfahrt zur Ulrichswoche in der voll besetzten katholischen Basilika St. Ulrich und Afra. Es gibt solche Momente, und sie begeistern selbst den Weihbischof (konkret Anton Losinger), der von einem beeindruckenden Glaubenszeugnis sprach. Keine Begeisterung, aber immerhin Freude bekundete nur wenige Tage vorher Augsburgs Oberhirte Bischof Bertram Meier bei der Präsentation der „Eckdaten kirchlichen Lebens 2023 aus dem Bistum Augsburg“. Dabei geht es auch um die Zahl der Kirchenaustritte im Bistum Augsburg.

Beobachtung mancher Kirchenbesucher nur langsam wieder schließen. Archivfoto: Schnall
Meier zeigt sich in einer Mitteilung erfreut über die weiter wachsende Zahl der Gottesdienstbesucher, die im Jahr 2023 wieder annähernd das Vor-Corona-Niveau erreicht habe. „Kirche ist eine Gemeinschaft, zu der Gott uns zusammenruft. Dass der sonntägliche Gottesdienst in der Gemeinde wieder vermehrt als Ort der Stärkung und des Trostes wahrgenommen wird, erfüllt mich mit großer Dankbarkeit.“ Hintergrund: Mehr als 100.000 Menschen seien im vergangenen Jahr an den Sonntagen im Gottesdienst zu zählen gewesen, gegenüber 98.268 im Jahr 2022. Zur Einordnung: Von den laut Mitteilung 2.510.108 auf dem Boden des Bistums lebenden Menschen sind 1.154.485 Katholiken, also rund 46 Prozent der Gesamtbevölkerung. Es braucht keinen Taschenrechner, um zu ermessen, dass folglich knapp zehn Prozent der Katholiken in der Region jeden Sonntag in die Kirche gehen sollen.
Mehr Kirchenaustritte im Bistum Augsburg als durch Taufe hinzukommen
Je nach Sichtweise mag man auch Freude darüber empfinden, dass die Zahl der Kirchenaustritte im Bistum Augsburg im vergangenen Jahr um mehr als 30 Prozent gesunken ist. Laut der „Eckdaten kirchlichen Lebens des Jahres 2023“ waren es 2023 deren 21.277 Menschen, die ihrer Kirche den Rücken gekehrt haben, gegenüber noch 30.921 im Jahr 2022. In die katholische Kirche eingetreten sind im Bistum Augsburg 329 Personen (gegenüber 323 in 2022). Sie wiegen nicht den „Nachwuchs“ an Kirchenmitgliedern per Taufe auf: 2023 haben 9.173 Menschen im Bistum Augsburg das Sakrament der Taufe empfangen – 1743 weniger als 2022 (10.916). Leicht gesunken ist auch die Zahl der Erstkommunionen (10.049 gegenüber 10.198 in 2022). Etwas aufwärts ging es bei den Firmungen (8.254 gegenüber 8.139 in 2022). Die Zahl der Trauungen ist mit 2.085 (2022: 2458) zurückgegangen. Es gab 13.132 Bestattungen (2022: 13.912).
Die gesunkenen Austrittszahlen sieht der Bischof differenziert: „Ich trauere um jeden Menschen, der uns verlässt. Aber ich freue mich, dass im vergangenen Jahr der negative Trend abgemildert wurde. Vielleicht hat das Ulrichsjubiläum mit seinen vielfältigen Angeboten, den Glauben gemeinsam zu feiern, etwas dazu beigetragen, dass die Menschen die Schönheit und den Trost einer Gemeinschaft im Glauben neu entdeckt haben.“
Neue Ansprechperson für Fälle sexuellen Missbrauchs durch Kleriker benannt
Die Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs im Bistum Augsburg geht in Kontinuität weiter: Bischof Dr. Bertram Meier hat die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch (UAKA) und den Unabhängigen Betroffenenbeirat (UBBA) im Bistum Augsburg für weitere drei Jahre bestätigt. Mit der Ausnahme eines altersbedingten Ausscheidens haben sich alle Mitglieder der beiden Gremien bereit erklärt, ihre Arbeit fortzusetzen. Zudem ist mit der Augsburger Rechtsanwältin Mandana Mauss Fachanwältin für Strafrecht, auch wieder eine neue unabhängige Ansprechperson für Fälle sexuellen Missbrauchs durch Kleriker und sonstige Beschäftigte im kirchlichen Dienst durch den Bischof beauftragt worden. Mit Rechtsanwältin Mauss steht zum 15. Juli neben Dr. Andreas Hatzung künftig wieder eine Ansprechperson weiblichen Geschlechts zur Verfügung. Bischof Bertram dankt ihr für die Bereitschaft, diese anspruchsvolle Aufgabe zu übernehmen: „Es ist eine Herausforderung, die neben Fachwissen auch Fingerspitzengefühl verlangt. Ich bin überzeugt, dass Frau Mauss gerade auch durch ihr Engagement als zertifizierte Opferanwältin beim Weißen Ring beides mitbringt.“ Die große Verantwortung, die sie speziell im Erstkontakt mit Betroffenen trage, sei nicht hoch genug wertzuschätzen.
Mit Einsetzung der Unabhängigen Aufarbeitungskommission vor drei Jahren hatte Bischof Bertram sich die Vorschläge aus der „Gemeinsamen Erklärung“ zu eigen gemacht, die die Deutsche Bischofskonferenz zusammen mit dem Unabhängigen Beauftragten
der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs im Jahr 2020 unterschrieben hatte. Die Aufarbeitungskommission setzt sich derzeit aus sieben Mitgliedern zusammen, wovon zwei aus dem Betroffenenbeirat entsandt wurden, um die Sicht von Betroffenen unmittelbar in die Arbeit der UAKA einfließen zu lassen. Derzeit entsteht an der Ludwig-Maximilians-Universität in München eine Missbrauchsstudie für das Bistum Augsburg, die auf Wunsch der Unabhängigen Aufarbeitungskommission sowie des Unabhängigen Betroffenenbeirats vor allem die Opfer in den Mittelpunkt rücken will.