Interview mit dem 38-jährigen Coach

Mit ihm soll der FC Augsburg endlich an alte Glanzleistungen anknüpfen können. Für Enrico Maaßen ist der Sprung in die Bundesliga zweifelsohne ein großer, aber kein unüberlegter. Warum das so ist, welche Ziele er jetzt mit dem FCA verfolgt und über vieles mehr spricht der 38-Jährige im großen AUGSBURG JOURNAL-Interview.

Augsburg Journal: Wie fällt ihr Fazit der Vorbereitung aus?
Enrico Maaßen: Zunächst war es für mich sehr wichtig, den Staff und die Mannschaft kennenzulernen, um als Gruppe schnellstmöglich zusammenzuwachsen. Dementsprechend bin ich schon eine Woche vor Trainingsstart vor Ort gewesen und habe Gespräche geführt. Seit dem Trainingsauftakt geht es natürlich auch darum, an unserer Spielidee zu arbeiten und diese zu verfestigen. Hierbei gilt es noch, weiter an der ein oder anderen Stellschraube zu drehen. Nicht ganz einfach waren dabei die diversen Ausfälle von Spielern wie Arne Maier und Niklas Dorsch, die quasi nur abwechselnd im Training waren. Außerdem Reece Oxford und Ruben Vargas, die noch gar nicht mit der Mannschaft trainieren konnten. Ansonsten sind wir aber, bis auf Lasse Günther, der sich im Testspiel gegen Sandhausen am Muskel verletzt hat, gut durch die Vorbereitung gekommen. Herauszustellen ist, dass alle bis hierhin hervorragend mitgezogen haben. Es ist deutlich erkennbar, dass die Jungs auf der einen Seite große Lust darauf haben einen intensiven Fußball gegen den Ball zu spielen und auf der anderen Seite mit dem Ball unsere Spielidee weiterentwickeln zu wollen, auch wenn noch nicht alles klappt. Ich habe grundsätzlich ein sehr positives Gefühl.

Im Gespräch (v.l.): AJ-Chefredakteur Wolfgang Bublies, Sportreporter Johannes Kaiser, FCA-Trainer Enrico Maaßen und AJ-Herausgeberin Anja Marks Schilffarth.

AJ: Wie war‘s im Trainingslager?
Maaßen: Die Bedingungen waren in allen Bereichen herausragend. Wir haben auf und neben dem Platz sehr intensiv gearbeitet und sind als Gruppe noch enger zusammengewachsen.
AJ: Das Trainingslager und die komplette Vorbereitung verlief von außen betrachtet recht reibungslos, man hört viel Positives. Was ist der Schlüssel dazu?
Maaßen: Meiner Meinung nach geht es nicht darum, die Spieler in eine Richtung zu lenken, sondern vorrangig darum, dass die Jungs von der Art überzeugt bzw. begeistert sind, wie wir Fußball spielen möchten. Vor diesem Hintergrund ist es essenziell, wie man mit den Jungs kommuniziert. Dass diese auf Augenhöhe abläuft, habe ich bereits bei meiner ersten PK betont.
AJ: Welche Spieler haben sich positiv hervorgetan?
Maaßen: Das ist jetzt natürlich nicht einfach, aber beispielsweise Freddy Jensen hat sich in der Vorbereitung wirklich hervorgetan. Er hat viele gute Spiele gezeigt und gut trainiert. Freddy hat ein großes Potenzial, Flexibilität auf dem Platz, kann auf verschiedenen Positionen spielen. Ansonsten habe ich aber bei allen Spielern das Gefühl, dass sie aufmerksam sind und die Dinge, die wir uns erarbeiten, umsetzen möchten.

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AJ: Wo sehen Sie die Stärken und Schwächen der Mannschaft?
Maaßen: Ich glaube, dass wir in der Lage sind, sehr intensiv zu laufen bzw. zu sprinten. Das haben auch die Werte im letzten Jahr gezeigt. Das heißt, dass wir gegen den Ball in der Lage sind, den Gegner permanent unter Druck zu setzen. Im Hinblick auf das Umschalten nach Ballgewinn müssen wir uns verbessern: Wir haben viele Ballgewinne, aber daraus zu wenig große Chancen erspielt, weil wir zu häufig quer oder nach hinten spielen. Da geht es dann darum, schneller vertikal zu spielen und dann eben aus den Möglichkeiten, die wir bekommen, auch die Tore zu erzielen. In Sachen Ballbesitz ist die Struktur jetzt schon klar erkennbar, wie wir Fußball spielen möchten. Aber da geht es in der nächsten Zeit darum mehr Ruhe zu haben, die Angriffe noch geduldiger vorzubereiten, den Ball nicht so schnell wieder herzugeben. Wir haben häufig noch das Bedürfnis, wenn wir einmal auf dem Flügel sind, auf diesem auch durchzuspielen.
AJ: Hätten Sie noch einen speziellen Wunsch, was Verstärkungen für den Kader angeht?
Maaßen: Ich habe ja bereits vor dem Wechsel von Michael Gregoritsch, den wir jetzt 1:1 mit Ermedin Demirovic getauscht haben, gesagt, dass uns ein Offensiver guttun würde. Deshalb ist da der Wunsch immer noch da, dass wir in der Offensive einen Spieler finden, der Qualitäten mitbringt, die uns verbessern.
AJ: Bei Tauschgeschäften ist es ja immer so, dass sich beide Vereine wie der Gewinner fühlen, wie bewerten Sie das Tauschgeschäft zwischen Gregoritsch und Demirovic?
Maaßen: Es wäre für mich völlig in Ordnung gewesen, den Gregerl zu behalten. Denn er hat große Fähigkeiten mit dem Kopf, offensiv wie defensiv, ist darüber hinaus ein sehr guter Fußballer, mit einem starken Torabschluss. Jetzt hat sich die Situation aber so dargestellt, dass er nur noch ein Jahr Vertrag hatte und wenn er diesen nicht verlängert, geht er nächstes Jahr ablösefrei. Mit Demirovic bekommen wir einen Spieler, der in der Jugend und in den Stationen vor Freiburg immer viele Tore geschossen hat und für die Art, wie wir Fußball spielen wollen, die nötige Intensität mitbringt. Er ist ein Strafraumstürmer, sehr robust und hat ein großes Potenzial. Deshalb war der Deal, denke ich, für beide Seiten absolut in Ordnung und ich bin mir sicher, dass wir an „Demi“ noch viel Freude haben werden.
AJ: Sie haben angekündigt, im Trainingslager die Saisonziele zu definieren, können Sie diese noch einmal konkret benennen?
Maaßen: Es ist aus meiner Sicht komplett vermessen zu sagen, wenn man die letzten Saisons und die aktuellen Aufsteiger betrachtet: „Wir wollen einen einstelligen Tabellenplatz“. Es geht aber nicht darum, duckmäuserisch daherzukommen, sondern darum, die Dinge vernünftig einzuordnen. Für uns gilt es, sich auf jedes Spiel konkret vorzubereiten und es zu schaffen auf so vielen Positionen wie möglich 100 Prozent zu erreichen. Es geht aber auch um das „Wie“ auf dem Platz, dass sich die Fans bzw. die Leute im Umfeld damit identifizieren können und wir als Club vorankommen. Und dann schauen wir, was am Ende dabei herumkommt.
AJ: Wie groß ist der Unterschied im Training und im Umgang mit den Spielern einer Bundesligamannschaft und einer aus der Regional bzw. 3. Liga?
Maaßen: Die sind tatsächlich gar nicht so groß. Man muss aber hierzu auch anmerken, dass ich in Dortmund die beste U23-Mannschaft in Deutschland hatte. Es haben viele Spieler, wie Ansgar Knauff, Steffen Tigges, Youssoufa Muokoko oder Dan-Axel Zagadou bei mir gespielt. Im Umgang ist – wie ich bereits erwähnt habe – vor allem die Art und Weise, wie man mit ihnen kommuniziert und umgeht wichtig. Das klappt bislang sehr gut. Die Unterschiede liegen in der Athletik und der Spielgeschwindigkeit.
AJ: Wie gehen Sie mit dem erhöhten Druck, der mit einer Trainerstelle in der Bundesliga zusammenhängt, um, gerade, auch wenn es mal nicht so läuft, wie erhofft?
Maaßen: Ich bin diesen Schritt nachhaltig und bewusst gegangen. So hätte ich diesen auch schon früher machen können, habe mich aber bewusst dagegen entschieden. Darüber hinaus habe ich mich zwar schon mit einigen Bundesligatrainern ausgetauscht, dennoch muss man es dann live erleben und fühlen, wenn es mal nicht so leicht ist und die ersten Sprüche von der Seite kommen. Man braucht da ein gutes Mindset und ich denke, dass ich das ganz gut hinbekomme.
AJ: Was ist wichtiger, Taktik oder Emotion?
Maaßen: Es geht grundsätzlich immer darum, die Menschen zu begeistern. Es gibt viele Trainer, die sind mit einer emotionalen Herangehensweise erfolgreich, da gibt es kein richtig oder falsch. Dies ist meiner Meinung nach aber auch abhängig davon, was die Mannschaft benötigt. Gibt es viele Spieler auf dem Platz, die coachen und gute Entscheidungen treffen, oder hat man eine Mannschaft, die eher einen Plan braucht.
AJ: Und was braucht Ihre Mannschaft?
Maaßen: Dies ist ganz individuell, es gibt Spieler, die brauchen nicht so viele Informationen, aber alle wollen einen Plan, alle wollen besser werden und alle wollen davon profitieren. Außerdem haben alle Spieler Interesse daran, in einer Atmosphäre zu arbeiten, die Spaß bringt und die produktiv ist.
AJ: Wie gefällt Ihnen die Region bislang, hatten Sie bereits Gelegenheit Augsburg etwas näher kennenzulernen? Werden Sie schon erkannt und angesprochen, wenn Sie unterwegs sind?
Maaßen: Ja, das ist auch schön und freut mich. Die Leute begegnen mir sehr offen und herzlich. Ich fühle mich sehr wohl, in der Regel bin ich aber eigentlich nur in Cafés oder Restaurants, wenn ich mal hier rauskomme (lacht). Ansonsten bin ich zumeist im Hotel.
AJ: Also haben Sie noch keine Wohnung gefunden?
Maaßen: Wir (Maaßen ist verheiratet und hat zwei Kids, Anm. d. Red) sind aktuell noch auf der Suche. Interview: Johannes Kaiser

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