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Dienstag, 10. Dezember 2024

Endlich wieder Oper – „La clemenza di Tito“

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Am 1. Februar 2020 hatte zuletzt mit „Der Konsul“ eine Oper am Staatstheater mit Orchester im Orchestergraben Premiere. Nun war es endlich wieder soweit. Erneut war es ein Werk, in dem es um Macht geht, das Parallelen zu unserer Zeit und ihren Herrschaftsstrukturen hat. Und „das ganz unverständlich so selten zur Aufführung kommt, ein Schattendasein führt“, so Operndirektor Daniel Herzog, der sich umso mehr über diese Inszenierung freute. „La clemenza di Tito“ (auf Deutsch: Die Milde des Titus), Mozarts letzte Oper, wurde von Wojtek Klemm auf die Bühne im Martini-Park gebracht. Zu sehen und hören sind u.a. Sally du Randt als Vitellia. und in der Titelrolle des Tito: Gastenor Mirko Roschkowski. Mit beiden sprach AJ-Reporterin Marion Buk-Kluger

Interview:

AJ: Endlich wieder Premiere, wie fühlt Ihr Euch, im Wissen, wieder singen, spielen, vor Publikum agieren zu können.

 

Sally du Randt: Ich bin wahnsinnig aufgeregt, fast zwei Jahre ist es her, es fühlt sich an wie komplett neu auf der Bühne zu stehen. Wir sind alle froh, dass wir wieder singen können, ohne Masken, uns auch wieder anfassen können in der Interaktion. Es hat uns so gefehlt, wir merken jetzt noch dieses innere Abstandsgefühl…Aber es heißt dennoch testen, desinfizieren.

 

Mirko Roschkowski: Ich habe tatsächlich schon eine Premiere mit Hoffmanns Erzählungen in Bremerhaven bei mir zu Pause hinter mir. Aber zum Warmlaufen gab es dort, hier und an der Oper Leipzig schon Proben. Und dazwischen noch ein Festspiel vor Publikum. Aber es ist ein Wahnsinn, was dieser Energieaustausch mit dem Publikum ausmacht. Es fehlte unglaublich, es war enorm. Emotional ist es wirklich eine Aufwertung für unsere Arbeit… Ich bin auch froh, dass man wieder körperlich agieren kann. Gott sei Dank, ich bin doch so ein Kuschelbär.

 

Sally du Randt: Ja, die Aufwertung ist wichtig. Endlich, wir standen ja ganz hinten auf der Liste. Für verschiedene Sektoren wurde überlegt, was man machen kann. Nur wir waren so überhaupt nicht wichtig. Jetzt, wo es wieder losgeht, ist es ein tolles Gefühl.

 

AJ: Zu Tito, diese letzte Mozart-Oper wird ja nicht so oft gespielt. Sally, ist Dir Deine Rolle, die der Vitellia bekannt?

 

Sally du Randt: Nein, sie ist neu für mich. Und eine Rolle, die Mozart wahnsinnig anspruchsvoll gestaltet hat. Ich habe über zweieinhalb Oktaven zu singen, ziemlich hoch, dann mit Koloratur viel Mittellage und dann brutal tief, nachdem man ganz oben war.

 

AJ: Wie war es bei Dir, Mirko?

 

Mirko Roschkowski: Ich habe tatsächlich Tito schon einmal in Köln und in Wiesbaden gemacht. Das war aber eine andere Herangehensweise. Hier steht das Doppelbödige mehr im Vordergrund, das Politische. Diese Charakterisierung, die wir machen, zeigt was nach außen präsentiert wird, aber auch, das unglaublich viel dahinter ist. Dass die figuren, die wir als Solisten darstellen, alle eigenen Geschichten haben, und miteinander Geschichte haben.

 

Sally du Randt: Dass nichts ist wie es scheint.

 

Mirko Roschkowski: Alle sind verbunden. Und Tito ist nach außen der milde Politiker,

der aber diese Milde als politisches Instrument einsetzt, um die Menschen um sich zu manipulieren. Es geht viel um Scheitern, tiefe Emotionalität, die im Schatten steht von Dingen, die nach außen transportiert werden.

Ich finde dies spannend. Auch das Instrument (Anmerkung: Videofilmkunst mit Einblendungen) das genutzt wird, da wir begrenzt Raum und Möglichkeiten haben auf dieser Bühne, spricht unterschiedliche Ebenen an. Man hat nie den Eindruck, man ist genau an dieser Stelle, die gerade gespielt wird. Es passiert immer viel im Hintergrund.

 

Sally du Randt: Bei Vitellia kommt deren Zerrissenheit deutlich zum Vorschein. Sie ist sehr kalkuliert und nutzt Menschen für ihre Zwecke. Im Stück erkennt sie schon ihre Fehlleitung.

 

Mirko Roschkowski: Das Spannende ist, dass dies alle machen. Alle, die involviert sind, nutzen alle aus.

 

Sally du Randt: Die einzige im Stück, die nicht komplett mit Kalkül agiert ist die Servilia ( gespielt von

Jihyun Cecilia Lee. Ansonsten tun es alle.

 

AJ: Sind alle wirklich so schlimm?

 

Mirko Roschkowski (lachend): Sie sind alle schlimm, Menschen in Machtpositionen.

 

Sally du Randt: Hier kommt es gut zum Vorschein. Unser Regisseur (Wojtek Klemm) wollte das zeigen, das unsere Welt, die wir nach außen demonstrieren, nicht die im Innen ist. Zudem zeigt er, was wirklich hinter den Kulissen steckt, in den verschiedenen Rollen.

 

Mirko Roschkowski: Die Oper hat den Ruf, dass sie Langeweile hervorrufen könnte, aber sie ist spannend und kurzweilig. So mein Eindruck…Titus ist eine Partei, die mir unglaublich am Herzen liegt. Einerseits durch diese Milde, die ich sehr menschlich empfinde oder empfinden möchte. Hier kommen jetzt weitere menschlich Dimensionen hinzu. Mit einem Regisseur zu arbeiten, der vom Schauspiel kommt, das finde ich spannend. Und frage mich, welche Sicht hat er, was holt er aus mir heraus, was ich sonst noch nicht erlebt habe. Auch durch die Stereotypien, die man als Sänger an den Tag legt. Das erwarte ich und so wurde es auch erfüllt, dass ein Schauspiel-Regisseur das nicht durchgehen lässt. Er hat natürlich einen anderen Blick, eine andere Wahrnehmung unserer Bewegung, des Zusammenspieles zwischen Text und Musik. Das ist eine ganz große Bereicherung.

 

Sally: Genau. Als ich anfing, die Rolle einzustudieren, hatte ich ein ganz anderes Bild von ihr, als das was im Konzeptions-Gespräch herauskam. Ich dachte, das was sie singt, ist so. Ich sah sie weicher, nicht, dass sie keine Weichheit hat, aber es ist nie eins zu eins, das was ich singe ist konträr zu dem was ist, was ich spiele. Ich singe etwas und spiele total das andere, weil er das zeigen wollte, dass Außen und Innen nicht identisch sind. Es ist eine Herausforderung.

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