Es war zweifellos eines der schlimmsten und meistbeachteten Verbrechen der vergangenen Jahre in Augsburg: der Mord am Polizisten Matthias Vieth (damals 41 Jahre alt), der am 28. Oktober 2011 bei einer Verfolgungsjagd erschossen wurde. Gefühlt eine ganze Stadt suchte danach den Mörder, zumindest aber jede Polizistin, jeder Polizist war in den folgenden Wochen in die Ermittlungen nach dem oder den Tätern eingebunden, die auch Vieths Streifenpartnerin Diana K. angeschossen hatten. Solange, bis im Dezember 2011 Raimund Mayr und Rudolf Rebarczyk festgenommen wurden. Zehn Jahre ist es her, dass der erste der beiden Brüder im Februar 2014 zu einer lebenslangen Gefängnisstrafe verurteilt wurde, ein Jahr später erhielt sein Bruder ein ähnliches Urteil. Eine Frage, die sich stellt: Könnte es sein, dass Mayr und/oder Rebarczyk inzwischen auf freiem Fuß sind?

Nein. Die beiden Brüder befinden sich nach wie vor im Strafvollzug, teilt ein Sprecher der zuständigen Vollstreckungsbehörde bei der Augsburger Staatsanwaltschaft mit. Zu Fragen des Aufenthalts der Beiden (in den Anstalten im niederbayerischen Straubing und in Diez zwischen Frankfurt und Bonn) gibt es von der Staatsanwaltschaft ebenso wenig Auskünfte wie über den Gesundheitszustand. Einerseits (Gesundheit), weil die Behörde darüber nicht stets auf dem Laufenden sei, andererseits (Aufenthalt), weil die zuständigen Haftanstalten aufgrund verschiedener Umstände Insassen zum Teil über die Jahre hinweg an andere Orte verlegten. Dass sich die Augsburger Staatsanwaltschaft in der Angelegenheit auch künftig zu Wort melde, wäre nicht ungewöhnlich, sei sie doch im Falle von Anträgen, etwa was eine Haftentlassung anbelange, mit zuständig.

Wer in Sachen Mayr Bescheid weiß, ist Hans Jürgen Amannsberger, Leiter der Justizvollzugsanstalten Straubing und Passau sowie Leiter der Einrichtung für Sicherungsverwahrung Straubing. Er bestätigt auf Anfrage: „Der Verurteilte Raimund Mayr verbüßt nach wie vor seine Strafe in der Justizvollzugsanstalt Straubing. Aus Persönlichkeitsschutzgründen darf über sein gesundheitliches Befinden und den Verlauf der Strafvollstreckung sowie die Frage einer etwaigen Haftentlassung keine Auskunft erteilt werden.“ Losgelöst vom Einzelfall erklärt Amannsberger: Ob jemand aus der Haft entlassen werden kann, entscheiden die Gerichte oder im Fall von Strafausstand wegen Vollzugsuntauglichkeit die Vollstreckungsbehörden.

Experten über die Chancen einer frühzeitigen Entlassung des 2014 verurteilten Brüder-Paares im Mordfall Matthias Vieth

Und was weiß die Verteidigung von Mayr aus seinem Gerichtsverfahren im Jahr 2015? Werner Ruisinger, Augsburger Strafverteidiger, erinnert sich gut an die Vorkommnisse jener Monate, als 2013 zunächst begonnen worden war, gegen die beiden Brüder gemeinsam zu verhandeln. Dann wurde das Verfahren von Mayr abgetrennt, weil er wegen einer Parkinson-Erkrankung zunächst aus gesundheitlichen Gründen verhandlungsunfähig war. Im März 2015 erhielt Mayr schließlich ein ähnliches Urteil wie sein Bruder zuvor im Februar 2014: Der wurde wegen Mordes mit besonderer Schwere der Schuld und versuchten Mordes verurteilt zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe und anschließender Sicherungsverwahrung – Mayr allerdings ohne Sicherungsverwahrung. Mit der Rechtskraft des Urteils endete, so Ruisinger, wie in den meisten Fällen, auch sein Mandat für Mayr. Seitdem, so der Anwalt, habe er kaum mehr Kontakt zu ihm gehabt. Empfehlenswert für ihn wäre, so Ruisinger, sich für mögliche Anträge auf Haftentlassung einen Anwalt aus dem Straubinger Raum zu suchen, da seine dortigen Kollegen sowohl örtlich gesehen näher am dortigen Gefängnis seien als auch dass sie die zuständigen Richter besser kennen würden.

Von Rebarczyk wurde bekannt, dass er in der rheinland-pfälzischen Haftanstalt Diez interniert wurde. Mehr als das: Im Jahr 2018 machte der zum Tatzeitpunkt 63-Jährige Schlagzeilen, indem er einer Gefängnis-Besucherin möglicherweise das Leben rettete. Die Frau hatte einen Insassen besucht, als dieser plötzlich begann, die Besucherin anzugreifen. Rebarczyk, zu diesem Zeitpunkt ebenfalls im Besucherraum zugegen, habe laut Mitteilung von Beobachtern den Angreifer so lang von der Frau abgehalten, bis ihn Justizbeamte entwaffnen konnten.
Und Vieths Streifenpartnerin? Diana K., zum Tatzeitpunkt 30 Jahre alt, hatte es glücklichen Umständen zu verdanken, dass sie nicht auch tödliche Schussverletzungen erlitt. Eine Kugel aus der Waffe der Angreifer hatte exakt ein Patronenmagazin getroffen, welches die Frau in jener Nacht am Gürtel trug. Ein, zwei Zentimeter daneben, und der Schuss wäre nicht von der Metallkassette abgelenkt worden. Diana K. wird nach wie vor von der Augsburger Opferanwältin Marion Zech betreut. Gemeinsam hatten sie nach den Strafprozessen gegen das Brüderpaar zivilrechtliche Ansprüche (Schmerzensgeld, Schadensersatz) erstritten. An einen Vollzug derartiger Ansprüche, so Zech, könne wohl kaum vor einer Haftentlassung der beiden gedacht werden. Diana K. habe nach wie vor keinerlei Interesse, mit ihrem Schicksal in die Öffentlichkeit zu gehen. Die Beamtin war sechs Monate nach der Tat in den Polizeidienst zurückgekehrt, Innendienst. Der Mission seines Vaters, für Sicherheit, Recht und Ordnung zu sorgen, hat sich der Sohn von Matthias Vieth angenommen, der schon vor einigen Jahren in den Polizeidienst eingetreten ist.

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