Theater ums Theater und ein Ende ist nicht absehbar. Die Liste der Ausreden für das totale Kontroll-Versagen an Augsburgs größter Baustelle nimmt immer krassere Formen an. Wenn Baureferent Steffen Kercher vor versammeltem Stadtrat versichert, dass die fristlose Kündigung des federführenden Architekten weder Auswirkungen auf die Bauzeit noch auf die Kosten hat – da wundert sich der Laie und der Fachmann verrenkt sich beim Kopfschüttel-Turbo den Hals.
Eine AUGSBURG JOURNAL- Nachfrage bei bayerischen Top-Architekten ergab die nahezu hundertprozentige Einschätzung, dass allein die Einarbeitung des neuen Planungs-Teams samt einem jetzt noch zusätzlich engagierten Projektsteuerer das Vorhaben, um weitere Millionen Euro verteuert. Bekanntlich startete das Projekt 2016 mit einem Etat von 186 Millionen Euro, der aktuelle Kostenstand beträgt 420 Millionen Euro. Und da ist die befürchtete Schadenersatz-Summe für das gefeuerte Architekturbüro Achatz noch nicht enthalten.
Nach Experten-Meinung verteuert die Architekten-Kündigung die Sanierung des Augsburger Theaters um Millionen
Walter Achatz, seit 35 Jahren international als Theaterplaner gefragt, erhielt den Zuschlag für die Sanierung des Augsburger Theaters nach europaweiter Ausschreibung und intensiven Bauherren-Gesprächen. Nach sechs Jahren Zusammenarbeit ohne Stadtratsbeschluss vom Baureferenten Kercher fristlos gekündigt – da müssen schon massive Verfehlungen passiert sein. Wobei wenige Wochen vor der Kündigung vom Stadtrat weitere 77 Millionen Euro für die Sanierung genehmigt worden sind.
Oder spielen vielleicht gar persönliche Befindlichkeiten die entscheidende Rolle? Ob es vor Gericht geht oder es doch noch zu einer außergerichtlichen Lösung kommt – die Versicherung wird’s, wie beim kürzlichen Wasserschaden, nicht übernehmen. Und das Klima mit Achatz dürfte übrigens auch weiterhin gehörig gespannt sein, nachdem Kercher Polizeihilfe anforderte, um Achatz-Mitarbeiter von der Theater-Baustelle zu entfernen.
Allen Problemen zum Trotz sehen jedenfalls Oberbürgermeisterin Eva Weber und ihr Baureferent die „Umstrukturierung“ der städtischen Verantwortung mit einer qualifizierten Projektgruppe als einen „Schritt nach vorn“. Dass man auf den Zustand der völligen Überforderung der städtischen Bauverwaltung beim Theaterprojekt erst jetzt reagiert, könnte mit den Rathauswahlen im nächsten Jahr zu tun haben.
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