Start Business Großes Theater, großes Unternehmen: Das Staatstheater Augsburg ist das AJ-Unternehmen des Monats

Großes Theater, großes Unternehmen: Das Staatstheater Augsburg ist das AJ-Unternehmen des Monats

Blick in den Backstagebereich: die Sängerinnen Sally du Randt (re.) und Jihyun Cecilia Lee in der Maske. Foto: Jan-Pieter Fuhr

Hinter dem Staatstheater Augsburg stehen über 500 Menschen, die dafür sorgen, dass auf und hinter der Bühne alles läuft.

Mit genauem Blick bearbeitet Juliane Buchin die Perücke: Sie ist seit 2019 professionelle Maskenbildnerin am Staatstheater Augsburg, unserem Unternehmen des Monats. Das heißt nicht nur, dass sie wie zum Beispiel bei den Vorstellungen auf der Freilichtbühne sieben Darstellerinnen und Darsteller schminkt und frisiert. Oft sitzt sie in der Werkstatt, bereitet vor oder nach. Etwa Perücken, die sie bereits für „Linda“ anfertigt, ein Schauspiel-Stück, das im September Premiere hat. Vier bis fünf Produktionen begleiten Buchin und ihre Kolleginnen und Kollegen gleichzeitig.

Maskenbildnerin Juliane Buchin ist eine der rund 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Staatstheaters. Foto: Julia Greif


Buchin hat sich bewusst fürs Theater als Arbeitgeber entschieden, statt Film oder Fernsehen den Vorzug zu geben: „Unser Beruf ist sehr handwerklich und ich mag es, groß zu arbeiten. Das kann man tendenziell eher für die Bühne als für die Kamera. Und ich mag, dass es am Theater sehr vielfältig ist, aufgrund der diversen Werkstoffe. Das kann alles sein von Papier und Leim über Silikon, Plastik, Schaum. Auch der Prozess ist ein anderer. Man muss ein bisschen mehr improvisieren.“ Bei ihr steht das Handwerk im Vordergrund. „Das Kreative, das sind eigentlich eher die Bühnen- und Kostümbildner, die sich die Figurinen erdenken.“ Der Chef der Abteilung, Simon Wiese, verwaltet das Budget. Wichtig ist dabei das Recyclen, erklärt Buchin: „Wir haben einen relativ großen Fundus. Und das ist auch so ein bisschen Teil des Maskenbildnerseins, dass man kreativ ist in dem, was man benutzt.“

Das Staatstheater Augsburg als Unternehmen: Nachhaltigkeit ist wichtig


Nachhaltigkeit ist für das Staatstheater generell ein Thema, nicht nur in der eigenen Klima-AG. Konkret überlegt die Bühnenbildwerkstatt zum Beispiel, sich von anderen Theatern Bestandteile zu leihen. Werbematerialien wie Flyer oder Plakate sind fast immer aus recyceltem Material und werden CO2-kompensiert.


Arbeit am Theater ist Teamarbeit: Buchin hat zehn Kolleginnen und Kollegen in der Maske, dazu den Abteilungschef und fünf Azubis. Insgesamt arbeiten am Staatstheater über 500 Menschen: circa 470 fest Engagierte, außerdem Teilzeit- und Aushilfskräfte. Und er muss den Überblick darüber behalten: Staatsintendant André Bücker. Er ist inszenierender Intendant, führt also zweimal im Jahr Regie. Ihm ist wichtig, „dass man wirklich im Maschinenraum des Hauses arbeitet, dort, wo das zentrale Wesensmerkmal des Theaters entsteht, nämlich die Kunst, und damit den Austausch mit allen Gewerken hat. Aber die organisatorische Arbeit ist natürlich der weitere große Aspekt. Ich kann mich jetzt nicht hinsetzen und mich nur um die Kunst kümmern.“ Von Bewerbungsgesprächen bis zum Sitzkissentesten im Foyer: Auch das gehört zu seinen vielfältigen Aufgaben.

Das Staatstheater Augsburg ist auch ein Wirtschafts-Unternehmen


Das Staatstheater ist auch ein wirtschaftlicher Betrieb. Bücker erklärt: „Wir unterliegen nicht nur unserer Kreativität, sondern auch der ganz normalen Gesetzgebung, etwa was Arbeitszeitgesetze angeht. Wir mussten einen Wirtschaftsplan aufstellen. Wir werden von Rechnungs- und Wirtschaftsprüferinnen und -prüfern geprüft. Wir sind ein großer Betrieb, der hat natürlich auch eine Struktur, die Notwendigkeiten bedient. Aber anders als in den meisten anderen Betrieben gibt es sehr unterschiedliche Aspekte.“ Kasse, Orchester, Schauspielerinnen, Ballett, IT-Fachleute, Reinigungspersonal, Techniker, Schreinerinnen, Schlosser, Pförtnerinnen, um nur ein paar zu nennen: Das Staatstheater ist Arbeitgeber für Menschen mit ganz unterschiedlichen Berufsbildern. Aber auch ein Unternehmen mit einem Kulturauftrag: „Unser Auftrag lautet verkürzt gesagt, Kunst und Kultur im Theaterbereich für die Menschen der Stadt und der Region zu erschwinglichen Preisen anzubieten. Das ist auch der Grund, warum wir öffentlich gefördert werden“, erläutert Bücker.

André Bücker inszenierte Beethovens Oper „Fidelio“. Foto: Daniel Biskup


So wie die Zuschauerinnen und Zuschauer aus ganz verschiedenen Orten kommen, verteilt sich auch das Theater über die ganze Stadt Augsburg: Mit den Interimsspielstätten ist es an fünf Orten präsent. Auch die Büros sind über die Stadt verteilt, dadurch steigt der Aufwand , mit den Zuschauerinnen und Zuschauern zu kommunizieren, und auch die gemeinsame Zusammenarbeit wird erschwert. So fährt die Belegschaft an manchen Tagen zum Gaswerk, um sich mit der Kostümabteilung abzustimmen, trifft sich dann im martini-Park, um sich innerhalb der Abteilung zu besprechen und abends ist man bei einer Vorstellung auf der Freilichtbühne.

Das Staatstheater Augsburg als Ausbildungsstätte


Buchin läuft Bücker auch im großen Theaterbetrieb hin und wieder zufällig über den Weg, erreicht ihn auch bei Fragen. „Der Staatsintendant hat eigentlich immer eine offene Tür.“ Buchin wird in der kommenden Spielzeit zur stellvertretenden Chefmaskenbildnerin aufsteigen, und damit auch die Werkstatt leiten und Azubis ausbilden. Schneiderei, Veranstaltungstechnik und Maske bieten Ausbildungen an. Das Staatstheater ist nicht nur in dieser Hinsicht für die Zukunft gerüstet: Auch künstlerisch, etwa mit seiner umfangreichen VR-Sparte. Jüngst erschien das viel beachtete VR-Schauspiel „Unser Leben in den Wäldern“. Bücker möchte aber auch in vielen anderen Aspekten dem heutigen Anspruch an ein Staatstheater gerecht werden: „Wir wollen unser altes Publikum weiter erreichen, unsere Reichweite vergrößern und künstlerisch attraktiv bleiben.“ Dafür gibt es etwa den Theaterbus, das Kultursozialticket für Geflüchtete und bedürftige Menschen, Familienangebote und ein umfangreiches Schulprogramm. „Das ist uns ganz besonders wichtig: Dass wir kein elitärer Laden für Besserverdienende sind“, so Bücker.

Foto: Jan-Pieter Fuhr

Geschichte und Kontakt des Staatstheaters Augsburg:

Das Staatstheater Augsburg ging am 1. September 2018 aus dem Theater Augsburg hervor. Rechtlich ist es eine Stiftung, paritätisch gefördert vom Freistaat und der Stadt Augsburg. Seit dem 1. Januar 2019 haben die Baumaßnahmen zur Sanierung des Großen Hauses sowie der Abriss des Bestandes und Neubau des gesamten Nord-Traktes begonnen und werden voraussichtlich 2028/29 fertiggestellt. Weitere Infos unter www.staatstheater-augsburg.de, Besucherservice: Rathausplatz 1, 86150 Augsburg, Telefon: 0821 324-4900, Mail:
tickets@staatstheater-augsburg.de

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