So richtig können sie es selbst noch nicht glauben: Fagotti Parlandi („sprechende Fagotte“) wurde im Dezember mit dem Musikförderpreis des Bezirks Schwaben ausgezeichnet – „das kam jetzt schon überraschend!“, sagt Raphael Sirch, der sich und sein Fagott-Ensemble immer wieder beworben hatte. „Und es ist schön, in der eigenen Region Anerkennung zu finden“, freut sich Prof. Karsten Nagel. „Wir sind auch sehr viel in Schwaben unterwegs.“
Nagel, damals wie heute Fagottprofessor am Leopold Mozart College of Music (LMC) der Universität Augsburg, hatte Fagotti Parlandi um das Jahr 2000 als Hochschulensemble gegründet – ursprünglich in Nürnberg. Seine Idee: Einen Ort schaffen, wo seine Studenten Kammermusik auf einer Bühne erproben können. Und Kammermusik, weil man damit am meisten Kontakt mit dem Publikum habe. Marco Scidá ergänzt: „Es ist eine ganz andere Art zu musizieren.“
Das Ensemble ist eigenständig, hat aber weiterhin engen Kontakt zum LMC. Und obwohl alle im Ensemble Studenten bei Nagel waren, verstehen sie sich nicht als Lehrer und Schüler. Sirch erinnert sich zum Beispiel, obwohl sein eigenes Studium schon lange her ist: „Je länger wir im Studium waren, desto mehr entwickelte sich eine Freundschaft.“ Scidá ergänzt: „Wir fahren auch zusammen in den Urlaub.“
Neben sämtlichen Fagotten, dem kleineren Fagottino und dem Kontrafagott und ihren Stimmen kommen bei ihren Auftritten auch andere Instrumente wie eine Djembe – bei Stücken, bei denen alle tanzen, ein Akkordeon bei der Volksmusik oder ein Saxofon beim Jazz – zum Einsatz.
Ihr Steckenpferd ist das Fagott. Doch nicht nur bei Sirch brauchte es erst einen Umweg: „Ich wollte eigentlich Posaune lernen, war aber zu klein. Deshalb habe ich zunächst Euphonium gelernt. Dann wurde mir aber das Fagott in meinem Musikverein gezeigt. Das fand ich so cool, das wollte ich lernen.“ Scidá war vom Klang fasziniert, wie Nagel: Der erzählt, er habe mit 14 Jahren Geige im Orchester gespielt, und dann das Fagott gehört. Auch Johannes Stefaniak ließ sich vom Klang des Holzblasinstruments verzaubern: „Ich habe im Schulchor das Weihnachtsoratorium gesungen und stand hinter dem Fagott. Da war ich verliebt.“
Nagel erklärt, viele nehmen das Instrument nicht so wahr – bis sie es bewusst hören. „Und deshalb sagen wir, es geht ums Gehör, den Klang. Deshalb haben wir die Elli, die Dampflokomotive. Damit machen wir das Fagott für Kinder interessant.“
„Elli, die Dampflokomotive – ein musikalisches Märchen“ ist ihr größter Erfolg. Es feierte 2009 seine Premiere und wurde an über 80 Grundschulen in und um Schwaben herum aufgeführt. Der Bayerische Musikrat förderte das Projekt bis 2014.
Insgesamt standen sie bereits über 200-mal auf Konzertbühnen – nicht nur als Sextett, sondern auch als Duo, Trio, Quartett oder Quintett. Seit ein paar Jahren, so Sirch, hätten sie einen festen Kern und zusätzlich das Glück, dass immer wieder gute Studierende aus dem LMC nachkommen. Übrigens auch Fagottistinnen. Nagel betont: „Den Preis hat ja auch die Institution Fagotti Parlandi bekommen.“ Jeder, der am LMC Fagott studiert, bekomme das Angebot, beim Ensemble mitzumachen.
Fagotti Parlandi: Jubiläumsfestspiele und Kreuzfahrt
Für die Musiker, die auch im Orchester spielen, freiberuflich sind und unterrichten, ist Fagotti Parlandi, wie Scidá erklärt, ein finanzielles Standbein, auf das man sich verlassen kann. Man kann sie auch buchen. Mit „Fagot to go“ spielen sie zum Beispiel auf Hauskonzerten, Vernissagen und Umrahmungen bis hin zu Feiern und Hochzeiten. Und nicht nur dort wird es unterhaltsam: „Format ist heute ganz wichtig“, betont Nagel. Ihr Ziel: Auf der Bühne Freude verbreiten, mit dem Publikum auf der gleichen Ebene in Kontakt kommen. Nagel: „Das zeigt auch, dass Musiker Musiker sind, wenn sie nicht an ihrem Instrument kleben.“ Und: „Wer sich auf der Bühne nicht wohlfühlt, hat dort nichts verloren.“
Nah am Publikum, das heißt auch, manchmal kommt viel zurück. Wie beim „Oberstdorfer Musiksommer“ vergangenen Sommer: „In Oberstdorf war es schon so, dass die meisten reingerufen haben und wir uns schlappgelacht haben“, sagt Stefaniak. Dieser Auftritt ist ihnen von allen am meisten in Erinnerung geblieben: „Da war das Publikum zum ersten Mal richtig bombastisch“, erinnert sich Sirch. „Es war einfach außergewöhnlich.“ Und Stefaniak ergänzt: „Und es ist ein renommiertes Festival, wo wir uns gefreut haben, dass wir da spielen durften.“
Stefaniak erzählt, dass die Leute jedes Mal überrascht seien, dass das Instrument so vielseitig ist und man mit „nur“ sechs Fagotten so einen Abend machen kann. Denn, so Nagel, es gibt kein Genre, das mit einem Fagott-Quartett nicht spielbar ist. Zauberflöte, Jazz, Pink Panther, Bohemian Rhapsody von Queen oder Tango: alles möglich. Bei ihrem aktuellen Programm „Die 6 Schwaben auf der Suche nach der 7“ spielt Timm Kornelius etwa „Bohemian Rhapsody“, den E-Gitarren-Part, auf dem Fagott. Und Nagel ist laut Website ein „hitverdächtiger Interpret von ‚Ganz in weiß‘“ des Augsburgers Roy Black.
Die meisten ihrer Stücke, so Scidá, seien Original-Kompositionen von Kollegen. Nagel sagt, in 25 Jahren sammelten sich viele Original-Kompositionen an, dazu kommen eigene Arrangements. Und darin liege „der Reiz: Es gibt viele Kompositionen von klassischen Komponisten, gepaart mit der Option zu arrangieren.“
Seit 20 Jahren sind die Musiker in ganz Bayern unterwegs, auch in Thüringen spielten sie. Nun geht es auch aufs Meer: Vom 17. bis 26. April spielt das Ensemble auf dem Kreuzfahrtschiff MS Europa.
Daneben feiern sie ihr Jubiläum mit öffentlichen Festspielen vom 27. bis 29. Juni am Leopold-Mozart-College. Davor treten sie am 9. Februar im Kloster Bernried als Quartett auf und geben am 11. April in der Grundschule Nord in Aichach eine Vorstellung ihrer „Elli“. Mithilfe des Preisgeldes wollen sie die musikalische Lok neu auflegen. Weitere Infos unter www.fagotti-parlandi.com
Johannes Stefaniak mit „Elli, der Dampflokomotive“.
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