Wie gefährlich sind Kreuzottern, Ringel- und Schlingnattern?
Die Begegnung mit einer Schlange ist in unseren Breitengraden ein seltener Vorfall – dennoch: Wie aus Rettungsdienst-Kreisen zu erfahren war, wurde 2020 am Kuhsee eine Frau das Opfer einer Schlangen-Attacke. Um gleich Entwarnung zu geben: Der Angriff verlief relativ glimpflich und es bestand zu keinem Zeitpunkt Lebensgefahr.
Dennoch lässt der Vorfall Fragen offen. Denn, hört man sich bei Rettungskräften um, kann sich kaum jemand an einen Einsatz nach einem Schlangenbiss erinnern, und auch Reptilien-Experten sind vollkommen verwundert über diesen Vorfall.
Stellt sich die Frage: Wie viele Schlangen leben eigentlich in Augsburg und Region, und wie gefährlich sind die kriechenden Zeitgenossen?
Im Amt für Grünordnung und Naturschutz der Stadt beruft man sich auf Daten des Landesamtes für Umwelt. Für Augsburg wird das Vorkommen von drei Schlangenarten bestätigt. So gibt es hier Kreuzottern, Ringelnattern und Schlingnattern (siehe Fotos oben).
Das weiß auch Wasserstern-Präsident Jürgen Zerbe, dessen Verein sich seit 1904 um Aquarien- und Terrarienkunde in Augsburg kümmert. Wie er sagt kämen vereinzelt auch ausgesetzte Tiere wie Boas und Kornnattern dazu, die in unseren Breitengraden zwar nicht heimisch seien, aber auch hier durchaus längere Zeit in freier Wildbahn überleben könnten.
Heimische Schlangen leben vorwiegend außerhalb der besiedelten Bereiche entlang von Lech und Wertach, im Stadtwald und in den westlichen Wäldern. Zerbe weiß, dass die Population immer weiter aus dem Stadtgebiet in den Süden verdrängt wurde. Erst beim Lochbachanstich südlich der Königsbrunner Heide würden Schlangen noch in größerer Zahl vorkommen.
Der Lebensraum der Schlangen werde durch Bauprojekte immer weiter zerstört. Feuchtwiesen würden trocken gelegt und auch der Einsatz von Insektiziden unterbreche die Nahrungskette. „Wenn es keine Insekten mehr für Frösche, Kröten und Co. gibt, verschwinden sie und damit auch die Schlangen, die wiederum diese Amphibien jagen.“ Zudem würden unachtsame Jogger und Mountainbiker die Tiere immer wieder stören und so zu ihrer Vertreibung beitragen.
Angst müsse niemand vor heimischen Schlangen haben. „Sie meiden den Kontakt zu Menschen. Bei Annäherung, ziehen sie sich zurück.“ Die beiden Natternarten seien ungiftig, könnten aber bei akuter Bedrohung durchaus beißen.
Der Biss der Kreuzotter sei hingegen giftig. Doch diese spezielle Giftschlange sei „äußerst gemütlich“ so Zerbe. Man müsste sie schon bedrängen oder gar packen, um eine Biss zu provozieren. „Bei Kreuzotterbissen müssen zwei Reaktionen unterschieden werden“, erläutert der Chef der Notaufnahmen am Uniklinikum, Privatdozent Dr. Markus Wehler: „Die Wirkung, die durch das Schlangengift direkt ausgelöst wird, und eine allergische Reaktion des Betroffenen auf das Gift – ähnlich wie beim Insektenstich. Es wird geschätzt, dass rund zehn Prozent aller Bienen- und Wespenallergiker auch allergisch auf Kreuzotterngift reagieren.“ Die Wirkung sei von der Giftmenge abhängig, welche die Schlange selbst dosieren kann. Meist seien die Folgen lokale, schmerzhafte Schwellungen, das Hautareal verfärbe sich blaurot. Eine Behandlung mit Gegengift sei allerdings nicht erforderlich.
Wirklich lebensgefährlich werde es für Opfer in den seltensten Fällen. „In den letzten 60 Jahren sind in Deutschland zwei tödliche Kreuzotterbisse publiziert worden“, so Wehler. Auch in der Region sind Vorfälle mit heimischen Schlangen selten, dennoch gebe es regelmäßig Patienten mit Bissen. „Pro Jahr sehen wir drei bis fünf Kreuzotterbisse in der zentralen Notaufnahme am UKA“, so der Mediziner.