Das Wahrzeichen Augsburgs – die Fuggerei – hat einen neuen Chef. Daniel Hobohm ist ab sofort Administrator der Fürstlich und Gräflich Fuggerschen Stiftungen und somit Nachfolger von Wolf-Dietrich Graf von Hundt, der Ende 2024 aus dem Amt ausschied. Marc Kampmann traf den „Neuen“ zum Antritts-Interview in seiner Wirkungsstätte.
AUGSBURG JOURNAL: Sie haben einen sehr international geprägten Hintergrund. Können Sie uns ein wenig über Ihre Herkunft und Ihren Werdegang erzählen?
Daniel Hobohm: Ich bin 45 Jahre alt und wurde in Mexiko-Stadt geboren. Meine Eltern, beide Deutsche, haben damals für die Firma Bayer gearbeitet und sich während ihrer Auslandstätigkeit in Mexiko kennengelernt. Dort haben sie geheiratet und so bin ich schließlich in Mexiko auf die Welt gekommen.
AUGSBURG JOURNAL: Haben Sie Erinnerungen an Ihre Zeit in Mexiko?
Hobohm: Ja, aber eher schemenhafte Bilder. Ich erinnere mich an einen amerikanischen Kindergarten, den ich besucht habe. Vieles vermischt sich aber auch mit späteren Besuchen in Mexiko. Meine Familie hat dort noch Freunde und wir haben das Land in den Jahren danach immer wieder bereist. Heute schätze ich Mexiko sehr und kann es jedem als Reiseland empfehlen. Mein Vater hatte noch Freunde dort, aber viele sind inzwischen über 80 Jahre alt. Ich selbst war seit etwa 15 Jahren nicht mehr in Mexiko. Allerdings habe ich durch die Arbeit meines Vaters viele Länder bereist. Dank ihm habe ich auch in Taiwan und Singapur gelebt, er lebte darüber hinaus auch in Südafrika und Vietnam, wo ich ihn oft besucht habe. Das Reisen hat meine Jugend stark geprägt.
Geboren in Mexiko, global erfolgreich
AJ: Sie haben an mehreren renommierten Universitäten studiert. Welche Stationen waren besonders prägend für Sie?
Hobohm: Ich habe Naturwissenschaften in Cambridge studiert und später an der Johns Hopkins University in Bologna und Washington D.C. meinen Master in International Relations gemacht. Auch während meiner Promotion, die ich an der LMU München abgeschlossen habe, war ich für Forschungszwecke in Harvard. Jede dieser Stationen hat mir wertvolle Erfahrungen gebracht. Ich bin ein neugieriger Mensch und lerne gern dazu.
AJ: Neben Ihrer Karriere – welche Hobbys haben Sie?
Hobohm: Ich bin ein großer Fußballfan. Ich gehe gerne ins Stadion und war im Dezember schon im Stadion, als der FC Augsburg gegen Bayer Leverkusen spielte. Das war schon interessant, weil ich durch meinen familiären Hintergrund auch Sympathie für Leverkusen habe. Außerdem verbringe ich viel Zeit mit meiner Familie, unseren zwei Kindern und unserem Golden Retriever namens Arthur.
AJ: Den Großteil Ihrer beruflichen Laufbahn waren Sie bei Siemens. Was hat Sie an diesem Unternehmen gereizt?
Hobohm: Siemens ist ein faszinierendes Unternehmen mit Technologien, die einen positiven Einfluss auf die Welt haben können. Sei es in der Medizintechnik, im öffentlichen Nahverkehr oder in der Energieversorgung – oft steckt Siemens-Technologie dahinter. Diese Grundmotivation, in diesen Industrien etwas Gutes bewirken zu können, hat mich dorthin gezogen, außerdem war es eine tolle Managementausbildung über die Jahre.
AJ: Jetzt treten Sie eine neue Aufgabe bei den Fuggerschen Stiftungen an. Wie kam es dazu?
Hobohm: Auch wenn ich Siemens großartig finde, war ich offen für Möglichkeiten mit mehr sozialem und ökologischem Impact und einer spannenden Managementerfahrung. Meine Frau hat bereits in Augsburg gearbeitet, unsere Nichte lebt auch hier und daher hatten wir immer einen Bezug zur Stadt. Sie selbst ist Ärztin, hat an der Uniklinik Erlangen gearbeitet und vielleicht gelingt es ihr dann auch in Augsburg wieder als Medizinerin zu arbeiten. Der Kontakt zu den Fuggerschen Stiftungen kam jedoch über andere Kanäle zustande. Es war ein längerer Prozess mit vielen Gesprächen. Das Fuggersche Familienseniorat hat großen Wert darauf gelegt, dass auch meine Familie in Augsburg ankommt, da diese Position langfristig angelegt ist.
AJ: Die Fuggerei existiert seit über 500 Jahren. Wie fühlen Sie sich in dieser traditionsreichen Organisation?
Hobohm: Ich empfinde es als etwas Besonderes, Teil einer so bedeutenden Geschichte zu sein. Die Fugger-Familie prägte mit ihrem visionären Unternehmertum die Wirtschaft des 16. Jahrhunderts und setzte mit Jakob Fuggers bahnbrechender Idee der Fuggerei ein zeitloses Zeichen für soziale Verantwortung. Meine Aufgabe sehe ich darin, diese grundlegenden Werte – Unternehmergeist, soziale Verantwortung und Weitsicht – in die Gegenwart und Zukunft zu tragen. Besonders spannend ist, wie die Stiftung historische Werte mit aktuellen Herausforderungen wie Nachhaltigkeit und Klimawandel verbindet. Unser Forstbestand ist nicht nur eine zentrale finanzielle Grundlage, sondern erfordert auch eine vorausschauende Anpassung an die Folgen des Klimawandels. Es geht um die Balance zwischen wirtschaftlicher Nutzung des Waldes und der Anpassung an den Klimawandel. Das Ziel ist, den Wald auch für die nächsten 500 Jahre zu erhalten. Gleichzeitig möchte ich die Verbindung zwischen der Stadt Augsburg und dem Forst stärker ins Bewusstsein rücken. Viele Menschen sehen Klimathemen oft nur in fernen Regionen, aber unser eigener Wald ist ebenfalls betroffen. Das müssen wir kommunizieren.
AJ: Gibt es schon konkrete Schwerpunkte, die Sie in Ihrer Arbeit setzen wollen?
Hobohm: Ein wichtiges Thema ist natürlich das Gedenkjahr 2025, in dem wir den 500. Todestag von Jakob Fugger begehen. Hier wollen wir seine Werte in die heutige Zeit transportieren und die Vielfältigkeit seiner Person aufzeigen. Außerdem möchte ich das Thema soziales Wohnen neu denken. Die Fuggerei ist mehr als nur günstiger Wohnraum – sie kann ein Ort sein, an dem Menschen wieder Perspektiven entwickeln und zu Unternehmern ihres eigenen Lebens werden.
AUGSBURG JOURNAL: Wie sieht es mit der Wohnsituation aus? Werden Sie direkt in der Fuggerei wohnen?
Hobohm: Ja, das ist der Plan. Es gibt ein kleines Haus in der Fuggerei, das derzeit renoviert wird. Meine Familie wird im Sommer nachkommen, da wir die Kinder nicht mitten im Schuljahr umziehen wollen. Ich selbst werde aber bereits vorher eine Wohnung in der Fuggerei beziehen.
AJ: Was kann die Wirtschaft von den Fuggerschen Stiftungen lernen?
Hobohm: Unternehmen müssen langfristig denken. Eine Stiftung wie die Fuggerei hat Weltkriege und politische Umwälzungen überlebt. Das zeigt, wie wichtig Werte und eine klare Mission sind. Heute fragen viele junge Menschen bei Bewerbungsgesprächen nach der Nachhaltigkeitsstrategie eines Unternehmens. Wer darauf keine Antworten hat, wird es schwer haben. Die Stiftung zeigt, wie man mit einer klaren Werteorientierung über Jahrhunderte hinweg relevant bleiben kann.
AJ: Gibt es einen Lieblingsort in Augsburg, den Sie besonders schätzen?
Hobohm: Ich mag die Altstadt mit ihren kleinen Gassen, Cafés und Restaurants. Augsburg hat eine angenehme Größe – es ist keine Metropole wie München, aber auch kein Dorf. Die Lebensqualität ist hoch, und die Stadt hat eine beeindruckende Geschichte. Ich freue mich sehr darauf, hier mit meiner Familie zu leben.
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