Mehr Natur in der Stadt Augsburg, das wird von vielen Seiten gefordert, gemeint ist vor allem mehr Grün, mehr Pflanzen, die das Klima in den Straßennetzen und Häuserschluchten verbessern sollen. Auf der anderen Seite gibt es Tiere in der Stadt, die viele Menschen Sorgen bereiten. Tauben und Krähen gehören dazu, Waschbären – und vor allem Ratten.

Sie gehören wohl zu den erfolgreichsten Kulturfolgern des zivilisierten Menschen und werden in Städten in aller Welt als Schädlinge betrachtet. Auch in Augsburg, konkret am Oberhauser Bahnhof, gibt es Beschwerden über zu viele dieser grauen Nagetiere. Jetzt wird ihnen einmal mehr der Kampf angesagt, selbst wenn aus der Stadtverwaltung sinngemäß verlautet, so schlimm sei es aktuell gar nicht.

Erich T. wohnt seit Jahrzehnten am Oberhauser Bahnhof und kennt die Situation bestens. Weil er sich im Laufe der Jahre immer wieder einmal an städtische Stellen gewandt und beschwert hatte, hängt dem Rentner der Ruf eines „Kümmerers“ an. Deswegen ist T. am Platz bekannt, nicht bei jedermann beliebt und in Sorge um seine Sicherheit – weswegen wir seinen Namen an dieser Stelle nicht nennen, sein Bild nicht zeigen. T. bestätigt die Aussage eines Taxifahrers, der sich kürzlich bei unserer Redaktion beschwert hatte, dass es am „Nordbahnhof“, wie er es nannte, immer wilder werde mit den Ratten. Warte man in den Abendstunden am Platz, dauere es nur wenige Minuten, bis man dem nahezu ungestörten Treiben der Tiere zusehen könne.

Wolfgang Lohwasser kennt die beliebtesten Orte der Ratten in Augsburg

Ein Szenario, das Wolfgang Lohwasser bestens kennt. Er ist von Beruf Schädlingsbekämpfer und regelmäßig für ein Privatunternehmen am Oberhauser Bahnhof tätig. Geht man mit ihm über den Platz, sieht man sogleich „Rattenstraßen“, Bauten-Eingänge – und immer wieder eines der Tiere flitzen – leider zu schnell für die Kamera. Den Ratten geht es hier nicht schlecht. Sie haben Lebensräume, beispielsweise ein Bahngelände, Grundstücke, auf denen sie ihre Ruhe haben, eine Tiefgarage, die Kanalisation… und zu fressen gibt’s auch genug. Weggeworfene Speisereste, herabgefallenes aus übervollen Mülltonnen, auch Erbrochenes von Menschen aus der Szene, der Tisch ist reich gedeckt. Wolfgang Lohwasser kann sich sicher sein, dass ihm die Arbeit hier nicht so schnell ausgeht. Zwar gelinge es ihm, für seinen Auftraggeber den Befall mit Köderfallen und ähnlichem gut einzudämmen, es kommen aber ständig Tiere von nebenan nach. Deswegen der Wunsch des Experten: Man müsste einen gemeinsamen Tisch aller Beteiligten organisieren, um das Vorgehen abzustimmen. Aus Lohwassers Sicht würden noch zu viele eigene Süppchen gekocht, ohne auf das große Ganze zu sehen. Aufmerksame Zuhörerin ist Hannelore Köppl von der „Arbeitsgemeinschaft der Vereine und Organisationen in Oberhausen“ (ARGE). Für sie ist es durchaus überraschend, was der Rundgang mit dem Schädlingsbekämpfer zeigt. Köppl will ihren Einfluss geltend machen, dass bei den Städtischen Stellen alsbald etwas getan wird.

Das Amt für Grünordnung, Naturschutz und Friedhofswesen stellt nach Worten von Marina Geierhos aktuell ebenso wenig wie das Gesundheitsamt am Oberhauser Bahnhof in Augsburg mehr Ratten fest als in anderen Bereichen. Im November 2021 sei eine abgestimmte Rattenbekämpfung durch die Deutsche Bahn, das Mobilitäts- und Tiefbauamt (MTBA) und das AGNF durchgeführt. Es gebe aber durchaus Schwerpunkte im Stadtgebiet. „Hier wäre zum Beispiel der Bereich Jakober- / Oblatterwall sowie die Schöppleranlage zu nennen.“ Problematisch sei vor allem das gezielte Auslegen von Speiseresten, etwa zur Fütterung von Tauben. Problematisch sei es auch, Speisereste in den Abfluss zu geben, anstatt in den Abfalleimer. Was Bekämpfungen anbelangt, veranlasse das AGNF Rattenbekämpfungen aufgrund eigener Beobachtungen oder aufgrund von Bürgerbeschwerden. Befalls unabhängige Bekämpfungen werden durch das AGNF nicht ausgeführt. Früher habe es eine kontinuierliche Bekämpfung gegeben, diese sei aus Kostengründen und ein „zu viel Rattengift im Abwasser-Kläranlage-Flüsse-Grundwasser“ eingestellt worden. Die Kosten für Rattenbekämpfung belaufen sich im AGNF jährlich auf etwa 6000 Euro.

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